Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Albträumen. Du wirst mich niemals in den Himmel holen. Ich kenne dich. Ich kenne euch Götter. Dein Gerede von Vertrauen und Vergebung ist nicht mehr wert als das Papier, auf dem deine Leute diesen Schwachsinn drucken.«
Auf sich selbst wütend wegen dieser dämlichen Hoffnung, an diesem Ort etwas Frieden zu finden, erhob er sich und wandte sich abrupt in Richtung Ausgang.
Beinahe hätte er die Gestalt nicht bemerkt, die soeben durch eine Seitentür geschlüpft war, doch der Fremde war eine Spur zu langsam gewesen. Hätte Damian nicht blonde Löckchen unter der Kapuze eines dunklen Wintermantels aufblitzen sehen, hätte er sich nicht weiter für ihn interessiert, aber jetzt meinte er zu wissen, wer sich da vor ihm verstecken wollte. Auch wenn diese Möglichkeit eigentlich ausgeschlossen war und wohl lediglich einer seiner Wahnvorstellungen entsprang. Trotzdem musste er dem nachgehen, er musste einfach wissen, ob er wirklich verrückt wurde.
So leise wie möglich rannte er über den glatten Steinboden der Kirche und schob sich durch die immer noch offenstehende Seitentür nach draußen. Er sah sich hastig um und entdeckte schließlich einige Fußspuren im Schnee.
Von nun an eher auf Tempo als auf Unauffälligkeit bedacht, verfolgte er die Spuren, bis er die Gestalt an der Hauptstraße fast einholte. Mit eiligen Schritten ging diese am Bürgersteig entlang und verschwand in einer Seitengasse.
Damian stürmte hinterher, bekam kurz darauf den flatternden Mantel des Unbekannten zu packen und riss die Person zu sich herum. Dabei war er auf alles gefasst: einen völlig Fremden vor sich zu haben, der ihn fragte, ob er verrückt sei; eine weitere dämonische Gestalt zu sehen; einen Geist, der sich bei Berührung auflöste; doch was er dann sah, verschlug ihm die Sprache. Er wusste nicht, ob er träumte oder wach war, auch wenn er dem Fremden nur wegen ebendieser Ahnung gefolgt war, die sich jetzt bestätigte. Dieses Gesicht würde er niemals vergessen, genauso wenig wie den etwas verbitterten Zug um den Mund und die ständig missbilligend dreinblickenden Augen. Das blonde Haar umrahmte sein Gesicht wie ein Heiligenschein, und Damian musste in dieser Welt genauso wie damals im Himmel zu ihm aufblicken, als stünde ein Turm vor ihm.
»Du bist schneller, als ich angenommen hatte – für einen Menschen.«
Damian starrte sein Gegenüber immer noch völlig fassungslos an. Sein Griff um den Arm des Mannes verstärkte sich, um zu überprüfen, ob er wirklich echt war. »Und du bist erstaunlich real«, brachte er schließlich heraus. »Für einen Engel.«
Jophiel lachte laut auf und zog seine Kapuze zurück. »Das war einmal«, sagte er und sah sich in der einsamen Gasse nach unliebsamen Zuhörern um. »Ich bin jetzt genauso menschlich wie du.«
»Wie ist das möglich?«
»Es gibt Mächte, für die ist alles möglich.«
»Mächte?« Damian hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. »Du meinst meinen Onkel. Hat er dich geschickt, damit du mir hinterherspionierst? Seit wann kann er das nicht mehr selbst? Er sieht doch alles, hat seine Schutzengel …«
»Er hat keine Schwierigkeiten damit, dich zu sehen, Junge. Vielleicht hast du eher Schwierigkeiten damit, von nun an niemanden mehr zu sehen … Du bist jetzt ein Mensch, und die Welt der Engel ist dir verschlossen.«
»Das ist mir nicht entgangen.«
»Und wie geht es dir damit?«
Damian wandte seinen Blick ab und schaute zu der Reihe von schneegefüllten Regenrinnen hoch, die sich über ihm die Gasse entlang scheinbar in die Unendlichkeit zogen. »Großartig«, presste er schließlich hervor, konnte Jophiel jedoch nicht in die Augen sehen. Wut und das ständig brennende Gefühl der Verzweiflung nagten an ihm, und er war sich nur zu sehr bewusst, wie wenig er in dieser Verfassung seine Mimik und Stimme kontrollieren konnte.
»Großartig«, wiederholte Jophiel, ohne jeglichen Zynismus. »Dann bin ich hier wohl überflüssig? Gibt es nichts, das du mit mir besprechen möchtest? Vergiss nicht, auch ich bin jetzt ein Mensch.«
Vom Erzengel zum Menschen, wollte Damian schon höhnisch erwidern. Was für eine schwere Verwandlung! Er selbst war von Luzifers Sohn zu einem Menschen geworden, mit einer letzten Erinnerung, die aus Schmerz und Feuer bestand! Was verstand Jophiel schon davon?
»Und bestimmt sehr erfreut über diesen Abstieg«, antwortete Damian daher nur, um von sich selbst abzulenken. »Ich wette, mein Onkel hat dich einfach hierhergeschickt, ohne sich um
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