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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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gleichermaßen, und Mitte August sehnte er sich verzweifelt danach, einmal eine Explosion mit eigenen Augen zu sehen.
    Ig wusste an jenem Morgen, als er die Vorratskammer betrat und Terry dabei ertappte, wie er einen achtundzwanzig Pfund schweren gefrorenen Truthahn in seinen Schulrucksack stopfte, sofort, was los war. Ig fragte ihn nicht, ob
er ihn begleiten dürfe, und er sagte auch nicht: Wenn ich nicht mitkommen darf, erzähle ich es Mama. Stattdessen schaute er zu, wie sich Terry mit seinem Rucksack abmühte, und als klar war, dass der Truthahn nicht hineinpassen würde, schlug er vor, es mit einem Tragetuch zu probieren. Er holte seine Windjacke aus der Diele, und sie wickelten den Truthahn hinein. Jeder nahm einen Ärmel. So konnten sie ihn problemlos zu zweit tragen, und mir nichts, dir nichts war Ig dabei.
    Mit dem Tragetuch schafften sie es immerhin bis zum Waldrand, und dann, kurz nachdem sie auf den Pfad gelangt waren, der zur alten Gießerei führte, entdeckte Ig einen Einkaufswagen, der neben dem Weg halb im Morast versunken war. Das rechte Vorderrad flatterte wie verrückt, und überall platzte Rost vom Gestänge ab, aber es war immer noch besser, als den Truthahn anderthalb Meilen weit zu schleppen. Natürlich musste Ig den Wagen schieben.
    Die alte Gießerei glich einer weitläufigen mittelalterlichen Festung mit einem riesigen Schornstein, der an einer Seite aufragte, die Mauern durchlöchert wie Schweizer Käse, wo früher Fenster gewesen waren. Umgeben war das Gebäude von einem großen uralten Parkplatz, die Schotterdecke so rissig, dass sie unter den dichten Grasbüscheln, die überall wuchsen, kaum noch sichtbar war. An jenem Nachmittag war dort eine Menge los; Skater hingen in den Ruinen ab, und in einer Mülltonne auf der Rückseite brannte ein Feuer. Ein paar Kids aus dem Trailerpark - zwei Jungs und ein schmuddeliges Mädchen - standen um die Flammen herum. Einer von ihnen hielt einen Stock, auf dem etwas aufgespießt war, das wie ein unförmiges Wiener Würstchen aussah. Es war krumm und verkohlt, und süßer blauer Rauch stieg davon auf.

    »Schaut mal«, sagte das Mädchen, eine pummelige Blondine mit Akne und tief sitzenden Jeans. Ig kannte sie. Sie war in derselben Klassenstufe wie er. Glenna irgendwas. »Da kommt unser Mittagessen.«
    »Scheiße, ist denn schon Erntedank?«, sagte einer der Jungs, ein Typ in einem Highway to Hell -T-Shirt. Mit einer einladenden Geste wies er auf das Feuer, das in der Mülltonne brannte. »Rein mit dem leckeren Luder.«
    Ig, der erst fünfzehn war und sich in Gegenwart älterer Jugendlicher unsicher fühlte, brachte kein Wort heraus; ihm wurde eng in der Brust, als bekäme er gleich einen Asthmaanfall. Aber Terry war lässig. Er war zwei Jahre älter und hatte schon fast einen Führerschein. Dabei verfügte er über eine gewisse schlitzohrige Anmut, und es schien ihm ein Bedürfnis zu sein, für andere den Clown zu spielen. Er sprach für sie beide. Er sprach immer für sie beide - das war nun einmal seine Rolle.
    »Sieht so aus, als wäre das Essen fertig«, sagte Terry und wies mit einem Kopfnicken auf das Ding an dem Stecken. »Euer Hotdog wird schon schwarz.«
    »Das ist kein Hotdog!«, kreischte das Mädchen und krümmte sich vor Lachen. »Das ist Hundekacke! Gary grillt Hundekacke!« Ihre Jeans waren alt und abgetragen, und ihr Tanktop war zu klein und sah aus, als hätte sie es für den halben Preis beim Discounter gekauft. Darüber trug sie jedoch eine schicke schwarze Lederjacke, die europäisch geschnitten war. Sie passte weder zu ihren anderen Klamotten noch zum Wetter - es war viel zu warm. Igs erster Gedanke war, dass sie sie gestohlen hatte.
    »Möchtest du einen Bissen?«, fragte der Typ in dem Highway to Hell -T-Shirt und schwang den Stecken in Terrys Richtung. »Ist gut durch.«

    »Komm schon, Mann«, sagte Terry. »Ich bin eine alternde Jungfrau, spiele Trompete in der Blaskapelle und hab einen kleinen Schwanz. Da muss ich schon genug Scheiße fressen.«
    Die drei brachen in lautes Gelächter aus, vielleicht nicht so sehr aufgrund dessen, was gesagt worden war, sondern wegen dem, der es gesagt hatte - ein schlanker, gut aussehender Junge, der sich ein ausgebleichtes Tuch mit der amerikanischen Flagge darauf um den Kopf gebunden hatte, um seine struppigen schwarzen Haare zu bändigen. Und natürlich wegen der Art und Weise, wie Terry es gesagt hatte, mit einem fröhlichen Überschwang, als würde er genussvoll über jemand anderen

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