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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wusste, Maurer würde sich, bevor er ins Wohnzimmer kam, noch einen kräftigen Schluck genehmigen, damit der Tremor in den Händen nicht zu auffällig wurde und die Übelkeit, die er direkt nach dem Aufwachen spürte, nicht in dem Erbrechen von Schleim mündete. Brandt hätte ihm die Flasche wegnehmen können, aber es hätte nichts genützt, ein Alkoholiker wie er, der vermutlich schon seit Jahren an der Flasche hing, brauchte seinen Pegel, um überhaupt einigermaßen klar denken zu können.
    Brandt ging kurz zu den Kindern und bat sie, in ihrem Zimmer zu bleiben. Er stellte sich ans Wohnzimmerfenster und sah auf das kalte Offenbach. Es war ein grandioser Blick über die Stadt bis nach Frankfurt und den Taunus. Der Balkon war ebenso aufgeräumt wie der Rest der Wohnung. Der kleine, runde Tisch und die übereinandergestapelten Plastikstühle waren mit Folie abgedeckt.
    Die Vorhänge waren erst vor kurzem gewaschen worden, wenn er seine Nase etwas dichter daranhielt, roch er noch den Duft des Waschmittels. Es war auch kein Staub zu sehen, der Boden war gesaugt und gewischt, eine Wohnung, in der man sich hätte wohl fühlen können. Es gab einen Flachbildfernseher und eine kleine Stereoanlage, ein paar Grünpflanzen und drei Orchideen. Das Einzige, was den Anblick störte, war der Aschenbecher, in dem mindestens zwanzig Kippen lagen, und der Geruch von kaltem, abgestandenem Rauch.
    Ja, dachte er, hier könnte man sich wohl fühlen, wäre da nicht der liebe Herr Maurer. Dieser kam mit zerzausten, dunkelbraunen Haaren, einem rasch übergezogenen T-Shirt mit der Aufschrift »I am the Greatest« und einer billigen Polyesterhose mit zwei weißen Streifen an jeder Seite ins Wohnzimmer. Als er näher kam, stieg Brandt die Fahne aus billigem Fusel in die Nase, dazu kam ein abstoßender Körpergeruch.
    »Um was geht’s gleich noch mal?«, fragte er und rief: »Linda? Hey, wo steckst du denn?«
    »Herr Maurer, setzen Sie sich bitte, es geht um Ihre Frau. Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
    »Hä, ich versteh nicht. Was ist mit meiner Frau?«
    »Ihre Kinder waren bei mir auf dem Präsidium und haben Ihre Frau als vermisst gemeldet …«
    »Spinnen die, oder was?«, brauste er auf, doch Brandt gab ihm ein unmissverständliches Zeichen, sitzen zu bleiben.
    »Ihre Kinder haben genau richtig gehandelt. Sie haben mir berichtet, dass Ihre Frau bei einer Gebäudereinigung tätig ist und oft spätabends oder auch erst nachts nach Hause kommt. Das stimmt doch?«
    »Ja, und?«
    »Wann haben Sie Ihre Frau zuletzt gesehen?«
    »Keine Ahnung, gestern irgendwann. Ich glaube, das war, bevor sie zur Arbeit gegangen ist.«
    »Können Sie mir sagen, wie die Firma heißt, in der Ihre Frau arbeitet?«
    »Keine Ahnung, sie hat’s irgendwann mal gesagt, aber ich hab’s vergessen. Ist das denn so wichtig?«, fragte er und fuhr sich nervös über das Gesicht.
    »Ja, das ist
so
wichtig, denn sollte Ihre Frau verschwunden sein, müssen wir in Erwägung ziehen, dass sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, was wir natürlich alle nicht hoffen. Also, denken Sie nach!«
    »Da gibt’s nichts nachzudenken, weil ich es nicht weiß. Außerdem, was geht Sie das an, wo meine Frau ist?«
    »Wenn Ihre Kinder zu mir kommen und mir sehr glaubhaft versichern, dass es nicht die Art Ihrer Frau sei, morgens nicht zu Hause zu sein, dann geht mich das sehr wohl etwas an, Herr Maurer.«
    »Wo sind die Gören jetzt? Die kriegen was von mir zu hören …«
    »Die kriegen überhaupt nichts, sonst bekommen Sie’s mit mir zu tun. Haben Sie das verstanden?«
    Maurer kniff die Augen zusammen und strich sich über den Drei- oder Viertagebart. Es schien, als hätte er nicht begriffen, was Brandt eben gesagt hatte. Er hatte bis jetzt nicht einmal gefragt, warum seine Kinder nicht in der Schule waren, weil es ihn offensichtlich nicht interessierte.
    »Ob Sie mich verstanden haben?«, wiederholte Brandt scharf und beugte sich nach vorn, auch wenn er den widerlichen Gestank, der von Maurer ausging, kaum ertrug.
    »Hä, was?«
    »Herr Maurer, so funktioniert das nicht. Sie sind nicht klar im Kopf und damit auch nicht in der Lage, derzeit für Ihre Kinder zu sorgen …«
    »Hey, was soll das? Wieso bin ich nicht in der Lage, für meine Kinder zu sorgen? Wie wollen Sie das beurteilen? Sie kommen her und stellen meine Fähigkeiten in Frage! Suchen Sie lieber meine Frau, statt mich hier blöd anzumachen.«
    »Wir werden Ihre Frau suchen, aber die Kinder werden vorläufig

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