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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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die Nase womöglich etwas zu lang. Karla fand, der Michelsmüller sah aus wie einer, der von allen Hunden gehetzt und mit allen Wassern gewaschen war. Der wehmütige Zug um seinen Mund ließ ihn ernst und ein wenig traurig erscheinen. Viel zu ernst und traurig für einen Mann in seinem Alter, das Karla auf Mitte zwanzig schätzte. Jetzt war er auf der Höhe der beiden Baumfäller angelangt. Der eine ließ die Axt fahren und starrte den Michelsmüller mit großen Augen an. Der andere aber richtete sich auf und rief: «Gott zum Gruße, Michelsmüller. Ist alles in Ordnung bei euch da drüben?» Doch der Müller reagierte nicht, sondern steuerte direkt auf das Pfarrhaus zu.
    Karla schloss die Läden, warf einen Blick auf den noch immer schlafenden Pfarrer und eilte die Treppe hinab. Schon konnte sie Elses Nörgelstimme hören. «Jeder weiß, dass es in der Michelsmühle nicht mit rechten Dingen zugeht.»
    «Ja, ich habe schon verstanden, dass Ihr das glaubt, Else, aber noch immer nicht, was an denen so schlimm sein soll», kam als Antwort von Pater Fürchtegott.
    «Wie oft soll ich Euch’s noch erklären? Grünes Licht schimmert nachts dort, wo die ihre Toten begraben. Grünes Licht über einem Friedhof!»
    Karla betrat die Küche und setzte sich neben den Glenbauern, der seinen Schrecken mit einem Becher Würzwein lindern musste, während die träge Else wie ein gefangenes Tier in der Küche auf und ab ging und die Hände rang. «Außerdem hat er uns alle hier im Dorf bedroht, der Michelsmüller, der Strolch, der elendige.»
    «Hat er vielleicht gesagt, Ihr sollt Eure Nasen in die eigenen Angelegenheiten stecken?», fragte Karla mit leisem Spott, aber Else reagierte nicht darauf.
    «Das, und noch vieles andere mehr. Einer von der Michelsmühle hat sich ein Weib aus dem Dorf Hausen genommen, eine Bauerntochter. Und zwei Wochen nach der Hochzeit war sie mausetot. An ihrem Begräbnistag stürmte es, und die, die dabei gewesen sind, erzählen, der Sargdeckel wäre aufgesprungen.»
    «So etwas kommt vor, besonders wenn beim Vernageln geschludert wurde.» Karla nickte und erinnerte sich an ein Begräbnis in ihrem Weiler, bei dem genau dies passiert war.
    «Und wenn der Michelsmüller der Kirche ein Opfer bringt, ein Geldopfer meine ich, dann brennen die Münzen in meiner Hand, als kämen sie direkt aus dem Fegefeuer.»
    «Ist das alles?», fragte Pater Fürchtegott.
    «Reicht das nicht?» Else stemmte die Fäuste in die Hüften. «Sie sind nicht von hier, sind keine Einheimischen. Aus Asterode stammen sie, von der anderen Seite des Ziegenberges. Sie hatten auch dort eine Mühle, aber die ist ihnen unter dem Hintern abgebrannt. Vor fünfzig Jahren erst haben sie die Michelsmühle gekauft. Kurz nachdem die Herren von Ziegenhain nicht mehr das Sagen hatten. Und seither braucht das Holz, das drüben an der Mühle geschlagen wird, doppelt so lange zum Trocknen.»
    «Das liegt womöglich daran, dass bei der Mühle ein Bach fließt. Der Boden ist feuchter als anderswo», fiel Karla dazu ein. Else holte tief Luft und stieß ihren Zeigefinger in Karlas Richtung, doch in diesem Augenblick mischte sich der Glenbauer ins Gespräch. «Die von der Michelsmühle sind mit dem Teufel im Bunde. Der Jo, das ist der, der da gerade kommt, vom schwarzen Jo heißt es, er geleite in der Walpurgisnacht die Frauen auf den Brocken, damit sie mit dem Teufel Unzucht treiben. Er verhext die Weiber. Selbst die meine ist ganz wuschig, wenn sie ihn sieht.»
    Karla warf einen Blick auf Else. Die stand da, den Blick ins Innere gerichtet, mit einem seligen Gesichtsausdruck und leckte sich die Lippen.
    «Warum habt Ihr Angst vor dem schwarzen Jo?», fragte Karla. «Euch hat er doch bestimmt nicht verhext. Oder ist es deshalb? Weil er eben nicht …»
    Da schlug der Messingklopfer heftig gegen das Türblatt.
    Sofort erstarrte Else und bekreuzigte sich. «Das ist er, das ist er! Der Herr beschütze uns!»
    «Dann öffnet ihm doch!», befahl Pater Fürchtegott.
    «Beim Leben meiner Mutter, das tue ich nicht. Er wird seine Blicke wie Pfeile in mein Herz schießen.» Sie hob wichtig den Finger. «Das hat er schon einmal getan und mir das Leben damit verdorben …»
    Karla hatte keine Lust, Elses Gezeter noch länger zu ertragen. Außerdem starb sie beinahe vor Neugier auf den Mann im fellgefütterten Umhang. Sie ging zur Tür, öffnete und erbot dem Mann einen Gruß.
    «Zum Pfarrer will ich.» Der Michelsmüller hob kurz den Kopf, musterte Karla. «Ich kenne Euch

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