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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Außerdem weiß Euer Vater doch, dass man bei Unwettern das Haus nicht verlassen soll. Und er hat es doch getan. Das ist wahrlich nicht Eure Schuld.»
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Frau. «Habt Dank für Eure Worte.»
    Sie hatten das obere Stockwerk erreicht, und die junge Frau öffnete die Tür einer schmalen Kammer. Obwohl der Säugling vergnügt auf ihrer Hüfte krähte, bewegte sich Sofie mit Anmut. Ihre Bewegungen waren sparsam, aber sie wirkten so vornehm, als steckte eine Gräfin in ihr. Karla kam sich dagegen plump und ungelenk vor und schaute schnell in das Zimmer hinein.
    Im Bett lag ein Mann mit hagerem Gesicht. Seine Haut war so bleich, dass sie sich kaum von dem weißen Kissen abhob. Auf einem Stuhl rechts saß eine ältere, kleine Frau, deren Miene vor Gram ganz verkniffen war. Ein Rosenkranz hing an ihrem Handgelenk, die Finger waren mit Gichtknoten übersät. Sie muss bei jedem Handgriff Schmerzen haben, dachte Karla und sah zu, wie die kleine Frau still den Rosenkranz betete, Perle für Perle.
    Auf der anderen Seite des Bettes saß der schwarze Jo. Er hielt die Hand seines Vaters sanft zwischen seinen Händen und flüsterte beruhigende Worte.
    «Der Pater ist gekommen.» Sofie rückte das Kleinkind auf der Hüfte zurecht und setzte sich auf die mit Schaffellen bedeckte Fensterbank.
    Pater Fürchtegott grüßte, dann beugte er sich über den Kranken, fühlte seine Stirn und betrachtete die Farbe der Augäpfel. «Hm», brummte er dann. «Wie lange trägt er schon das Fieber in sich?»
    «Seit vorgestern Abend», erwiderte seine Frau. «Die Durchfälle kamen gestern Morgen. Er behält kein Essen bei sich. Nicht einmal einen Schluck Wein möchte er.»
    Pater Fürchtegott nickte. «Hustet er?»
    Die Frau schüttelte den Kopf. «Manchmal krampft er sich zusammen, presst beide Hände auf seinen Leib.»
    «Die Winde?»
    «Kommen wieder und wieder. Meist sehr kräftig.»
    «Und dann schiebt Ihr ihm die Bettpfanne unter?»
    «Er liegt darauf. So, wie es ihm in den Eingeweiden reißt, braucht er sie jeden Augenblick.»
    «Ist Blut dabei gewesen?»
    «Schwarz ist der Stuhl. Schwarz wie die Hölle. Und der Geruch, der kommt gerade aus dem Fegefeuer.»
    Der Pater nickte erneut, dann wandte er sich an die junge Sofie. «Das, was Euer Vater in sich trägt, hat nichts mit dem Sturm gestern zu tun. Ich nehme an, er ist einfach vor Schwäche zusammengebrochen. Ein Teufel hockt in seinen Därmen und quält ihn. Zündet vier Kerzen an. Zwei an das Kopfende des Bettes, zwei an die Füße.»
    Karla stand neben der Tür und betrachtete den schwarzen Jo. Sein Gesicht war schmerzerfüllt, die dunklen Augen schienen ihr noch schwärzer. Kurz sah er auf und Karla gerade ins Gesicht. Den Blick spürte sie bis in die Wirbelsäule. Er ist wie ich, dachte sie. Wir sind beide nicht zu Hause in dieser Welt. Aber warum er? Woran trägt er so furchtbar schwer, dass es ihm jede Freude vergällt?
    «Wird er sterben?», fragte er bang.
    Pater Fürchtegott sah ihn ernst an. «Ich bin kein Medicus. Aber viel Hoffnung habe ich nicht. Er ist schon ganz schwach. Ich werde ihm die Krankensalbung geben.» Er drehte sich um. «Karla, ich brauche das Öl.»
    Karla holte den kleinen Tonkrug mit dem Öl aus der Tasche ihres Umhangs und reichte ihn dem Pater. Der nahm ihn zwischen die Hände und rieb den Krug, um das Öl zu erwärmen. Dann salbte er dem Kranken damit die Stirn und die Hände. Dabei sprach er, während alle anderen im Raum das Kreuz schlugen: «Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen. Er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes. Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf.»
    Er malte dem Kranken das Kreuzzeichen auf die Stirn und beschloss die Handlung mit einem stillen Gebet, dann wandte er sich an die Angehörigen. «Gebt ihm viel zu trinken. Kräftigende Brühe vielleicht. Und betet. So viel Ihr nur könnt.»
    Die ältere Frau brach in Tränen aus, und der schwarze Jo stand auf und nahm sie in seine Arme. Sofie presste ihren Säugling an sich. «Ich bringe Euch hinaus. Habt Dank, Pater.»
    «Ruft mich, sobald Ihr mich braucht», erwiderte Fürchtegott. «Ihr findet mich im Dippel’schen Pfarrhaus.»
    Als sie die Treppe hinunterstiegen, fragte Karla die junge Frau: «Welche Kräuter habt Ihr für die Wetterräucherung benutzt?»
    «Die üblichen. Johanniskraut, Beifuß, Wetterkerze, Eisenkraut, Schafgarbe und Rainfarn.»
    «Das sind

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