Teufelsmond
gebieterische Stimme des Lazareners erstickte den leisen Tumult. «Ein Fluch kann nur dort gesät werden, wo ihm der Boden bereitet wurde. Geht in Euch und denkt nach, was Ihr – und ich meine jeden Einzelnen von Euch – dazu beigetragen habt.»
Die Leute schauten sich betreten an. Der Lazarener wies mit der Hand auf Else: «Du zum Beispiel. Hast du gelogen?»
Else schüttelte den Kopf und wich einen Schritt zurück. «Nein!»
Der Hochmeister wandte sich an die Wegenerin. «Hast du betrogen?»
Die Wegenerin senkte das Haupt, während die ausgestreckte Hand nun auf den Dorfschulzen zeigte: «Hast du begehrt deines Nächsten Weib, Haus und Hof?»
Der Dorfschulze schluckte.
«Ein jeder von Euch wird sein Scherflein beigetragen haben. Und bevor wir den Fluch bannen, müsst Ihr Euch reuig zeigen.»
Einige der Dörfler nickten.
«Ihr müsst Eure Reue beweisen. In Taten, nicht in Worten.»
Der Glenbauer trat vor, breitete die Arme aus. «Was sollen wir tun?», fragte er.
«Nur der Arme ist frei von Sünden», erklärte der Hochmeister der Lazarener nachdrücklich. «Werdet arm, so werdet Ihr rein. Von allem soll man sich trennen, was sich zwischen Gott und uns stellt. So, wie Lazarus und seine Schwester es getan haben. Erst dann ist der Weg frei zum Heil.»
«Was heißt das?» Der Glenbauer sah den Lazarener misstrauisch an.
«Nach der Bannung der Sünde beginnt ein neues Leben. Der Herr schenkt Euch durch uns einen Neuanfang. Gebt alles, was Ihr habt, damit der Neuanfang gelingen kann.»
«Aber wir haben nichts!» Der Wegener breitete die Arme aus. «Die Ernte war schlecht, dann kam der Sturm.»
«Erkennungszeichen des Fluches, der auf Euch liegt», erklärte der Lazarener. «Wollt Ihr noch mehr Unglück heraufbeschwören?»
Die Dörfler schüttelten die Köpfe.
«Dann tut, was wir Euch heißen. Bringt Euer Geld, den Schmuck, bringt das Vieh zu uns. Werdet arm und rein, erst dann werden wir etwas für Euch tun können.»
Wildes Gemurmel entstand. Der Lazarener aber drehte sich um und verschwand im Gasthaus.
Die Alweröder scharten sich um den Glenbauern. «Meint er, was er sagt?», fragte der Wegener.
«Ich fürchte, das tut er.»
Der Glenbauer kratzte sich am Kopf. «Wir werden zu unseren Höfen gehen und das Geld unter den Dielen hervorholen. Wir werden das Vieh aus den Ställen jagen, und wir werden alles Silber, das Saatgut und auch sonst alles, was einen Wert hat, herbringen.»
Die Wegenerin trat vor, die Fäuste in die Hüften gestützt. «Kann sein, Glen, dass dir das nichts ausmacht, aber wir haben nur zwei Säcke mit Saatgut. Was sollen wir ernten, wenn wir das bisschen, was wir haben, hergeben müssen?»
Der Dorfschulze schaltete sich ein. «Ein Schwein gebe ich, mehr geht nicht.»
«Du hast vier», wies ihn der Glenbauer zurecht. «Und du musst vier geben.»
Der Dorfschulze schüttelte stur den Kopf. «Mein Weib habe ich schon drangeben müssen, dazu das Kind. Ein Schwein, mehr nicht, sage ich.»
Der Glen packte den Dorfschulzen beim Arm, zog ihn ein paar Schritte weiter. «Du hast Schuld auf dich geladen. Lass es nicht so weit kommen, dass ich dich vor aller Ohren daran erinnern muss. Hole die Schweine, aber hastig.»
Der Dorfschulze spuckte aus, dann warf er dem Glenbauern einen bitteren Blick zu. «Ich verfluche den Tag, an dem ich dich getroffen habe», zischte er und wandte sich zum Gehen.
«Komm, Klara, wir haben alles gehört und gesehen, was wir wollten.» Pater Fürchtegott stand neben ihr und scharrte ungeduldig mit seiner Stiefelspitze im Schlamm.
«Wartet noch! Einen Augenblick!» Karla wies auf die Wegenerin, die mit der Glenbäuerin tuschelte. Sie hörte leise Worte und schloss die Augen, um nicht abgelenkt zu werden. «Warum», flüsterte die Wegenerin, «müssen wir unser Hab und Gut hergeben? Wäre es nicht eher an den Michelsmüllern, ihr Vieh vor die Schenke zu treiben?»
Die Glenbäuerin starrte die Frau vor sich mit großen Augen an, dann verzog sich ihr Gesicht zu einem Lächeln. «Ihr seid ein kluges Weib, Wegenerin. Woher wollen die Lazarener wissen, wessen Vieh es ist, das ihnen gebracht wird?»
«Gesagt, getan?», fragte die Wegenerin.
«Gesagt, getan!», erwiderte die Glenbäuerin mit fester Stimme.
«Allmählich reicht es mir», murrte Karla, als sie sich bei Einbruch der Nacht mit dem Pater im Schutze eines Busches versteckte. «Einmal nur möchte ich einen Abend in der Küche verbringen, die Füße zum Kohlebecken ausstrecken und in aller Ruhe
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