Teufelswasser
Schauberg. Frau Schauberg hat sich vorne bei der Anmeldung nach Herrn Reinhold Müller erkundigt. Ich habe sie bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass er verstorben ist.»
Ehe die Kommissarin herausfinden konnte, wer Gabriela Schauberg war, setzte die Polizeiobermeisterin ihren Bericht fort, denn sie war keineswegs zu Ende damit. «Die Mitarbeiterin an der Rezeption hat mich darüber informiert, dass heute am Vormittag telefonisch schon einmal jemand nach Herrn Müller gefragt hat, um ihn in einer unaufschiebbaren Angelegenheit zu sprechen. Sie hat gesagt, die Stimme sei die eines Mannes gewesen und hätte so geklungen, als hätte er sich in einer Telefonzelle aufgehalten.»
Laubmann, der mit Technik nicht sonderlich vertraut war, formulierte mehr für sich: «Gibt es die überhaupt noch? Werden die nicht allenthalben durch Edelstahlsäulen ersetzt, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Pissoirs haben, als wären sie für die fernmündliche Notdurft vorgesehen?» Doch alle bekamen es mit.
Cordula Hilder war für eine Sekunde irritiert ob Laubmanns unpassender Äußerung. Gabriela Schauberg blickte diesen Herrn, der bisher seinen Namen nicht genannt hatte, so an, als hielte sie ihn für einen seltsamen Vogel. Tat sächlich aber kreisten ihre Gedanken nur um Margaretes Tod und den Tod des Mesners.
Die Kommissarin schließlich wies Philipp Laubmann zurecht, «unterbrechen Sie die Kollegin nicht!», und forderte die Polizeiobermeisterin auf, die Berichterstattung wieder aufzunehmen.
«Ja, auf Drängen des Mannes am Telefon hat ihm die Mitarbeiterin des Alten Kurbads verraten, dass Herr Müller in dem ihr vorliegenden Kalender zu einer MoorbadAnwendung um 17 Uhr vorgemerkt sei.»
«Das kann ja heiter werden, wenn alle möglichen Leute von seinem Termin gewusst haben.» Juliane Vogt war ganz und gar nicht erfreut. «Die Aussage der hilfsbereiten Mitarbeiterin bekomme ich schriftlich. Da sie's mit dem Datenschutz nicht so genau nimmt, hat sie uns gegenüber die Chance, sich zu rehabilitieren.»
«Werde ich erledigen.» Die Polizeiobermeisterin machte sich gleich auf den Weg zurück zur Anmeldung. So etwas war für ihre Karriere nicht schlecht.
«Zu Ihnen, Frau Schauberg: Was wollten Sie von dem Mesner Reinhold Müller?»
«Ich bin Mitglied des Säkularinstituts ‹Christen in der Welt› in Bamberg», begann Gabriela Schauberg.
«Das kenne ich!», fuhr Laubmann dazwischen. «Das liegt im Bruderwald!»
«Darf ich vorstellen: Herr Laubmann», sagte Kommissarin Vogt leicht enerviert.
«Dr. Laubmann, Mitglied des Lehrstuhls für Moraltheologie an der Bamberger Theologischen Fakultät», korrigierte er mit einer angedeuteten Verbeugung.
«Was also führt Sie hierher?», wiederholte die Kommissarin.
Gabriela Schauberg schilderte in knappen Sätzen, dass die Zwillingsschwester des Mesners vorgestern in Bamberg getötet worden sei.
‹Wo wird dieser Fall bloß enden?›, dachte Juliane Vogt etwas zu melodramatisch, einerseits befürchtend, dass er ihr über den Kopf wachsen könnte, andererseits, dass sie ihn würde abtreten müssen.
«In Absprache mit den zuständigen Kriminalbeamten wollten wir vom Säkularinstitut aus Herrn Müller die Nachricht vom Tod seiner Schwester überbringen, um es ihm etwas erträglicher zu machen. Als unsere Leiterin erfahren hatte, dass er wie ich zur Kur in Bad Kissingen ist, hat sie mich gebeten, dass ich mich hier persönlich an ihn wende.»
«Woher wussten Sie, dass sich Herr Müller im Alten Kurbad aufhält?», fragte die Kommissarin.
«Von seiner Klinik. Die Klinik und das Kurbad arbeiten zusammen. Ich hatte ja eine wichtige Nachricht für ihn.»
«Und Sie selbst waren vorgestern, beim ersten Todesfall, nicht in Bamberg?»
«Nein.»
«Ihnen ist also nicht bekannt, wer die Ermittlungen in Bamberg leitet?»
«Das weiß ich nicht.»
Kommissarin Vogt mutmaßte: «Meiner allerersten Einschätzung zufolge sehen beide Fälle wie ein Doppelmord in Kirchenkreisen aus. Oder gehört ein … wie haben Sie das genannt … säkulares Institut nicht zu einer der Kirchen?»
«Wir stehen fest auf dem Boden der katholischen Kirche», erklärte Gabriela Schauberg.
Auch Dr. Laubmann fühlte sich zu einer Anmerkung genötigt. «Die Institution Kirche hält uns gern unter ihren alles umhüllenden Fittichen. Das gilt für das Säkularinstitut genauso wie für mich als Theologen – falls wir's zulassen.»
Die Kommissarin ging nicht darauf ein, sondern wollte von Gabriela Schauberg nur noch
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