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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ich selbst eines Tages dort verkehren würde …«
    »Bleiben wir bei Frau Maurer. Sie war nicht so verklemmt wie die anderen Frauen aus der Putzkolonne, oder ist das der falsche Ausdruck?«
    »Anfangs hat sie sich schon geziert, aber das hat sich schnell gelegt. Und sie war nicht verklemmt, sie hatte nur einen ganzen Haufen von Problemen. Mein Gott, ich glaube, ich hätte mir an ihrer Stelle längst die Kugel gegeben. Ein Mann, der nicht nur viel älter ist, sondern auch säuft wie ein Loch, und zwei Kinder, von denen eins behindert ist …«
    »Tobias ist taubstumm …«
    »Das ist doch eine Behinderung, aber sie hat Tobias und Lara über alles geliebt. Sie hätte alles, wirklich alles für sie getan. Jedenfalls, Linda war unglaublich, sie war etwas ganz Besonderes, was in ihrem direkten Umfeld keiner bemerkt zu haben scheint. Mit ihr konnte ich mich richtig gut unterhalten. Oder, wie wir es ausdrücken, gepflegte Konversation war angesagt, wenn wir zusammen waren.«
    »Können Sie mir das näher erläutern?«
    »Ich habe sofort gemerkt, dass sie anders ist als die meisten. Sie hatte eine faszinierende Ausstrahlung, und sie war bildschön. Seltsam war nur, dass sie sich weder ihrer Ausstrahlung noch ihrer umwerfenden Schönheit bewusst zu sein schien. Sie lief rum wie Lieschen Müller von nebenan, dabei war sie eine echte Naturschönheit, aber offenbar hatte ihr das bis dahin nie jemand gesagt. Mir hat auch kaum mal jemand gesagt, wie gut ich aussehe, bis dieser Mann kam. Klar, Männer haben mir im Sommer hinterhergepfiffen, aber das muss jede Frau, die einigermaßen aussieht und sich entsprechend gibt und kleidet, über sich ergehen lassen. Scheiße!«, schrie sie mit einem Mal, ballte die Fäuste und schlug sich damit ein paarmal kräftig auf die Schenkel. Sie weinte wieder, als würde ihr noch einmal in aller erschreckenden Deutlichkeit bewusst, was mit ihrer Freundin geschehen war. Brandt sagte nichts, er wollte warten, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
    Nach ein oder zwei Minuten hatte sie sich einigermaßen gefangen und fuhr mit stockender Stimme fort: »Linda und ich, wir sind uns noch in der Putzkolonne nähergekommen, wir haben uns ein paarmal nach der Arbeit privat getroffen, und dabei habe ich so einiges erfahren, was mich schockiert hat. Dass sie verheiratet ist, okay, aber dass sie schon zwei Kinder hatte, das sah man ihr beileibe nicht an. Sie haben sie gesehen, sie hat eine Figur wie ein Mannequin. Alles da, wo es hingehört. Ich habe ihr erst mal klargemacht, wie verschwenderisch sie mit ihrem Kapital umgeht.« Nathalie Groß redete nun ohne Punkt und Komma, was Brandt schon öfter bei Menschen beobachtet hatte, denen er eine schlimme Nachricht überbringen musste oder die kurz zuvor eine furchtbare Erfahrung gemacht hatten. Ein Verdrängungsprozess, der gewöhnlich nur für eine kurze Zeit anhielt.
    »Ich kann davon ausgehen, dass Sie zu Frau Maurer ein freundschaftliches Verhältnis hatten?«
    »Mehr als das. Wir haben schnell gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge funkten. Sie hat mir alles erzählt, von ihren Eltern, ihrer lausigen Ehe, ihren wunderbaren Kindern, von ihrer Schwester in Bieber, aber auch von ihrer drogensüchtigen kleinen Schwester Iris, die schon seit längerem verschwunden ist. Eigentlich gab es nichts, worüber wir nicht gesprochen haben. Ich glaube, nein, ich bin mir sicher, ich bin die Einzige, der sie jemals alles anvertraut hat.«
    Nathalie Groß stand auf. »Stört es Sie, wenn ich eine Zigarette rauche? Ich rauche normalerweise nur zwei oder drei am Tag, aber im Moment ist mir danach.«
    »Es ist Ihre Wohnung. Was können Sie mir noch über Frau Maurer erzählen, das sie nicht einmal ihrer Schwester erzählt hätte?«
    Nachdem sie sich die Zigarette angesteckt und einen langen Zug genommen hatte, antwortete sie: »Kennen Sie ihre Schwester? Quatsch, wie denn auch, ich habe Linda doch eben erst gefunden …«
    »Doch, ich kenne sie. Die Kinder von Frau Maurer haben ihre Mutter heute Vormittag bei mir vermisst gemeldet. Ich war bei ihr zu Hause und auch bei ihrer Schwester.«
    »Was?« Nathalie Groß starrte Brandt an. »Sie wurde schon vermisst?« Sie dachte einen Moment nach. »Okay, irgendwie ergibt das auch wieder einen Sinn. Wir haben uns vorgestern hier getroffen, weil sie rasch etwas holen wollte, und da sagte sie mir, dass sie am Donnerstag einen neuen Kunden habe, der sie aber nur als Begleiterin für den Abend gebucht hat. So was dauert in der Regel bis

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