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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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hatte. Mittlerweile war dieser Anzug anscheinend etwas kleiner geworden und hinterließ den Eindruck eines altertümlichen Kommunionanzugs. Seinen grauen Übermantel hatte er gottlob an der Garderobe abgegeben.
    ***
    Mit Gläsern und Tellern in den Händen begutachteten Gabriela und Philipp die Entwürfe für das geplante Kissinger Nobelhotel. Die Zeichnungen und Modelle waren in der Manier der Architekten mit grünenden Bäumchen, lustigen Männchen und geräuschlosen Autos versehen, als sollte die Realität ausgespart bleiben.
    «So wirkt selbst der hässlichste Baukörper oder der monströseste Geldspeicher eines Dagobert Duck putzig wie auf einer Spielzeugeisenbahn.» Laubmann konnte sich über alles ärgern.
    Trotzdem fanden sie die Idee eines «Themen-Hotels» reizvoll: möglichst original gehaltene Luxus-Suiten im Stil der berühmten Gäste Bad Kissingens aus früheren Zeiten.
    Eine Zaren-Suite wurde im Bild gezeigt, eine BismarckSuite, eine Kaiser-Franz-Joseph- und eine Sisi-Suite sowie weitere Räumlichkeiten, die nach Königen oder nach Künstlern benannt und entsprechend historisch ausgestaltet waren; aber eben nicht nur im Sinne der üblichen stilistischen Gepflogenheiten der jeweiligen Zeit, sondern konkret den Privatgemächern, den Arbeitszimmern oder den Ateliers der Persönlichkeiten nachgebildet. Bei der Sisi-Suite stand zur Erläuterung geschrieben: «Für alle, die Elisabeth von Österreich noch immer verehren.»
    «Ich verehre, wie Sie wissen, die heilige Elisabeth von Thüringen», verkündete Philipp Laubmann.
    «Ich dachte, Sie verehren Ihre Elisabeth aus Neuseeland», spöttelte Gabriela Schauberg.
    «Sie ist abgereist», sagte Philipp traurig, worauf ihm Gabriela mitleidig den Arm tätschelte.
    In diesem Moment wurde die allgemeine Aufmerksamkeit durch das Abdunkeln des Saals und das Aufleuchten von Scheinwerfern erneut auf die Bühne gelenkt. Ein Zauberkünstler, in Frack und Zylinder, trat zusammen mit einer attraktiven Assistentin auf. Als Einleitung erzählte er, untermalt von alt-wienerischen Melodien, wie er zur Zauberei gekommen sei. Er habe nämlich einst im 1. Bezirk Wiens einen Laden namens «Zauberklingl» entdeckt, in einer Seitenstraße. Einige der dort angebotenen Zauberkunststücke hätten ihn so fasziniert, dass er sich endgültig zum Zauberer berufen gefühlt habe.
    Albert Glöcklein mochte den Vorführungen freilich nicht so gern zusehen, weil die Bühnenassistentin des Zauberkünstlers ein enganliegendes sowie ärmelloses glitzerndes Trikot als Auftrittskostüm gewählt hatte und sie somit nach dem Dafürhalten des Prälaten äußerst spärlich bekleidet war. Er hielt sich bei jedem ihrer Auftritte die Hand vor Augen und war froh, dass er sich zu den Honoratioren der Stadt gesellen durfte, die soeben von einem freien Fotografen der örtlichen Presse abgelichtet wurden. Obwohl er sonst gegen die Journaille zu wettern pflegte, gab er sich jetzt beinahe servil.
    Auch Gabriela und Philipp wurden abgelenkt, denn Philipp erkannte seinen Badearzt Dr. Rüdiger Pabst, der gemeinsam mit der Badegehilfin Barbara Brender den Festsaal betrat. Sie waren offensichtlich ineinander verliebt, denn sie hielten sich eng umschlungen. Laubmann registrierte es ohne Erstaunen. Nur die verbundene Hand störte die aufreizende Abendgarderobe der Badegehilfin.
    Außerdem war Ida Gutwein-Brenner anwesend. Gabriela Schauberg war die Apothekerin noch aus ihrer Zeit als Reporterin bekannt. «Ihr wurde vor Jahrzehnten eine wilde und aufregende Affäre mit Friedolin Engel nachgesagt. Wussten Sie das nicht? – Dagegen verhält sie sich heute geradezu selbstbeherrscht.»
    «Oder von sich selbst beherrscht», meinte Laubmann rabulistisch.
    Überaus auffällig war eine kräftige, große Frau mit fleischigem Gesicht, kurzgeschnittenen naturroten Haaren und einem Piercing am linken Ohr, die es gewagt hatte, in einer ordinären blauen Jeans zu erscheinen. «Elli Hartlieb, die Mineralwasserproduzentin aus Oberbirnenbach im Steigerwald», kommentierte Gabriela Schauberg. «In jungen Jahren, als ihr Vater noch den Betrieb geleitet hat, hat sie sich an jeden Mann herangepirscht, den sie haben wollte.»
    «Die Konkurrentin unseres Gastgebers, was den Kauf des Säkularinstituts anbelangt?» Laubmann war so überrascht, dass er zu essen vergaß.
    «Dieselbe. Sie dürfte indessen auch schon Mitte 40 sein. Früher galt sie als ziemlich rücksichtslos.»
    Elli Hartlieb war mit Jacques Grünfeld, dem Juwelier, in ein

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