Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
Vom Netzwerk:
ein unehelich geborenes Kind war. Das haben Ihnen diese verkappten Nonnen sicher erzählt; oder täusche ich mich?»
    «Frau Steinhag hat es angedeutet.»
    «Dachte ich mir.»
    Lürmann fragte dazwischen: «Was wissen Sie über Ihren leiblichen Vater?»
    «‹Leiblich› ist voll zutreffend. Mehr ist mir nämlich nicht bekannt. Meine Mutter hat mir nur mitgeteilt, und das erst nach langer Zeit, dass es bloß eine Affäre für eine Nacht gewesen war. Am Morgen danach war er verschwunden und hat sich nie wieder blicken lassen. ‹Arno› hieß er angeblich. Darüber hinaus hat sie nichts von ihm gewusst.»
    «Haben Sie ihr das geglaubt?»
    «Offen gestanden, nein, so mühsam wie sie das zugegeben hat.»
    «Haben Sie selber nachgeforscht?»
    «Wie denn?»
    «Aber Sie haben Ihren Vater vermisst?»
    «Als Kind schon», gestand der Antiquar, «soweit ich mich erinnere. Mein Onkel, Reinhold Müller, also der Zwillingsbruder meiner Mutter, konnte mir meinen Vater nicht ersetzen, obwohl er sich bemüht und sich häufig meiner angenommen hat, wenn meine Mutter arbeiten musste. Das war vor ihrem Eintritt ins Säkularinstitut.» Anton Müller griff erneut zu seinem Taschentuch und putzte sich die Nase.
    War's wegen der Erkältung oder weil er gerührt war und womöglich doch ein bisschen traurig? Lürmann war sich unschlüssig.
    Dietmar Glaser setzte die Befragung in amtlicher Weise fort. «Hatten Sie in letzter Zeit Kontakt zu Ihrer Mutter?»
    «Nein, wir haben uns nur noch selten gesehen. – Jetzt, da sie tot ist, bedauere ich das; aber unser Verhältnis zueinander war seit Jahren nicht mehr sehr inniglich, wenn Sie das meinen.»
    «Und der Kontakt zu Ihrem Onkel?»
    «Mein Onkel Reinhold … der ist mir auch viel zu katholisch und zu kirchlich», konstatierte Anton Müller höhnisch. «Ein verkappter Priester, verkappt wie diese Nonnen. – Ich glaube, das wollte er mal werden, Priester; hat's freilich nur bis zum Mesner gebracht. Aber bitte, ich gönne ihm das. Und ich muss es ihm zugutehalten, dass er immer wieder versucht, mit mir ins Gespräch zu kommen. Da bin ich meinerseits vielleicht ein bisschen zu stur.»
    «Haben Sie mit ihm schon über den Tod Ihrer Mutter gesprochen?»
    Müllers Antwort fiel ernüchternd aus: «Hab ich nicht. Ich bin sogar froh, dass es das Säkularinstitut übernehmen will, ihn von dem Todesfall in Kenntnis zu setzen. Der Vorschlag kam von dieser Frau Steinhag, bei unserem Telefonat. Ich fürchte, ihn wird die Nachricht ungleich schwerer treffen als mich.»
    «Das klingt ehrlich», meinte Glaser.
    Ernst Lürmann hatte nicht den Eindruck, dass der Antiquar irgendwann vorher gelogen hatte. Freilich war er nicht ganz so misstrauisch wie Dietmar Glaser – und nicht ganz so neugierig wie Philipp Laubmann. Trotzdem wollte er noch ein paar Fragen abarbeiten.
    «Lebt Ihr Onkel allein?»
    «Ich denke, ja. Er lebt für seine Pfarrei.»
    «Und Sie? Leben Sie allein?»
    Für Anton Müller ging die kriminalistische Befragung jetzt entschieden zu weit. «Was tut das zur Sache?»
    «Das Umfeld ist wichtig, Herr Müller», betonte Kommissar Glaser lapidar.
    «Leben Sie also allein?», wiederholte sein Kollege.
    «Nur teilweise.»
    Lürmann wartete einen Moment, ob das alles war. «Könnte Ihre Antwort auch etwas umfangreicher ausfallen?»
    ‹Bücher kann man wenigstens zuklappen, wenn sie einem nicht gefallen›, dachte der Antiquar mit aufsteigender Wut. «Meine Lebensgefährtin ist Französin und arbeitet in einem Hotel im Elsass. Wir sehen uns an unseren freien Tagen.»
    «Wann hatten Sie und Ihre Lebensgefährtin zum letzten Mal gemeinsame freie Tage?»
    «Vor zweieinhalb Wochen.»
    Lürmann notierte sich die Antworten penibel.
    Dietmar Glaser merkte, dass sein Kollege auf das Alibi des Sohnes aus war. Doch das zu erkunden, behielt er sich lieber selbst vor. «Hatte Ihre Mutter weitere lebende Verwandte außer ihrem Zwillingsbruder und Ihnen?»
    «Nicht dass ich wüsste.»
    «Hatte Ihre Mutter Feinde?»
    «Auf die Standardfrage habe ich gewartet. Nur, ich kann sie Ihnen beim besten Willen nicht beantworten. Vielleicht hatte sie Gegnerinnen im Säkularinstitut. Dass so was freilich für Todfeindschaften ausreicht, bezweifle ich.»
    «Wo waren Sie gestern Abend?»
    «Sie meinen zu der Zeit, als meine Mutter zu Tode kam?»
    «Die Alibifrage gehört zu den ‹Standardfragen›, wie Sie das so trefflich bezeichnen», meinte Glaser ironisch, obwohl ihm Ironie nicht lag. Und beinahe hätte er hinzugefügt:

Weitere Kostenlose Bücher