Teufelsmond
selbst gekommen?»
«Pater Fürchtegott, so heißt es, kann in jedem Menschen den Dämon erkennen. Ganz gleich, ob er beichtet oder nicht. Deshalb haben die Leute ein wenig Furcht. Mein Herr, der Glenbauer, hat mir zwar nicht verboten, zur Beichte zu gehen, aber er hat mir Erbsen zum Auslesen hingestellt. Einen riesigen Topf, und gesagt hat er: ‹Wenn du fertig bist, kannst du in die Kirche rennen, nicht vorher.› Es schlug Mitternacht, als ich die Erbsen endlich ausgelesen hatte. Ich glaube auch nicht, dass die Bernadette der Lori das Maul wegen des Vetters verboten hat.»
«Ach so? Was glaubst du dann?»
Die Trudl zuckte gleichmütig mit den Achseln. «Weiß ich’s? Hier wird jede Woche eine andere Sau durchs Dorf gejagt. Jetzt seid ihr halt dran, dein Pater und du. Wird sich geben, wenn ihr erst einmal eine Weile hier seid.» Sie stutzte, sah zu Boden, ehe sie weitersprach: «Obwohl. Ein Exorzist. Den sieht niemand gern, obwohl wir gerade jetzt so einen gut gebrauchen könnten. Na ja, was soll’s. Ich muss mich sputen, mein Herr wartet.»
Die dritte Magd stand ein wenig abseits. Sie hatte gut zugehört, aber bisher noch kein Wort gesprochen. «Und du?», fragte Karla. «Wer bist du?»
Die Magd antwortete nicht, sondern lächelte Karla nur an.
«Die Rieke kann nicht reden. Sie ist stumm. Aber glaube mir, sie versteht jedes einzelne Wort, das du sagst. Beim Dorfschulzen ist sie im Dienst. Und wenn ich an das Gekeife der Schulzin denke, dann weiß ich, warum er sich eine Stumme gesucht hat.» Die Trudl strich Rieke sanft über die Schulter. «Jetzt muss ich auch los. Es gibt noch so viel zu tun nach dem Sturm. Der Schnee hat mir gerade noch gefehlt. Heute ist Waschtag. Meine Hände schmerzen schon, wenn ich nur daran denke! Und dann die Wäsche. Gefrieren wird sie in der Kälte, und in der Nacht werde ich kein Auge zutun, weil die Nachthemden des Herrn steif und aufgebläht im Garten hängen wie tote Geister. Aber was soll man tun?»
«Warte!» Karla hielt sie am Arm zurück. «Bist du aus dem Dorf? Eine Alweröderin?»
«Klar bin ich das. Hier geboren und getauft. Früher hatten meine Eltern einen kleinen Hof, aber der Alte hat jeden Taler versoffen, und als die alle waren, hat er den Hof genommen. Jetzt ist er Tagelöhner beim Glenbauern, und ich muss als Magd dort schuften.» Der Ärger hatte Trudls Wangen rot gefärbt. Sie hob den Zeigefinger und fuchtelte Karla damit vor der Nase herum. «Das kann nicht Gottes Wille sein, dass ich für die Saufwut des Alten bluten muss. An der Wiege, das sage ich dir, ist mir anderes gesungen worden. Komm, Rieke.» Sie schnappte sich ihre beiden Eimer und stapfte davon, gefolgt von der Stummen.
Karla füllte ihre Eimer und ging ebenfalls zurück ins Dorf.
Den ganzen Tag lang war sie in Gedanken beim Gespräch mit den Mägden. Die Lori durfte nicht mit ihr sprechen. Gut. Aber was hatte sie, Karla, mit dem Mann der Bernadette zu tun? Hatte die Bernadette Angst, sie würde ihm schöne Augen machen? Nein, ganz sicher nicht. Sie war die Gehilfin des Exorzisten. Wenn sie einem schöne Augen machen durfte, dann nur Gott, dem Herrn. Oder hatte Bernadette Angst, sie könne Dinge von der Else erfahren, die nicht für fremde Ohren bestimmt sind? Aber dann hätte sie doch die Lori anhalten sollen, jedes Wörtchen in Erfahrung zu bringen. Nein, das Sprechverbot ergab keinen Sinn. Es sei denn, die Bernadette hätte Angst, dass die Geheimnisse aus ihrem Haus in das Pfarrhaus gelangten. Aber welche Geheimnisse konnte die Bernadette schon haben?
Karla grübelte und grübelte, aber sie wurde einfach nicht schlau. Also ging sie in die Küche und half der Else beim Brotbacken. Sie knetete den Sauerteig, bis ihre Unterarme schmerzten. Die Pfarrhaushälterin rührte gelassen in einem Topf, in dem sie ein paar Rindsknochen auskochte, und sang dabei Küchenlieder vor sich hin.
Ein Lied sang sie so laut, dass es durch das halbe Haus schallte:
«Ein Mönch kam vor ein Nonnenkloster, hei juchei
Mit einem langen Paternoster, falleria, fallera
Mit einem langen Paternoster, Falleriara
Mit seinem Kling-Klang-Klonimus Dominus
Mit seinem Kling-Klang-Klonimus Dominus
Orationimus.
Er kam wohl vor ’ne Klostertür,
Da schaut’ eine kranke Nonne herfür,
Da schaut’ eine kranke Nonne herfür,
Mit seinem Kling-Klang-Klonimus Dominus
Mit seinem Kling-Klang-Klonimus Dominus
Orationimus.
Der Mönch, der stieg die Trepp hinauf,
Die Nonne schaut’ von unten auf,
Die
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