Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Blicke ihrer Mitschüler, die jetzt leider nicht mehr Marita im Visier hatten, sondern die Vampir-Superheldin. Sie setzte sogar noch einen drauf! Nach dem letzten Klingeln für diesen Tag, als sich die restlichen Schüler auf den Heimweg machten – darunter auch Will und Annie –, blieb Emily noch, um beim Vorsprechen für das Schultheater vorbeizuschauen. Ja, wirklich! Emily Norvell ging zu einer Versammlung der Schulbarbies.
Ihre Beweggründe waren jedoch gänzlich andere, als sich auf die Bühne zu stellen und Brecht zu rezitieren. Sie wollte bloß zu Marita. Denn irgendetwas war da faul – mit dem Angriff und ihrer Verschwiegenheit darüber. Normalerweise war Marita immerhin jedes Mittel recht, um im Mittelpunkt zu stehen, wieso hielt sie sich jetzt also so bedeckt? Sie sprach kaum mit der Polizei und reagierte selbst bei ihren Anhängerinnen mit Ausflüchten, wenn diese versuchten, sie über jenen Abend auszufragen.
Emily hatte Marita heute genau beobachtet, doch sie war nicht schlau aus ihrem Verhalten geworden. Eher war sie noch verwirrter, denn Marita sprach fast mit niemandem und benahm sich wie eine richtige Einzelgängerin – sie wurde zu Emily! Wie gruselig.
Doch damit hatten die Absonderlichkeiten dieses Tages noch immer kein Ende gefunden. Marita war nicht beim Vorsprechen aufgetaucht! Sie, als Anführerin dieser Bande, war nicht erschienen, und keiner wusste, wohin sie verschwunden war.
»Frag mich was Leichteres«, sagte Susannah, die eigentlich Maritas beste Freundin war. »Die ist schon seit Tagen so merkwürdig und redet nicht mehr mit uns.«
»Meinst du, der … Angriff hat sie so sehr erschreckt? Ist sie vielleicht irgendwie … traumatisiert?«
»Marita?« Die Blondine lachte laut auf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendetwas gibt, das Marita traumatisieren könnte. Schon gar nicht ein verlumpter Wolf, aber jetzt … Keine Ahnung. Sie ist wirklich nicht mehr dieselbe.«
Und diese Worte hatten Emily mit tiefem Schrecken erfüllt. Marita war nicht mehr dieselbe. Eine einfach so dahingesagte Phrase, doch was, wenn mehr dahintersteckte? Was war aus der immerzu fröhlichen und überheblichen Schönheit geworden? War es wirklich nur die Sorge um ihren Bruder und die Angst wegen des Angriffs? Hätte Emily nichts von der Existenz der wahren Welt da draußen gewusst, hätte sie sich vielleicht damit zufriedengegeben, doch mittlerweile war sie von einer Art Sherlock-Holmes-Syndrom für Übernatürliches besessen. Sie sah in allem mehr, vielleicht sogar mehr als wirklich da war, und das war zwar aufregend, drohte ihr aber auch den Verstand zu rauben.
Ernüchtert von dieser erfolglosen Mission der Wahrheitsfindung verließ Emily schließlich das Schulgebäude und trat hinaus in die Kälte.
Unter der Eingangsüberdachung blieb sie einen Augenblick lang stehen und zog den Schal übers Kinn, denn der eisige Wind schmerzte im Gesicht. Ihre Augen tränten bereits nach kurzer Zeit, dennoch vermochte sie die dunkle Gestalt am gegenüberliegenden Ende des Parkplatzes zu erkennen.
Eine Sekunde wusste sie nicht, ob es Damian oder Luzifer war, der dort mit einer zweiten, sehr hoch gewachsenen Person auf sie wartete, nachdem sie jedoch die Tränen weggeblinzelt hatte, sah sie sie zu ihrer Erleichterung, dass die Hölle sie nicht eingeholt hatte – noch nicht. Es war Damian, nicht Luzifer. Sein dunkles Haar wirkte aus der Entfernung vollkommen schwarz, ebenso wie seine Kleidung und die eigentlich grünen Augen.
Ihr Herz beruhigte sich nach dem anfänglichen Schock nur langsam wieder, als sie die Treppen zum Parkplatz hinabging, den Blick auf ihren einstigen Schutzengel gerichtet, den sie in dieser Umgebung, ihrer Schule, niemals erwartet hätte. Wie oft hatte sie sich damals genau diese Situation gewünscht? Die Kronberge hinter ihm ragten kahl und grau gen Himmel, der Wald darunter glitzerte wie Smaragde, während Damian sie mit seinem ungeduldigen Blick ansah. Er war tatsächlich Wirklichkeit. Auch früher war er hier an diesem Ort bei ihr gewesen, aber nicht so. Sie hatte ihn nicht sehen können, nicht einmal richtig gespürt, und jetzt war er auf einmal echt. Ein Traum ging in Erfüllung, auch wenn es kitschig klang, doch zu wild flatterten die Schmetterlinge in ihrem Bauch, als dass sie den Zauber dieses Augenblicks leugnen könnte. Allerdings verlor dieser magische Moment etwas von seiner Schnulzentauglichkeit, während sie über den Parkplatz auf ihn zuschritt und ein Kribbeln im
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