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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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mit denen er sich konfrontiert sah. Es gab kein Patentrezept für das Überbringen einer Todesnachricht, schon gar nicht, wenn es sich bei dem Opfer um einen Familienvater handelte, der auf scheinbar sinnlose Weise umgebracht worden war. Jovanovics Frau, eine kleine, zierliche Person, der er auf der Straße oder im Supermarkt keine Beachtung geschenkt hätte, hatte Brandt angestarrt wie ein Wesen aus einer anderen Welt, sie war nicht zusammengebrochen, zumindest nicht körperlich, aber Brandt konnte spüren, wie in ihr alles zu Eis erstarrt war. Dennoch war sie in der Lage gewesen, ihm einige Auskünfte über ihren Mann zu erteilen, was die anfängliche Vermutung erhärtete, dass er einem sinn- und motivlosen Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war. Jovanovic war scheinbar nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen. Frau Jovanovic hatte gesagt, ihr Mann sei am Abend zuvor, wie jeden Dienstag, in seiner Kneipe in der Karlstraße gewesen, ein Ritual, das er schon pflegte, bevor sie sich kennenlernten. Eine Kneipe, in der hauptsächlich Bürger aus dem ehemaligen Jugoslawien verkehrten.
    Daraufhin hatte er den Kneipenbesitzer befragt, der ihm mitteilte, dass Jovanovic und ein Landsmann, den er zum ersten Mal gesehen hatte, gemeinsam das Lokal verlassen hatten. Er gab eine kurze, aber nicht sehr präzise Beschreibung ab, dennoch wurde ein paar Stunden lang fieberhaft nach dem potenziellen Mörder gesucht, der dann am Nachmittag allein im Präsidium auftauchte.
    Brandt war entsetzt über die Greueltaten, die ihm von dem Kroaten berichtet wurden, und er konnte ansatzweise nachvollziehen, was in diesem Mann, der alles verloren hatte, was ihm jemals wichtig gewesen war, und der später nie Fuß im Leben gefasst hatte, vorgegangen sein musste, als er dem Peiniger, Vergewaltiger und Mörder seiner Familie gegenüberstand.
    Goran Vladic lebte allein, arbeitete als Lagerist in einer Spedition und hatte keine Freunde. Ein gebrochener Mann, der mit emotionsloser Stimme die Tat mehrfach gestand, aber auch immer wieder einfließen ließ, wie unvorstellbar grausam es gewesen war, Zeuge der brutalen Vergewaltigung seiner Schwestern zu werden, ihre grässlichen Schreie hören zu müssen, die die Bestie noch anzustacheln schienen, wie er sie mit Gegenständen im Vaginal- und Analbereich traktierte, bis er ihnen nach Stunden eiskalt lächelnd den Gnadenschuss gab. Auch ihn hatte dieser Teufel »erschossen«, aber er hatte wie durch ein Wunder überlebt. Als Einziger seiner Familie. Scheinbar ohne emotionale Regung hatte er Brandt seine beiden Einschusswunden im Brust- und Bauchbereich gezeigt. Nur Vladic’ Augen spiegelten sein unendliches Leid wider.
    Zum Abschluss des Verhörs sagte er mit leerem Blick, ihm sei es gleich, was mit ihm nun geschehe, sein Leben sei ohnehin sinnlos geworden. Es war einer dieser wenigen Momente, in denen Brandt Mitgefühl, fast sogar Mitleid mit dem Täter hatte, denn alles, was er in den über sechs Stunden zu Protokoll gab, klang aufrichtig und glaubhaft.
     
    Die letzten beiden Tage waren schlimm gewesen. Erst der Kroate und nun noch Nicole Eberl. Umso froher war er, endlich bei
     Elvira zu sein.
    »Das wurde aber auch Zeit«, sagte sie gespielt vorwurfsvoll, nachdem er die Tür hinter sich zugemacht hatte. »Ich hatte früher mit dir gerechnet.«
    »Es ging nicht früher«, antwortete er, und sein Gesichtsausdruck verriet Elvira, dass etwas nicht stimmte.
    »Wenn du so guckst, ist was passiert. Willst du’s mir verraten?«
    »Hm, gleich. Lass mich erst mal kurz ins Bad gehen. Und ich brauche ein Bier oder ein Glas Wein.«
    »Vor dem Essen?« So kannte sie Brandt nicht, der zum einen nur wenig Alkohol trank und schon gar nicht auf leeren Magen. »Hast du etwa schon gegessen?«, fragte sie deshalb nach, und er war froh, dass sie seine Cognacfahne nicht roch oder es sich zumindest nicht anmerken ließ.
    »Nein«, antwortete er etwas unwirsch. »Und ja, ich möchte vor dem Essen etwas trinken. Ich brauche das jetzt.«
    Sprach es und machte die Badezimmertür hinter sich zu.
    Er brauchte fünf Minuten. Dann setzte er sich zu Elvira, die zwei Gläser Wein eingeschenkt hatte, auf das ausladende Sofa, legte den Kopf an ihre Schulter und nahm ihre Hand.
    »Was ist los? Hat es mit Vladic zu tun?«
    »Nein. Es geht um Nicole«, erklärte er mit bebender Stimme, und Elvira hatte das Gefühl, als kämpfe er gegen die Tränen.
    »Warst du bei ihr? Wie geht’s ihr denn?«, fragte sie mit leiser

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