Teufelswasser
viel aus Baden.
«Ich geh schon mal fürbass», sagte er nebenher.
«Für was …?» Lürmann kletterte soeben aus dem Wasserbecken.
«Ich geh schon mal weiter.»
Im Ruheraum angekommen, legten sie sich auf Liegestühle. Das heißt, Laubmann und Pabst streckten sich aus, während Lürmann sich nur setzte, um seinem behördlichen Auftreten mehr Nachdruck zu verleihen. Laubmann, dessen Stofftaschentuch zum Trocknen über der linken Armlehne hing, lag schräg hinter ihm; Pabst befand sich im Abstand von zwei Metern ihnen gegenüber.
Der Moraltheologe zitierte, unter der Nachwirkung der Saunawärme leidend, aus der Bibel: « Bei Tag fraß mich die Hitze, bei Nacht der Frost, und der Schlaf floh meine Augen . – So beschwert sich Jakob bei seinem Schwiegervater Laban im Buch Genesis. Und in der Offenbarung heißt es zuversichtlich: Sie werden keinen Hunger und keinen Durst mehr leiden, und weder Sonnenglut noch sengende Hitze wird auf ihnen lasten.»
Kommissar Lürmann achtete nicht darauf und fing ohne Spruchweisheiten an, den Badearzt zu befragen. «Ist es zutreffend, dass Sie in das Projekt Ihres Kollegen Dr. Walther, Hausarzt des Säkularinstituts, bereits Kapital gesteckt haben – oder hatten?»
«Und wenn?»
Lürmann fasste die Gegenfrage des Badearztes als Eingeständnis auf: «Also ja.»
«Ich habe nichts zu verbergen.»
«Ist es zutreffend, dass der Bauunternehmer Friedolin Engel Sie beziehungsweise Ihr Kapital abgeworben hat?»
«Sein Angebot ist besser.»
«Also ja.»
Laubmann war neugierig: «Was hält denn Ihr Kollege Dr. Walther davon?»
Pabst grinste: «Der ist nicht mehr so gut auf mich zu sprechen.»
«Ist es zutreffend» – Kommissar Lürmann blieb bei seiner förmlichen Fragestellung –, «dass Sie nicht der einzige Investor sind, der von Walther und seinem Kompagnon Weisinger zu Engel gewechselt ist?»
Pabst zog eine skeptische Miene: «Das kann ich so nicht behaupten, aber ich halte es für möglich.»
«Ist es weiterhin zutreffend, dass auch Schwarzgelder in die Projekte fließen?»
«Woher soll ich das wissen?»
Laubmann hakte nach: «Also ja?»
Und Lürmann desgleichen: «Womöglich sogar durch Sie, Herr Dr. Pabst?»
Der Badearzt reagierte wütend: «Was fällt Ihnen ein, mich dermaßen zu beschuldigen! Mein Geld ist ehrlich verdient!» Er hatte sich in seinem Liegestuhl aufgerichtet, wobei er sich auf den Armlehnen abstützte.
«Wir können das untersuchen lassen, und so etwas ist nicht angenehm. Am Ende könnte Sie das Ihre Anstellung kosten und Ihre Approbation.»
Pabst wirkte nervös und saß jetzt, wie Kommissar Lürmann und diesem zugewandt, auf dem Rand des Liegestuhls. «Ich bitte Sie, was bedeutet das schon, nebenbei mal eine private Beratung? Das sind doch Bagatellen.»
Lürmann war nicht seiner Meinung. «Mord ist keine Kleinigkeit.»
Und Laubmann war Lürmanns Meinung. «Schwarzgelder sind ein Motiv.»
«Wieso ein Motiv?», fragte Pabst gereizt.
«Ein Motiv für Mord.»
«Jetzt gehen Sie aber wirklich zu weit!» Der Badearzt wehrte sich vehement. «Sie beide werden mir nicht nachweisen können, dass ich Herrn Müller oder seine Schwester gekannt habe, weil ich nämlich nie im Leben irgendeinen Kontakt zu ihnen hatte!»
«Außer in der Moorbad-Abteilung», widersprach Laubmann sophistisch.
«Ich wurde von Frau Brender über das Haustelefon zu Hilfe gerufen und konnte nur den Tod des Opfers feststellen; das wissen Sie ganz genau.»
«Sie haben soeben auch die Schwester Reinhold Müllers erwähnt …»
Pabst ließ Laubmann gar nicht erst ausreden: «Das hat sich überall herumgesprochen, dass seine Schwester auf ähnliche Weise ermordet worden ist.»
«Wir haben inzwischen ermittelt», wechselte Lürmann das Thema, «dass Peter Weisinger, der Kompagnon Dr. Walthers, Druck auf Reinhold Müller ausgeübt hat, um das eigene Immobilienprojekt voranzubringen. Wer sagt uns denn, dass er Reinhold Müller nicht dazu gebracht hat, gewissermaßen als Mittelsmann zu fungieren und Sie eindringlich zu warnen, weil Sie Ihre Investitionen zurückfordern wollten oder sogar schon zurückgefordert hatten?»
«Ein kleiner Hinweis beim Finanzamt auf Ihre Einnahmen aus den ‹privaten Beratungen›, die wahrscheinlich nicht versteuert worden sind, hätte für Sie zu einem schönen Schlamassel werden können», ergänzte Philipp Laubmann. Er hatte sich in seinem Liegestuhl gleichfalls aufgerichtet, wobei er aufpassen musste, dass ihm das Badetuch nicht über die Hüften
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