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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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und Handschuhe an. Das Licht war eingeschaltet, die Vorhänge zugezogen. An einen kleinen Flur schloss sich ein mindestens dreißig Quadratmeter großes Zimmer an, in dem das Auffälligste ein überdimensionales Bett war, über dem ein fast ebenso großer Spiegel an der Decke angebracht war. Bevor er sich der Toten zuwandte, ließ Brandt den Blick durch das Zimmer schweifen, dessen Einrichtung nicht beim Möbeldiscounter zu haben war. Allein der Fernseher und die Stereoanlage hatten eine Menge gekostet. Dicke, edle, blickdichte Übergardinen in Terrakotta und Rot sowie dezente Stores verliehen dem Zimmer mediterranes Flair. Ein schönes Zimmer, wäre da nicht diese junge Frau auf dem Bett.
    Es war stickig und warm. Ein süßlicher Geruch lag in der Luft, der Geruch des Todes, der sich in jeden Winkel ausgebreitet hatte. Brandt kannte diesen Geruch, er würde sich nie daran gewöhnen.
    Er blieb stehen und betrachtete aus etwa drei Metern Entfernung das makabre, das schreckliche Bild, das sich ihm bot. Mit
     wenigen Schritten trat er vor das Bett.
    Die Frau war nackt, die Arme waren an die Bettpfosten gefesselt, die Beine gespreizt. Auf den Oberkörper war ein Kreuz eingeritzt. Zwischen den Beinen eingetrockneter Kot, von dem kein Geruch ausging. Brandt besah sich genauer das Gesicht der Toten: die weit geöffneten, etwas hervorstehenden und rot unterlaufenen Augen starrten in den Spiegel über ihr. Leere Augen, deren Blau verblasst war. Ein Lustspiegel für ausgefallene Spiele. Das Gesicht war zerschlagen, und doch hatte er keinen Zweifel, dass sie es war. Linda Maurer. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Eine Frau, die zwei Kinder und einen Mann hinterließ, wobei der Mann ihn nicht weiter interessierte. Brandt hasste schon jetzt den Moment, wo er zu Miriam Weber fahren musste, um ihr die schreckliche Nachricht zu überbringen.
    Er ließ seinen Blick auf der Toten verweilen, die in der rechten Hand einen Zweig hielt, aus dem leicht geöffneten Mund ragte etwas heraus, das wie eine Feder aussah, doch Brandt wollte nichts berühren, nicht, bevor die Tatortfotos im Kasten waren und Andrea Sievers die Erstbeschau durchgeführt hatte.
    Linda Maurer war eine schöne Frau mit einem makellosen Körper gewesen. Er betrachtete sie und dachte nach. Du hast nie und nimmer als Putzfrau gearbeitet. Du hast dein Geld auf eine andere Weise verdient. Aber diesen Tod hast du nicht verdient, den verdient keiner. Wer war dein letzter Kunde? Wer hat dich so übel zugerichtet?
    Brandt wandte sich kurz ab, sah aus dem Fenster auf die Straße, wo sich Schneeberge am Straßenrand türmten und die Menschen dick eingepackt über die Bürgersteige liefen. Der Himmel war bedeckt, seit Tagen hatte sich die Sonne nicht mehr blicken lassen. Brandt vergrub die Hände in den Hosentaschen und dachte unwillkürlich an die beiden Fälle vom vergangenen Jahr. Er war mittlerweile zu hundert Prozent überzeugt, es mit einem Serienkiller zu tun zu haben, der sich auf Prostituierte spezialisiert hatte. Er drehte sich wieder um, seine Augen auf die Tote und ihre seltsame Aufbahrung gerichtet, den Zweig in der rechten Hand, das, was in ihrem Mund steckte, die Verletzungen, die das einst so hübsche Gesicht entstellten. Die Augen, die auch im Tod noch unsägliche Qualen und Leid auszudrücken schienen.
    Warum hast du alle belogen, selbst deine Schwester? Oder wissen sie doch mehr von deiner eigentlichen Beschäftigung, wollen es aber nicht sagen, weil es so verpönt ist? Oder ist das gar nicht deine Wohnung, und du warst nur ein zufälliges Opfer? Nein, auf ein zufälliges Opfer hätte der Mörder nicht so viel Zeit verwendet. Das ist deine Wohnung, von der niemand wissen durfte, weil du hier deiner eigentlichen Beschäftigung nachgegangen bist. Schade, dass es so geendet hat. Ich frage mich, wie ich es deinen Kindern und deiner Schwester beibringen soll. Für sie wird die Welt zusammenbrechen.
    Brandt sah sich weiter im Zimmer um, eine kostbare Handtasche von Hermès stand auf einem Stuhl gegenüber vom Bett, eine Armbanduhr lag auf einem Tisch. Brandt nahm sie in die Hand und sah die Inschrift: »Cartier«. Auf dem Teppichboden blutige Schleifspuren, vereinzelte Spritzer, ein zerfetztes, schwarzes Negligé, ein schwarzer Slip und ein durchsichtiger BH . Das Einzige, was der Täter ihr angelassen hatte, waren die schwarzen, halterlosen Strümpfe. Nein, dachte Brandt, das war kein Zufallsmord, wer immer dich umgebracht hat, er hatte es so

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