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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Zwiebeln, während Else zu weinen begann.
    Sie ließ das Messer sinken. «Sag, weißt du, wer es ist?»
    Else nickte. «Die Rieke, die stumme Rieke wird es sein, wer sonst?»
    «War sie krank? Hatte auch sie Durchfall?»
    Else zuckte mit den Schultern. «Woher soll ich das wissen?», blaffte sie. «Sie hat ja nicht gesprochen. Nur gekotzt. Also!»
    «Gekotzt wie die anderen?», fragte Karla weiter.
    «Habe ich danebengestanden und die Fackel gehalten?»
    Wütend knallte Else eine Pfanne auf die Feuerstelle, schluchzte noch einmal laut auf und verschwand im Keller. Karla seufzte und schnitt weiter an den Zwiebeln herum. Auf einmal brannten auch ihre Augen, und Karla konnte nicht entscheiden, ob sie wegen der Zwiebeln schmerzten oder wegen der Angst vor dem, was hier geschah. Die Rieke, dachte sie. Die stumme Rieke. Auch sie war in der Nacht des Exorzismus dabei gewesen. Am Rande hatte sie gestanden, stumm wie immer. Aber in ihren Augen, Karla sah sie noch genau vor sich, da hatte sie eine Verzweiflung lodern sehen, heller als alle Fackeln. Sie ließ das Messer sinken, nahm ihren Umhang und eilte zur Kirche.
    Dort hatten sich alle versammelt, die noch da waren. Ein klägliches Häufchen mit blassen Gesichtern.
    «Ist es die Rieke?», fragte Karla die Wegenerin.
    Die presste die Lippen fest aufeinander und nickte.
    «Woran ist sie gestorben?»
    Die Wegenerin wiegte den Kopf. «Ich bin kein Medicus», erwiderte sie. «Es ging ihr schlecht, schon seit Tagen.»
    «Ich dachte, sie hätte sich zum Scherzmarkt aufgemacht.»
    Die Wegenerin schüttelte den Kopf. «Sie wollte, doch dann ist sie krank geworden.»
    «War sie so krank wie der Beckmann? Wie das Kind der Dorfschulzin?»
    Die Wegenerin sah Karla an und öffnete den Mund. In ihren Augen standen Tränen. Doch gerade als sie zu sprechen anhob, verklang die Totenklage. Die Wegenerin drehte den Kopf, und Karla sah, wie sie mit dem Glenbauern einen Blick wechselte. Es war kein freundlicher Blick unter Nachbarn. Sofort schaute die Wegenerin in eine andere Richtung und wiederholte: «Ich bin kein Medicus. Woher soll ich wissen, woran die Rieke gestorben ist?»
    Dann wandte sie sich ab und ging mit schleppenden Schritten zum Wegenerhof.
    Auch die alte Alrun war zum Kirchplatz gekommen. Karla gesellte sich zu ihr. «Bin gespannt, wo der Glen sie begraben lässt», murmelte Alrun.
    «Auf dem Friedhof natürlich, wo sonst?», mutmaßte Karla.
    «Geweihter Tod in geweihte Erde, so heißt es doch, oder?» Die alte Frau blinzelte und verzog das Gesicht zu einer schiefen Maske.
    «Wollt Ihr damit etwa sagen, dass die Rieke sich selbst umgebracht hat? So wie die Frau des Dorfschulzen?»
    «Vorstellen könnte ich es mir.»
    «Aber warum?»
    Plötzlich wirkte Alrun verärgert. «Hast du keine Augen im Kopf? Keine Ohren, die hören? Dass dein Pater nichts merkt, ja, das verstehe ich, er ist schließlich auch nur ein Mann. Aber du?» Alrun schüttelte den Kopf.
    Noch ehe Karla etwas erwidern konnte, stieg ein Ruf auf, zerschnitt die Stille nach der Totenglocke. «Sie kommen», wurde gerufen. «Endlich, sie kommen!»
    Karla blickte in die Richtung, in die die Dorfbewohner mit den Fingern zeigten. Am Rande des Dorfes tauchten Reiter auf, die sich schnell näherten. Es waren wohl ein halbes Dutzend Männer, die, in rote Umhänge gehüllt, auf ihren Pferden auf sie zuritten. Schon konnte Karla die langen Säbel sehen, die sie umgeschnallt hatten.
    «Sind das die Lazarener?», flüsterte Karla.
    Alrun nickte und seufzte. «Ja, das sind sie», antwortete sie leise und stahl sich davon.
    Der Glenbauer löste sich aus der Runde der Dörfler, legte kurz dem Hettrich, der grau und elend an der Kirchmauer lehnte, eine Hand auf die Schulter.
    «Gott zum Gruße, Ihr hohen Herren», rief der Glen und hielt dem, der als Erster auf den Kirchplatz geritten war und als Einziger eine schwarze Schärpe unter dem roten Umhang trug, die Steigbügel.
    «Willkommen, Hochmeister, in unserem Dorf!»
    Der Lazarener stützte sich auf die Schulter des Glen und stieg von seinem Pferd. Er ließ seinen Blick über die Dörfler schweifen. Die Weiber knicksten mit gesenktem Kopf, die Männer rissen die Mützen vom Kopf und traten verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    «Meine Männer sind hungrig und durstig», teilte der Hochmeister mit.
    «Zu Diensten, stets zu Diensten.» Der Glenbauer nahm die Zügel des Pferdes. «Ich geleite Euch höchstpersönlich in unsere Schenke. Krüger, der Wirt, freut sich darauf, Eure

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