Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
er in der Neusalzer Straße anlangte und auf der Straße vor dem hohen, roten Gebäude hielt. In den letzten Jahren war hier einiges verändert worden, so hatte man am Eingang eine Videoüberwachung installiert, in der Hoffnung, dadurch für mehr Sicherheit zu sorgen. Doch das Haus war nicht sicherer geworden, da sich das Wesentliche nahezu unbemerkt von der Außenwelt innerhalb der vier Wände abspielte. Auch boten etliche Prostituierte in der Anonymität des einundzwanzigstöckigen Gebäudes mit den unzähligen Wohnungen ihre Körper feil. Brandt wusste über seine Kollegen von der Sitte von zwei Lettinnen, einer Russin und drei Polinnen, die sich auf diese Weise hier ihren Lebensunterhalt verdienten. Und es war davon auszugehen, dass es noch weit mehr Frauen gab, die dem horizontalen Gewerbe in diesem Haus nachgingen.
    Doch das interessierte ihn im Moment nicht, gemeinsam mit Lara und Tobias fuhr er mit dem Aufzug in den elften Stock. Es roch muffig, ein Geruch, den Brandt zur Genüge kannte, hatte er doch bereits des Öfteren hier zu tun gehabt.
    Lara führte ihn zu der Wohnung und schloss die Tür auf, nicht ohne ihn noch einmal zu instruieren, ihren Vater nicht auf dessen Alkoholsucht anzusprechen. Brandt nickte und klopfte ihr väterlich auf die Schulter.
    Sie betraten die saubere und aufgeräumte Wohnung. Von Herrn Maurer war nichts zu sehen.
    »Schläft er noch?«, fragte Brandt im Flüsterton.
    »Glaub schon«, flüsterte Lara zurück.
    Er hatte es inständig gehofft, aber Frau Maurer war nicht da. Lara und Tobias gingen mit Brandt durch die Wohnung, die beinahe klinisch reine Küche, das Wohnzimmer und das Kinderzimmer, das sich Lara und Tobias teilten. Durch die verschlossene Schlafzimmertür war das laute Schnarchen von Herrn Maurer deutlich zu vernehmen.
    »Kannst du mir ein Foto deiner Mutter raussuchen? Wenn möglich ein aktuelles«, bat Brandt Lara. »Ich werde jetzt deinen Vater wecken und mit ihm sprechen. Eines möchte ich vorher jedoch noch wissen. Ist er euch gegenüber schon mal gewalttätig geworden?«
    Lara schüttelte den Kopf. »Nein, nicht uns gegenüber, aber er hat Mutti einige Male geschlagen.«
    »Hast du’s oder habt ihr’s gesehen?«
    Sie nickte.
    »War es sehr schlimm?«
    »Ja. Er hat sie an den Haaren gezogen und ihr ins Gesicht geschlagen oder in den Bauch geboxt.«
    »Und er war dabei jedes Mal betrunken?«
    »Hm. Er ist immer betrunken. Wir kennen ihn gar nicht anders.«
    »Gut, dass du mir das noch gesagt hast. Ich werde jetzt zu ihm gehen und mit ihm reden. Ihr bleibt bitte hier und wartet, bis ich wiederkomme.«
    »Hm«, murmelte Lara wieder nur, Angst im Blick. Angst davor, ihre Mutter nicht wiederzusehen – und Angst vor dem Vater. Genau wie Tobias, der sich ängstlich in die äußerste Ecke des Kinderzimmers zurückgezogen hatte.
    Brandt nickte beiden aufmunternd zu und ging zum Schlafzimmer. Er klopfte gegen die Tür, doch von drinnen drang nur das laute Schnarchen zu ihm. Er klopfte ein weiteres Mal, diesmal heftiger und länger, wieder ohne Erfolg. Er drückte die Klinke herunter, die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarren. Die Vorhänge waren zugezogen, Brandt knipste das Licht an. Im Zimmer roch es unangenehm, fast beißend nach Schweiß und Schnaps. Das Bett war auf der Seite, wo Maurer lag, zerwühlt, auf der anderen unberührt.
    »Herr Maurer!«, sagte Brandt noch einmal laut in der Hoffnung, der Mann werde endlich aufwachen, aber der knurrte nur und drehte sich auf die Seite.
    Brandt wurde es zu bunt, er packte Maurer bei der Schulter, rüttelte ihn kräftig und rief: »Herr Maurer! Wachen Sie bitte auf, ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Maurer öffnete die Augen, drehte sich zu Brandt und brummte: »Was wollen Sie hier?«
    »Mit Ihnen sprechen. Stehen Sie auf, und ziehen Sie sich was an. Es geht um Ihre Frau.«
    »Und wer sind Sie, verdammt noch mal?«
    »Brandt, Kriminalpolizei. Also, stehen Sie jetzt auf, oder muss ich nachhelfen?«
    »Schon gut, schon gut. Hat Linda was ausgefressen?«, fragte er, wobei seine Stimme etwas zitterte, genau wie die ungepflegten Hände.
    »Nein, hat sie nicht …«
    »Dann ist ja gut. Warten Sie draußen, ich komm gleich.«
    »Ich gebe Ihnen zwei Minuten, dann sind Sie im Wohnzimmer«, sagte Brandt, der unbändigen Zorn darüber verspürte, dass diese beiden Kinder so oft allein mit ihrem alkoholkranken Vater in der Wohnung waren.
    Brandt bemerkte die noch halbvolle Flasche Doppelkorn auf dem Boden neben dem Bett und

Weitere Kostenlose Bücher