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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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stecken und aufs Brett stellen. Glenna schrie von der Mülltonne herüber: »Du schaffst das, Alter!« Aber so sehr sie sich auch bemühte, ihn anzuspornen,
die Verzweiflung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    »Tja«, sagte Terry zu Lee Tourneau, »es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder gehst du als Krüppel durchs Leben oder als Lahmarsch.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Lee.
    Terry seufzte. »Das heißt, traust du dich jetzt, oder traust du dich nicht?«
    Ig, der den Hang schon oft auf seinem Mountainbike runtergerast war, sagte: »Das packst du schon. Du musst keine Angst haben. Der Weg zwischen den Rohren ist wirklich eben, und …«
    »Ich hab keine Angst«, sagte Lee, als hätte Ig ihm etwas besonders Fieses unterstellt.
    »Dann mal los«, sagte Terry.
    »Eins von den Rädern dreht sich nicht richtig«, sagte der Junge.
    Terry lachte - es war ein gemeines Lachen. »Komm, wir gehen, Ig.«
    Ig schob den Einkaufswagen an Lee Tourneau vorbei in den Graben zwischen den beiden Rohren. Lee glotzte den Truthahn an und runzelte die Stirn, verkniff sich aber die Frage, die ihm ins Gesicht geschrieben stand.
    »Wir werden ihn in die Luft jagen«, sagte Ig. »Wenn du willst, kannst du ja zugucken.«
    »Der Einkaufswagen hat einen Kindersitz«, sagte Terry. »Falls du mitfahren möchtest.«
    Das war ein ziemlich mieser Spruch, und Ig schenkte Lee ein mitfühlendes Lächeln. Aber Lees Gesicht blieb so ausdruckslos wie das von Spock auf der Brücke der Enterprise . Er trat beiseite, drückte sich das Board an die Brust und schaute ihnen nach.

    Die Jungs am Fuß des Hügels warteten auf sie. Dort waren auch ein paar Mädchen, ältere Mädchen, die vielleicht schon aufs College gingen. Sie hielten sich nicht am Ufer auf wie die Jungs, sondern sonnten sich auf dem »Coffin Rock«, in Bikinitops und abgeschnittenen Jeans.
    Der Coffin Rock war fünfzehn Meter vom Ufer entfernt, ein großer weißer Fels, der in der Sonne funkelte. Auf einer kleinen Sandbank stromaufwärts lagen ihre Kajaks. Als Ig die Mädchen sah, die sich auf dem Fels ausstreckten, liebte er die Welt. Zwei Brünette, schlank und durchtrainiert mit langen Beinen - Schwestern vielleicht -, saßen beieinander, unterhielten sich leise und starrten zu den Jungs hinüber. Selbst wenn er dem Coffin Rock den Rücken zudrehte, spürte Ig ihre Blicke auf der Haut, als käme das warme Licht am Ufer von ihnen und nicht von der Sonne.
    Ein rundes Dutzend Jungs hatte sich hier versammelt, um sich die Show anzusehen. Sie saßen wie gleichgültig auf Ästen, die über dem Wasser hingen, oder auf Mountainbikes, oder sie hockten auf den Felsen, jedenfalls gaben sich alle die größte Mühe, möglichst cool und griesgrämig auszusehen. Auch daran waren die Mädchen schuld. Sämtliche Jungs wollten älter wirken als alle anderen, eigentlich zu alt, um überhaupt hier zu sein. Sie legten es darauf an, mit ihrer mürrischen Miene und ihrer hochmütigen Haltung den Eindruck zu erwecken, dass sie sich nur hier herumtrieben, weil sie auf einen jüngeren Bruder aufpassen mussten.
    Lediglich Terry zeigte offen seine Begeisterung, wohl weil er wirklich auf seinen jüngeren Bruder aufpasste. Er zerrte den gefrorenen Truthahn aus dem Einkaufswagen und trug ihn zu Eric Hannity hinüber, der von einem Felsen in der Nähe aufstand und sich den Hintern abklopfte.
    »Dann mal ab in den Ofen mit dem Mistvieh«, sagte er.

    »Ich möchte eine Keule«, sagte Terry, und ein paar der Jungs mussten unwillkürlich lachen.
    Eric Hannity war genauso alt wie Terry, ein vorlauter, ungehobelter Rohling, der wusste, wie man einen Football fing, eine Angel auswarf, einen kleinen Motor reparierte und den Mädchen auf das Hinterteil klatschte. Eric Hannity war ein Superheld. Zu allem Überfluss war sein Vater auch noch ein ehemaliger Bundespolizist, der eine Schussverletzung erlitten hatte, wenn auch nicht während einer Schießerei, sondern bei einem Unfall in der Kaserne. Ein Polizist, der erst den dritten Tag ihm Dienst war, hatte eine geladene M1 Garand fallen lassen, und die Kugel hatte Bret Hannity im Unterleib erwischt. Jetzt hatte Erics Vater einen kleinen Laden, in dem er mit Baseball-Sammelkarten handelte. Allerdings hatte Ig dort schon oft genug seine Zeit totgeschlagen, um zu begreifen, dass sein eigentlicher Job darin bestand, wegen einer Abfindung in Höhe von einhunderttausend Dollar gegen seine Versicherung zu prozessieren. Das Geld hätte er längst erhalten sollen, aber aus

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