Teufelsstern
die Straße hinauf in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Inzwischen war es dunkel. Die Straßenlaternen verbreiteten ein unangenehm künstliches Licht. Und es schien noch heißer geworden zu sein. Matt spürte, wie der Schweiß an ihm herunterlief.
Und die Männer verfolgten sie. Wer waren sie? Wer hatte sie geschickt? Matt wagte nicht, sich umzusehen, aber er konnte ihre Schuhe auf dem Pflaster hören und wusste, dass sie näher kamen.
Richard schrie auf.
Matt blieb stehen und drehte sich um. Zwei der Männer hatten den Reporter gepackt. Einen von ihnen konnte Matt erkennen: ein rundes, fast weibliches Gesicht. Unrasiert. Eine kleine Narbe neben dem Auge. Er hatte Richard im Schwitzkasten.
Richard wehrte sich mit aller Kraft und schaffte es für einen kurzen Augenblick, sich zu befreien. »Lauf weg, Matt!«, brüllte er. »Lauf!«
Er trat um sich und traf einen der Männer in die Magengrube. Aufstöhnend brach der Mann zusammen, doch sein Komplize mit der Narbe hatte Richard wieder gepackt. Jetzt waren auch noch zwei andere bei Richard angekommen, und Matt hatte keine Chance mehr, seinen Freund zu retten. Er wirbelte herum und rannte los. Er hörte, wie einer der Angreifer ihm etwas hinterherschrie, und Matt glaubte, dass es sein Name gewesen war. Sein richtiger Name. Also wussten sie, wer er war! Der Überfall war also schon von langer Hand geplant gewesen.
Matt rannte um eine Ecke und sprintete eine Gasse hinunter. Am Ende bog er wieder ab, kam an eine Hauptstraße und überquerte sie, kopflos durch den dichten Verkehr rennend. Jemand brüllte ihn an. Ein Bus rauschte an ihm vorbei, und er bekam einen Schwall Abgase ab. Er erreichte ein Stück Ödland und rannte hindurch. Ein schmutziger, halb verhungerter Hund kläffte ihn an. Ein paar Frauen sahen ihm neugierig hinterher.
Matt blieb erst stehen, als er vollkommen außer Atem war. Er war schweißüberströmt. Sein Hemd schien an ihm festgeklebt zu sein. Und er war todmüde. Aber wenigstens war er entkommen. Er sah zurück und suchte die Gegend mit seinen Augen ab. Sie hatten ihn nicht bis hierher verfolgt.
Erst jetzt traf ihn die ganze Tragweite seiner Situation. Er war in einem fremden Land, ohne Geld und ohne sein Gepäck. Der Fahrer, der geschickt worden war, um sie abzuholen, war weggerannt, um seine eigene Haut zu retten, und sein einziger Freund war in den Händen der Verbrecher. Er wusste nicht, wo Richard jetzt war. Und er wusste auch nicht, wie er Mr Fabian finden konnte. Es war Nacht. Und Matt war ganz allein.
HOTEL EUROPA
Matt schreckte aus dem Schlaf. Er stöhnte leise und rollte sich enger zusammen, noch nicht bereit, der Realität ins Auge sehen. Er war total erschöpft und fühlte sich wie ausgehöhlt. Vielleicht lag es an der Zeitverschiebung. Aber wahrscheinlich war es eher der Schock über das, was am Tag zuvor passiert war. Seine Arme und Schultern schmerzten, und sein Mund war trocken.
Doch was hatte ihn geweckt? Ach ja – die Hand in seiner Tasche. Zu allem Überfluss wurde er jetzt auch noch ausgeraubt.
Er machte die Augen auf und sah einen dunkelhaarigen Jungen, der sich über ihn beugte. Der Junge fuhr erschrocken zusammen. Matt schrie ihn an und schubste ihn weg. Der Junge, der neben ihm gehockt hatte, verlor dadurch das Gleichgewicht und fiel hintenüber. Matt sprang auf.
»Was soll das?«, schrie er. »Was willst du von mir? Lass mich in Ruhe!«
Der Junge sagte keinen Ton. Kein Wunder – wahrscheinlich sprach er kein Wort Englisch. Matt sah auf ihn hinab und hatte das Gefühl, ihn irgendwoher zu kennen. Es kam ihm vor, als wären sie sich vor langer Zeit begegnet. Aber dann fiel es ihm wieder ein. Matt war im Auto gewesen, auf der Fahrt vom Flughafen. Es war der Junge, der mit den Bällen jongliert und sie verflucht hatte.
» No bacía nada. Sola intentaba ayudarte! « , sagte der Junge.
Er schien seine Unschuld beteuern zu wollen, aber Matt nahm ihm das nicht ab. Seine Augen – dunkelbraun und misstrauisch – sagten das Gegenteil, und seine Haltung erinnerte Matt an ein in die Enge getriebenes Tier, das jeden Moment angreifen konnte. Der Junge war nur Haut und Knochen. Er trug ein T-Shirt mit einem Werbeaufdruck für ein Produkt, das Inca Cola hieß, aber die Schrift war verblichen und der Stoff so abgenutzt, dass er Löcher hatte. Seine Jeans war starr vor Dreck, und eine Schnur um den Bauch verhinderte, dass sie runterrutschte. An den Füßen hatte er Sandalen aus schwarzem Gummi.
Der Junge stand auf und
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