Teufelstod: Band 2 (German Edition)
schnell auszuschalten. Seine Konzentration durfte nicht gestört werden. »Eine Wiese mit Gänseblümchen ist nicht das, was ich mir vorstelle«, erwiderte er und hoffte, sein Vater würde ihm nicht anmerken, was der Gedanke an seine Mutter und das, was Luzifer ihr angetan hatte, beinahe in ihm auslöste. »Ich rede nicht von der äußerlichen Veränderung eines Ortes, ich rede vom wahrhaftigen Himmel.«
»Für sie.« Luzifer schüttelte den Kopf. »Glaubst du denn, ich dachte einst nicht wie du? Glaubst du nicht, dass mich jene Bilder, die du jetzt siehst, einst anwiderten? Das taten sie, aber irgendwann wirst du sie unterhaltsam finden, Damian. Zuerst nur kurz, einen Augenblick lang, und es wird dich erschrecken. Aber diese Momente werden mit der Zeit länger und nicht mehr ganz so erschreckend. Und irgendwann wirst du dir wünschen, du wärst derjenige, der diese Tat vollbringt. Und danach wirst du es auch sein. Du wirst mehr wollen. Du wirst alles dafür tun, um mehr Seelen auf diesen Weg zu führen, um mehr von diesen Bildern zu erfahren, neue, interessantere. Du wirst in den Körper eines Menschen schlüpfen, du wirst in die Dimension der Sterblichen gehen und … du wirst ein Gott sein.« Er lächelte schmallippig. »Ein Teufel.«
»Niemals!« Es war kaum mehr als ein Keuchen. Damian versuchte dieses ungewohnte Schwindelgefühl niederzuringen. Die Hitze des Tartaros drang wieder bis zu ihm durch, brannte und schmerzte, und die Essenz des Bösen schlich sich in seinen Körper und floss wie Blut durch seine Adern.
Atmen, dachte Damian im verzweifelten Bemühen, die Angst zu verjagen. Atme wie ein Mensch. Erinnere dich. Atme.
Damian schloss für einen Moment die Augen. Dann blickte er hoch in das wissende Gesicht seines Vaters.
»So fängt es an«, sagte dieser. »Höre auf mich, denn ich weiß, wovon ich spreche, Junge. Vergiss das Mädchen! Hör auf, an sie zu denken, diese Welt für sie ändern zu wollen. Akzeptiere, was du bist, und öffne dich. Das wird dir, aber auch ihr, sehr viel Leid ersparen. Lass sie nach Ablauf ihres sterblichen Lebens ins Reich der Toten einziehen, halte sie nicht zurück. Du wirst ihr Schlimmeres antun, als eine Ewigkeit in der Dimension der Toten, wo sie Frieden finden kann.«
»So wie du meiner Mutter?«, fragte Damian und bereute diese Worte, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Die Hitze war kaum noch auszuhalten. Er musste sie abschalten, einfach ignorieren, doch es ging nicht.
»Ja«, erwiderte Luzifer scheinbar ruhig, aber sein Blick flackerte kurz. War es Schmerz, der darin stand? Oder lediglich die Erinnerung an solch eine menschliche Emotion?
»Es war nur ein Moment, Damian«, fuhr sein Vater schließlich fort. »Ein einziger Moment. Ich sah euch beide. Ich hörte, wie sie dir von den Schutzengeln erzählte, vom Himmel und davon, wie du dorthin gelangen könntest. Es war ein Moment, und ich verbrannte sie. Ich verbrannte ihr Sein, ihre Seele, jede Erinnerung an sie, jedes Gefühl. Ein einziger Moment.« Er fing Damians Blick ein und schien immer noch die Kraft eines Gottes zu besitzen, der mit seinen Augen zu lähmen vermochte. »Bist du dir sicher … Kannst du dir wirklich sicher sein, dass es zwischen dir und Emily niemals einen solchen Moment geben wird?«
Damian starrte seinen Vater an. Er spürte Übelkeit genauso wie damals beim Busfahren als Mensch. Etwas stimmte nicht. Es tat weh.
Mit einem Gedanken ließ er das Rad wieder hinabsenken, zurück in die Feuersbrunst. Der Spalt im Boden begann sich zu schließen.
»Du lässt deinen eigenen Vater brennen«, hörte er noch Luzifers Stimme. »Du bist bereits mehr Teufel, als du denkst!«
***
Er brauchte ein paar Tage, um sich von diesem Gespräch zu erholen und sich der Meditation zu widmen. Er war schlimmer aus dem Gleichgewicht geworfen worden, als gut für ihn war, doch jetzt, da er so langsam wieder die Fähigkeit zurückgewann, nüchtern nachzudenken, begann er an den Worten seines Vaters zu zweifeln. Luzifer war eins mit dem Tartaros geworden, er war vom Bösen verschlungen worden und handelte in dessen Sinn. Luzifer wollte verhindern, dass Damian das Böse schwächte, versuchte Damian davon zu überzeugen, sich dem Tartaros zum Fraß vorzuwerfen. Luzifer stand auf der Seite des Bösen. Es konnte gar nicht anders sein, denn dass er aus Sorge um Damian oder gar Emily handelte, stand außer Frage. Vielleicht war es also doch möglich, durch die Verbannung der Todesengel
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