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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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unterwegs und hielt sich insofern für moralisch unanfechtbar. Außerdem war er dank seiner Cousine damit vertraut, sich in einem Laden aufzuhalten, in dem hauptsächlich Frauen verkehrten und in Kleidungsstücken kramten.
    Trotzdem stand er dann, wie Lürmann, eher verlegen darinnen, in diesem weiblich dominierten Wäschereich. Eine gut aussehende Dame mittleren Alters kam gerade aus einer der Umkleidekabinen heraus, anscheinend einen neuen BH anprobierend, um diesen vor dem Spiegel zu begutachten und sich von der Ladeninhaberin beraten zu lassen. Sie drehte sich, sich im Spiegel betrachtend, von einer Seite zur anderen, schaute zur Inhaberin, Beatrice Oberanger, drehte sich noch einmal von einer Seite zur anderen, warf einen Blick auf die beiden Herren, hob die Büste und wandte sich schließlich suchend einem Drehgestell zu, das weitere Modelle zur Auswahl bot.
    Philipp und Ernst taten so, als sähen sie nichts, und verbargen sich hinter einem fahrbaren Regal, das die Aufschriften Slips und Tangas trug. Sie wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten, und waren tunlichst bemüht, nichts zu berühren. Doch das war schwer, denn sie waren von Damenwäsche umringt. Überall hingen Korselettes und Torselettes, Büstenhalter und Bustiers, nach Herstellern, Farben und Größen sortiert, mit und ohne Spitzenbesatz, mit und ohne Träger, mit und ohne Stützeinlagen.
    Unterbrochen wurden die Kollektionen nur von sinnlichen Modefotografien und den hochformatigen Spiegeln, in denen sich Ernst und Philipp wiederfanden als krasse Gegensätze zur modischen Umgebung. Lürmann trug erneut seinen ältlichen Stoffmantel mit grau-weißem Fischgrätenmuster, Laubmann seine mattgrüne Wolljacke. Als hätten sie nichts Anziehenderes zum Anziehen. In einem Wühltisch lagen für den Ausverkauf bestimmte, preislich herabgesetzte Minimizer , welche die Detektive als Büstenhalter identifizierten. Ein von der Ladeninhaberin selbstgestaltetes Werbeplakat versprach, dass die Büste um mindestens eine Cup-Größe optisch verkleinert würde.
    Zu allem Übel trat nun auch die Inhaberin mit kolossal erotischer Ausstrahlung auf die Herren zu. Beatrice Oberanger war um die dreißig, hatte einen blond gefärbten Lockenkopf und brachte ihre üppigen weiblichen Formen mit einer feinen Seidenbluse, durch die zart ein spitzenbesetzter rotfarbiger BH schimmerte, zur Geltung, als würde sie ihr Auftreten zugleich mit einer Werbung für ihre hochwertige Ware verbinden. Ihr Gesicht war stark geschminkt, bei auffälliger Betonung der Augen und Lippen.
    «Nur keine Scheu», sagte Beatrice Oberanger ermutigend und freundlich strahlend. «Viele meiner Kunden sind Herren die für die Dame ihres Herzens ein sehr persönliches Geschenk aussuchen. Wir führen die besten Marken. Ich hoffe, Sie wissen die Maße Ihrer Angebeteten. Ein Umtausch wäre allerdings möglich.»
    Lürmann kämpfte bei seiner Antwort gegen das Versagen seiner Stimme an. «Ich bin derzeit solo. Eigentlich schon länger solo, beruflich bedingt.» Und mit dem Finger auf Laubmann zeigend: «Mein Kollege ist katholischer Moraltheologe.»
    «Ich halte modische Dessous nicht für unmoralisch. Aber dürfen katholische Priester wie Sie denn eine Freundin haben oder verehelicht sein?», rätselte die Geschäftsfrau.
    «Wir sind keine Priester!» Laubmann verdrießte es, schon wieder für einen Kirchenmann gehalten zu werden.
    «Unter dieser Voraussetzung steht Ihnen mein Geschäft erst recht offen.» Beatrice Oberanger vollführte eine einladende Handbewegung.
    Ernst Lürmann zeigte seinen Dienstausweis. «Wir sind leider dienstlich hier.»
    «Sind Sie von der Sitte?» Ein wenig Besorgnis mischte sich in Beatrices Lächeln.
    «Nein.» Lürmann versuchte die Ladeninhaberin zu beschwichtigen. «Es geht um Ermittlungen, die Anton Müller aus dem Antiquariat gegenüber betreffen.»
    «Herrn Müller konnte ich bisher noch nicht als Kunden gewinnen», redete sie unbedacht drauflos, besann sich dann aber. «Seine Mutter ist gestorben, stimmt's?»
    «Wir möchten wissen, ob Sie sich an die Woche nach Ostern erinnern können. Hatte Herr Müller in diesem Zeitraum sein Antiquariat geöffnet?»
    Frau Oberanger dachte nach und berührte dabei den Spitzenbesatz eines schwarzen BHs an einem der Drehgestelle. «Herr Müller hat des Öfteren mal geschlossen, wenn er neue Ware einkauft oder Kundenbesuche macht. Sein hauptsächlicher Verkauf läuft ja übers Internet oder außer Haus. Ich nehme für ihn dann

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