Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
Vom Netzwerk:
aus Gemälden Alter Meister zeigten – links Jesus, rechts Maria –, lagen auf Gertruds Tisch die übrigen Dossiers der Mitglieder des Instituts, also auch jener, die auswärtig lebten.
    Die in den Spiegelsaal mitgenommenen Ordner legte sie dazu und fuhr mit der Hand fast besitzergreifend über den Aktenstapel. Als gegenwärtige Leiterin des Hauses konnte sie bestimmen, was damit geschah – und als zukünftige ebenfalls. Sie würde sich nicht scheuen, die Dossiers klug einzusetzen, um ihr Amt zu behalten sowie den Verkauf des Instituts zu verhindern. Die Akte, die sie betraf, hatte sie in ihrem Schrank versteckt, die dazugehörige Datei im Computer jedoch gelöscht, auch im «Papierkorb».

XX
    DIESMAL HATTEN SIE SICH VERABREDET, genauer, Glaser hatte Lürmann einer Besprechung und einer Vernehmung wegen für diesen Donnerstag, den 19. April, nach Bamberg beordert. Das machte Ernst Lürmann nicht das Geringste aus; denn in einem solch komplexen Fall hätte er die Verantwortung nicht eigenständig tragen mögen. Gutgelaunt stieg er die historistische Behördentreppe in der Polizeidirektion nach oben, zumal er einen Genossen im Schlepptau hatte, der ihn die Fahrt über, von Bad Kissingen hierher, hatte erheitern können.
    Kriminalhauptkommissar Glaser wartete den vormittäglichen Termin in seinem schmucklos gestalteten Büro nicht ohne Anspannung ab, weil er sich von der Zusammenkunft weiterführende Erkenntnisse versprach. Sein Stockschirm lehnte wieder ungenutzt in der Ecke neben dem Handwaschbecken. Glaser wunderte sich nur, dass sein Kollege Lürmann nicht von seinem eigenen Büro aus zu ihm hereinkam, sondern durch die Glastür vom Zimmer Christine Fürbringers, der Sekretärin.
    «Wie konnte ich mir bloß einbilden, dass Sie ihn nicht mitbringen würden, unseren Kriminaltheologen.»
    Kommissar Lürmann fühlte sich überhaupt nicht kritisiert, sondern lächelte, als hätte er für seinen Weitblick ein sattes Lob erhalten – und Laubmann desgleichen.
    «Ihr Duz-Freund ist einer der Hauptverdächtigen; darüber sind Sie sich hoffentlich im Klaren.»
    «Aber auch einer der Hauptzeugen», erwiderte Lürmann selbstbewusst.
    «Ist Oberkommissarin Vogt wenigstens damit einverstanden?»
    «Wir wollten ihr jegliche Aufregung ersparen. Sie ist nervös genug», spöttelte Lürmann.
    «Insubordination, wo man hinblickt», murmelte Glaser.
    Dr. Laubmann war die Freundlichkeit in Person. «Ich helfe, wo ich kann, besonders wenn Sie sich mit Religiösem befassen.»
    «Nicht jeder Mord an einem Kirchensteuerzahler hat automatisch einen religiösen Hintergrund.»
    «Bei sinkenden Steuereinnahmen ist dem Kirchensteueramt jeder Kirchensteuerzahler wichtig, egal ob er religiös ist oder nicht.»
    Nein, jetzt nur keine Debatte mit dem überschlauen Moraltheologen zu Steuerangelegenheiten. Der wäre imstande, das Motiv der Steuergerechtigkeit geistesgeschichtlich in seine Einzelteile zu zerlegen. Da schluckte Glaser lieber seine Verärgerung hinunter. Gegenüber dem Finanzamt handhabte er's ja auch nicht anders.
    Seine Sekretärin schaute ihn durch die Scheibe der Tür mit ihren unschuldig schimmernden Augen fragend an, um zu erfahren, ob Getränke erwünscht seien, doch Kommissar Glaser winkte energisch ab. «Wenn die Herren Platz nehmen würden, wir wollen anfangen.»
    Lürmann und Laubmann kamen der Aufforderung unverzüglich nach und stellten ihre Stühle in einer Art Halbkreis vor dem Schreibtisch Glasers auf, um ihre Teamfähigkeit hervorzuheben.
    Der Kriminalhauptkommissar hatte die nötigen Ermittlungsakten vorbereitet. «Ich werde Ihnen, Kollege Lürmann, erst einmal die inzwischen vorliegenden Ergebnisse vor allem unserer Recherchen hier in Bamberg mitteilen, damit Sie eingeweiht sind. Kollegin Vogt erhält Kopien. Und Herr Laubmann kann meinetwegen zuhören. Sie würden ihm sowieso davon berichten.»
    «Nur, wenn ich's in der konkreten Situation für angebracht hielte», verwahrte sich Lürmann, alldieweil Philipp Laubmann mit Unschuldsmiene den Kopf verneinend schüttelte. Lauter Unschuldige.
    «Punkt eins: Aufgrund der Obduktion können wir in beiden Fällen von einem gewaltsamen Tod ausgehen.
    Punkt zwei: Die DNA-Proben, die den Leichen entnommen wurden, beweisen, dass die getöteten Personen weder Zwillinge noch in sonstiger Weise näher verwandt miteinander waren. Unsere Ahnung hat sich als richtig erwiesen …»
    «Wie ist das denn bitte zu verstehen?» Laubmanns Stimme hatte einen fast vorwurfsvollen Unterton.

Weitere Kostenlose Bücher