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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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größer wurde, wobei er seine gelassene, zuvorkommende Miene beibehielt. Caesar schien das nicht weiter zu stören; er machte keine Anstalten, ihr zu folgen, sondern nickte geduldig und trat sogar beiseite, um die Mutter des Mädchens und ein paar ältere Damen - Tanten? - vorbeizulassen.
    Solange ihr Vater sie hinausgeleitete, würde sich für Ig bestimmt keine Möglichkeit ergeben, mit ihr ins Gespräch
zu kommen. Er schaute ihr nach, wobei er sich wünschte, sie würde sich umdrehen und ihm zuwinken, aber das tat sie nicht, natürlich nicht. Inzwischen drängten sich die Menschen im Mittelgang. Igs Vater legte ihm die Hand auf die Schulter, um ihm zu bedeuten, dass sie warten würden, bis sich alles beruhigt hatte. Ig musterte den jungen Caesar, der an ihnen vorbeischlenderte. Er befand sich ebenfalls in Begleitung seines Vaters, eines Mannes mit dichtem blondem Schnurrbart, der nahtlos in seine Koteletten überging - er sah aus wie ein Bösewicht aus einem Film mit Clint Eastwood, einer jener Männer, die neben Lee Van Cleef stehen und gleich zu Beginn des Showdowns erschossen werden.
    Schließlich ließ das Gedränge nach, und Igs Vater nahm die Hand von seiner Schulter, um ihn wissen zu lassen, dass sie nun gehen konnten. Ig trat zwischen den Kirchenbänken hervor und ließ wie gewohnt seine Eltern vorbei, um auf Terry zu warten. Er warf einen sehnsüchtigen Blick zu der Bank hinüber, wo das Mädchen gesessen hatte, als wäre sie dort irgendwie wieder aufgetaucht - und sah mit dem rechten Auge etwas Goldenes aufblitzen. Wieder zuckte er zusammen, schloss das Auge und ging auf die Bank zu.
    Sie hatte ihr kleines goldenes Kreuz dort zurückgelassen; es lag zusammen mit der Goldkette in einem Lichtkreis. Möglicherweise hatte sie es nur hingelegt und dann vergessen, als ihr Vater sie von dem blonden Jungen wegmanövriert hatte. Ig nahm es in die Hand. Er hatte erwartet, dass es kalt sein würde, aber es war warm, wunderbar warm, wie ein Penny, der einen Tag lang in der Sonne gelegen hatte.
    »Iggy?«, rief seine Mutter. »Kommst du?«
    Ig schloss die Faust um die Halskette, wandte sich um und eilte den Mittelgang entlang. Er musste sie unbedingt einholen. Sie hatte ihm die Gelegenheit geboten, sie zu beeindrucken,
etwas zu finden, was sie verloren hatte, sich aufmerksam zu zeigen. Aber als er das Portal erreichte, war sie bereits fort. Er erhaschte einen Blick auf sie, wie sie neben einer ihrer Tanten auf der Rückbank eines mit Holz vertäfelten Kombis saß, während ihre Eltern die Vordersitze einnahmen. Der Wagen reihte sich gerade in den Verkehr ein.
    Na schön. Kein Problem. Der nächste Sonntag kam bestimmt, und wenn Ig ihr die Kette zurückgeben würde, wäre sie nicht mehr kaputt, und dann würde er auch wissen, was er zu ihr sagen wollte, wenn er sich vorstellte.

KAPITEL 12
    Drei Tage bevor Ig und Merrin einander das erste Mal begegneten, wurde Sean Philips, ein Soldat im Ruhestand, der auf der Nordseite des Pool Pond wohnte, von einer ohrenbetäubenden blechernen Explosion aus dem Schlaf gerissen. Noch nicht richtig wach und einigermaßen benommen, glaubte er einen Moment lang, wieder auf der USS Eisenhower zu sein, und jemand habe gerade eine RAM abgefeuert. Dann hörte er Gelächter und das Quietschen von Reifen. Er stand vom Boden auf - er war aus dem Bett gefallen und hatte sich die Hüfte geprellt -, schob den Vorhang beiseite und sah gerade noch, wie ein beschissener Road Runner davonraste. Sein Briefkasten war vom Pfosten weggesprengt worden und lag zerbeult und qualmend in der Einfahrt. Er war so voller Löcher, dass er aussah, als hätte jemand eine Schrotflinte auf ihn abgefeuert.
    Spät am nächsten Nachmittag folgte eine weitere Explosion, dieses Mal im Müllcontainer hinter dem Woolworth. Die Bombe ging mit einem lauten Knall hoch, und lichterloh brennender Abfall flog zehn Meter weit durch die Luft. Zeitungen und Verpackungsmaterial regneten herab, und mehrere parkende Fahrzeuge wurden beschädigt.
    An jenem Sonntag, an dem Ig sich in das fremde Mädchen verliebte, das in der Kirche auf der anderen Seite des
Mittelgangs saß - oder zumindest scharf auf sie wurde -, kam es in Gideon zu einer dritten Explosion. In einer Toilette im McDonald’s in der Harper Street ging eine Cherry Bomb hoch, eine Art Superböller, der in etwa die Sprengkraft einer Viertelstange TNT besaß. Eine Klobrille wurde weggesprengt, die Schüssel bekam einen Riss, und der Spülkasten zerbarst und setzte den Raum

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