Teufelstod: Band 2 (German Edition)
und ging geradewegs auf den zarten Rotschopf zu, der sie mit glühenden Wangen betrachtete. »Was soll das für ein Name sein? Wie heißt du richtig?«
Annie klappte der Mund auf, und sie brachte einige Augenblicke lang kein Wort heraus. Will stellte sich sofort neben sie und legte seinen Arm um sie. Mit dieser Stütze fand sie dann doch noch zu einer Antwort. »Mein Name ist Annabelle Morningstar, Ma’am«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich bin hier zu Besuch.«
»Sie ist meine Freundin«, erklärte Will, und einen Moment lang war es bis auf das Geschrei der Drillinge im Wohnzimmer beunruhigend still.
»Ach«, machte Sue schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit. »Du hast jetzt also eine Freundin, William? Wer hätte das gedacht.«
Erneut kehrte Schweigen ein, während sich Tante Sue zu Emily umdrehte, ihr einen wütenden Blick zuwarf und schließlich wieder Annie ansah. Und obwohl Emily das Gesicht ihrer Tante nicht sehen konnte, war die Feindseligkeit deutlich zu spüren.
Tante Sue hatte genauso wie ihre Eltern stets gehofft, Emily und Will würden eines Tages zusammenfinden, aber anders als ihre Eltern war Sue von diesem Gedanken geradezu besessen. Es hätte Emily nicht gewundert, wären die Hochzeitseinladungen mit ihren beiden Namen als Brautpaar bereits gedruckt.
»Es muss ja sehr ernst sein«, sagte Sue schließlich, als sie sich wieder an Will wandte. »Ich meine, wenn du sie sogar hierher mitbringst.«
»Wer würde bei Marys Lebkuchen und Keksen zu Hause bleiben?«
»Und Annie ist uns mehr als willkommen«, warf Emilys Mutter sogleich ein, um die Situation etwas zu entspannen. Sue warf ihr jedoch nur einen mitleidigen Blick zu.
»Natürlich«, stimmte sie mit all ihrer Herablassung zu. »Mich wundert nur, dass du hier kein Waisenhaus eröffnet hast.«
»Ich bin keineswegs eine Waise«, kam es in der naiven Unwissenheit von Annie, die Tante Sue zu wenig kannte, um die Folgen ihrer Worte vorherzusehen.
Erwartungsgemäß fuhr diese auch sogleich zu dieser Vertreterin der frechen Jugend herum, hielt dann jedoch mitten in der Bewegung inne.
Emily verspürte den Drang wegzulaufen, als die Tante die dunkle Gestalt im Schatten neben der Garderobe bemerkte.
Jetzt war es also so weit. Die Fürstin der Finsternis hatte den Sohn des Teufels entdeckt. Wenn das nicht Spaß versprach.
»Wer ist das ?«, ertönte auch schon die schrille Stimme, die einer Alarmglocke Konkurrenz gemacht hätte. »Nimmst du wirklich schon jeden Streuner von der Straße auf, Marilyn?«
»Ähm, also, das ist …« Emily trat zu Damian und sah sich Hilfe suchend in der Runde ihrer Freunde und Verwandten um. Es war ihre Aufgabe Damian vorzustellen, schließlich war er ja auch irgendwie ihr Freund, aber wie zur Hölle sollte sie das machen? Wo sie ja noch nicht einmal selbst genau wusste, was er eigentlich wirklich für sie war. »Also … ähm, Tante Sue …«
»Ich bin Damian.« Furchtlos trat er einen Schritt auf die Tante zu und streckte ihr die Hand entgegen. »Ich bin bei Will zu Besuch.«
Emily atmete auf, doch die Erleichterung darüber, dass er die Initiative ergriffen hatte, dauerte nicht lange. Denn jetzt, wo er mitten im Licht stand und jede Sonderbarkeit seines Äußeren auch noch betont wurde, konnte Tante Sue ihn nur aus beinahe schon hervorquellenden Augen anstarren. Damian wartete noch ein paar Augenblicke lang, dann schloss er die Hand wieder zur Faust und ließ sie sinken.
»Netter Hut«, meinte er schulterzuckend, und auf seinem Gesicht lag ein äußerst ungezogenes Lächeln. Seine dunklen Augen schienen grüne Funken zu sprühen, und wieder einmal aufs Neue erkannte Emily, dass er mit dem Menschwerden seine dämonische Ausstrahlung keineswegs verloren hatte. Eine Ausstrahlung, die sie wohl vom ersten Moment an gefesselt hatte. Trotzdem war sie etwas beunruhigt, seit sie wusste, woher – oder besser gesagt: von wem – er diese hatte.
Tante Sue brachte immer noch kein Wort heraus, und so rettete Emilys Mutter vorübergehend die Situation, indem sie die Ansammlung Unglücklicher zum Esstisch lotste, wo sie sofort Tee und Plätzchen servierte. Ihrer Tante häufte sie einen besonders großen Turm auf den Teller, wohl in der Hoffnung, sie damit beschäftigt zu halten. Doch kaum hatten alle in dem lichtdurchfluteten Erker des Hauses Platz genommen, schien der Drache wieder zu sich zu kommen. Ein einziger Schluck Kamillentee hatte offenbar Wunder vollbracht, und die taxierenden Blicke in Richtung
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