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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Nummer zwei ist die Staatsanwaltschaft.«
    Â»Beinahe«, sagte Russer. »Nummer eins stimmt. Die Diözese Eichstätt hätte ich auf jeden Fall informiert. Aber den Staatsanwalt? Ich weiß nicht recht. Was hätte die Polizei da groß unternehmen können? Der Monsignore hätte alles abstreiten können, Barbie hätte nicht ausgesagt, und schon wäre die Sache im Sande verlaufen.«
    Morgenstern musste sich eingestehen, dass Gundekar Russer recht hatte. Ein Ermittlungsverfahren wäre unter diesen Umständen von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.
    Â»Wen hätten Sie als Zweiten informiert, wenn nicht die Polizei? Die Eltern?«
    Â»Nein. Auf die Eltern hätte ich keinen Pfifferling gesetzt. Die hätten in der Vergangenheit alle Möglichkeiten gehabt, eins und eins zusammenzuzählen. Der gute Onkel, der mit dem Mädchen alleine in den Wald geht … Da hätten die Alarmglocken schrillen müssen. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Ich sage Ihnen, wer die Nummer zwei gewesen wäre. Eine bestimmt äußerst interessierte Instanz, wenn auch keine amtliche.«
    Morgenstern ging ein Licht auf. »Ihr Vermieter! Natürlich. Der Schrecken aller Kleriker. Der einsame Kämpfer für den Kirchenaustritt.«
    Â»Sie haben’s erraten, Herr Morgenstern. An den hatte ich gedacht. Der hätte mit meinen Informationen mit Sicherheit ein richtiges Feuerwerk abgebrannt.«
    Â»Aber es ist nichts passiert, nachdem Sie Ihre Post in den Vatikan geschickt haben, stimmt’s? Sie haben jedenfalls keine Reaktion erkennen können. Kein Rücktritt von irgendwelchen kirchlichen Würden, von dem man in der Zeitung hätte lesen können. Keine diskrete Versetzung aus gesundheitlichen Gründen in den einstweiligen Ruhestand. Keine Abberufung auf eine abgelegene Missionsstation am Ende der Welt.«
    Russer nickte. »Burundi wäre denkbar gewesen. In Zentralafrika. Da hat das Bistum Eichstätt eine Partnerdiözese. In Pune in Indien auch.«
    Â»Von Barbara Breitenhiller haben Sie anscheinend auch nichts gehört.«
    Â»Stimmt. Ich habe mich mehrmals bei ihr erkundigt, ob sich ihr Onkel bei ihr gemeldet hätte für ein privates Gespräch. Da war nichts. Nullkommanichts. Funkstille.«
    Â»Und jetzt ist Barbara Breitenhiller tot«, sagte Hecht. »Und Ihnen dämmert mit einem Mal, dass Sie selbst vielleicht diese Katastrophe ausgelöst haben könnten. Sie befürchten, dass der Monsignore seine Konsequenzen ganz anders gezogen hat, als Sie das erwartet haben.«
    Gundekar Russer, der trotz der Hitze bleich geworden war, nickte. »Deswegen habe ich Sie angerufen. Ja.«
    Â»Wir müssen das alles überprüfen«, sagte Morgenstern. Er wurde den Verdacht nicht los, dass Russer mit seiner sonderbaren Geschichte nur versuchte, den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. »Als Erstes will ich diesen Brief sehen. Sie werden ja wohl eine Kopie davon haben?«
    Â»Ist bei mir zu Hause im Computer.«
    Â»Dann kommen Sie jetzt mit uns mit, wir werden uns das sofort ansehen. Sagen Sie Ihrer Kohorte auf Wiedersehen, wir brauchen Sie in nächster Zeit in unserer Nähe.«
    Zu dritt fuhren sie nach Eichstätt, wobei sich im Wagen zunehmend ein scharfer Geruch breitmachte. Gundekar Russer hatte seit Tagen nicht mehr geduscht und stank erbärmlich. Die hochgepriesene Badekultur des Römischen Reiches war ihm während des Marsches vorenthalten worden. All die Thermen und Kalt-, Warm-, Heiß- und Schwitzbäder, mit denen vor zweitausend Jahren die Legionäre in Friedenszeiten auch noch im abgelegensten Kastell ihre Körper verwöhnen konnten, hatte er nicht betreten.
    Â»Wenn Sie zu Hause sind, brauchen Sie als Erstes eine Dusche«, ordnete Morgenstern an, nachdem auch das Öffnen sämtlicher Wagenfenster keine nachhaltige Besserung gebracht hatte. »Im Kriegsfall wären die Germanen wahrscheinlich allein schon wegen des Gestanks geflüchtet.«
    Â»Möglich. Die Germanen waren in Sachen Körperpflege gar nicht so schlecht, die haben sogar die Seife erfunden«, sagte Russer. »Aber wenn ich zu Hause bin, suche ich Ihnen als Allererstes diesen verdammten Brief raus.«
    Schweigend fuhren sie die Bundesstraße entlang, überquerten kurz vor dem Lohrmannshof die Bezirksgrenze zwischen Mittelfranken und Oberbayern. Und Morgenstern wunderte sich wieder einmal, wie markant

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