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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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unter Wasser. Die Männertoilette füllte sich mit schmierigem schwarzem Rauch. Das Gebäude wurde evakuiert, bis die Feuerwehr festgestellt hatte, dass es wieder gefahrlos zu betreten war. Über den Vorfall wurde am Montag auf der Titelseite des Gideon Ledger berichtet, verbunden mit einem offiziellen Appell an die Übeltäter, damit aufzuhören, bevor noch jemand ein paar Finger oder ein Auge verlor.
    Schon seit Wochen flogen in der Stadt Dinge in die Luft. Angefangen hatte das ein paar Tage vor dem 4. Juli, und nach dem Feiertag war es einfach weitergegangen. Terence Perrish und sein Freund Eric Hannity waren dabei nicht einmal die Hauptschuldigen. Wenn sie etwas kaputt machten, dann gehörte es in der Regel ihnen selbst, und außerdem waren sie zu jung, um nachts mit einem gestohlenen Wagen eine Spritztour zu unternehmen und anderer Leute Briefkästen in die Luft zu jagen.
    Aber.
    Aber Eric und Terry waren sehr wohl in Seabrook am Strand gewesen, als Erics Vetter Jeremy Rigg in das Feuerwerksdepot hineinspaziert und mit einer Kiste von achtundvierzig Kirschbomben wieder herausgekommen war, von denen er behauptete, sie seien in der guten alten Zeit hergestellt worden, bevor ein Gesetz die Sprengkraft solcher Böller eingeschränkt habe. Jeremy hatte Eric sechs davon in die Hand gedrückt, als verspätetes Geburtstagsgeschenk,
wie er sagte, wenngleich sein eigentliches Motiv wohl eher Mitleid gewesen sein dürfte. Erics Vater war damals schon seit über einem Jahr arbeitslos, und es ging ihm nicht gut.
    Es ist möglich, dass Jeremy Rigg der »Patient Null« jener Epidemie von Explosionen war und sich die zahlreichen Böller, die in jenem Sommer hochgingen, auf die eine oder andere Weise bis zu ihm zurückzuverfolgen ließen. Vielleicht hatte Rigg sie aber auch nur gekauft, weil andere Jungs das auch taten, weil es eben gerade Mode war. Vielleicht hatte die Epidemie auch einfach mehrere Ausgangspunkte. Ig fand das nie heraus, und letztlich spielte es keine Rolle. Ebenso gut könnte man sich fragen, wie das Böse in die Welt gekommen sei oder was mit jemandem nach dessen Tod geschah: eine interessante philosophische Übung, die auf eigentümliche Weise sinnlos war, denn das Böse gab es nun einmal, und Menschen starben eben, ganz egal, wie oder warum. Von Bedeutung war nur, dass Eric und Terry seit Anfang August wie jeder andere männliche Teenager in Gideon den starken Drang verspürten, Dinge in die Luft zu jagen.
    Die Böller selbst wurden »Eve’s Cherries« genannt - rote Kugeln von der Größe eines Apfels mit der feinkörnigen Oberflächenstruktur eines Ziegelsteins und der daraufgestanzten Silhouette einer fast nackten Frau. Sie hatte die unglaubwürdigen Proportionen eines Pin-up-Girls: Busen wie Wasserbälle und eine Wespentaille, die schmaler war als ihre Oberschenkel. Im Schritt trug sie - eine rein symbolische Geste - ein Ahornblatt, woraus Eric Hannity schlussfolgerte, dass sie eine verdammte Kanadierschlampe war, die nur darauf wartete, dass man ihr die Titten anzündete.

    Die erste Kirschbombe ließen Eric und Terry in der Garage von Erics Eltern hochgehen. Sie warfen sie in eine Mülltonne und nahmen die Beine in die Hand. Bei der darauf folgenden Explosion wurde die Tonne umgerissen und über den Betonboden geschleudert, und der Deckel nahm Kurs auf die Dachsparren. Als er wieder zur Landung ansetzte, stieg Rauch von ihm auf, und er war in der Mitte gebogen, als hätte jemand versucht, ihn zu zerbrechen. Ig war nicht dabei, aber Terry erzählte ihm alles, auch wie ihnen hinterher die Ohren klingelten, so dass sie ihr eigenes Geschrei nicht mehr hören konnten. Noch weitere Dinge fielen ihrer Zerstörungswut zum Opfer: eine Schaufensterpuppe, ein alter Reifen, den sie einen Hügel hinunterrollen ließen, nachdem sie einen der Böller mit Klebeband darin befestigt hatten, und eine Wassermelone. Ig war bei keiner der fraglichen Detonationen zugegen, aber sein Bruder beschrieb ihm stets haarklein, was er verpasst hatte. Ig wusste zum Beispiel, dass von der Puppe nichts übrig geblieben war außer einem verkohlten Fuß, der vom Himmel fiel, in Erics Einfahrt landete und auf dem Asphalt einen Stepptanz hinlegte. Der Gestank des brennenden Reifens sei so stark gewesen, dass allen, die sich in Reichweite befanden, ganz schwindelig und übel wurde. Und als die Wassermelone explodierte, stand Eric Hannity zu nahe dran und musste hinterher duschen. Diese Einzelheiten begeisterten und quälten Ig

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