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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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golden. Dann zerstreuten sie sich und glitten ins Unterholz davon. Ig meinte zu bemerken, dass einige von ihnen irgendwie enttäuscht wirkten.
    Er stapfte zur Gießerei zurück und zog sich in eine Fensteröffnung hinauf, die sich fast zwei Meter über dem Boden befand. Dann drehte er sich um und schaute ein letztes Mal in die Dämmerung hinaus. Eine einzige Schlange hatte seinen Befehl ignoriert und war ihm bis zur Ruine gefolgt. Sie
raschelte direkt unter ihm unruhig herum, eine zart gemusterte kleine Strumpfbandnatter, die ihn mit dem aufgeregten, sehnsüchtigen Blick eines Groupies anstarrte, das unbedingt von seinem Star bemerkt werden mochte.
    »Los, leg dich irgendwo in die Sonne, aber lass mich in Ruhe!«, schrie Ig.
    Vielleicht bildete er sich das nur ein, aber sie schien nun noch aufgeregter hin und her zu schnellen, fast ekstatisch. Er musste an Spermien denken, die den Geburtskanal hinaufschwammen, an freigesetzte erotische Energie - und erschrak über sich selbst. Er wirbelte herum und machte, dass er wegkam.
     
    Er saß mit seiner Flasche im Hochofen, und mit jedem Schluck Wein, den er trank, dehnte sich die Dunkelheit um ihn herum aus und wurde üppiger. Als der letzte Rest Merlot vertilgt war und es keinen Zweck mehr hatte, an der Flasche zu nuckeln, nuckelte er stattdessen an dem Daumen, in den ihn die Schlange gebissen hatte.
    Im Gremlin zu schlafen kam nicht infrage - an das letzte Mal, dass er dort eingedöst war, hatte er schlechte Erinnerungen, und er wollte auch nicht unter einer Windschutzscheibe aufwachen, auf der es nur so von Schlangen wimmelte.
    Ig hätte gern die Kerzen angezündet, aber er war sich nicht sicher, ob es den Aufwand wert war, zum Wagen zu gehen und ein Feuerzeug zu holen. Außerdem war er nicht scharf darauf, sich im Dunkeln an einer Armee Schlangen vorbeizuschleichen. Bestimmt lauerten sie noch dort draußen auf ihn.
    Vielleicht lagen hier ja irgendwo ein Feuerzeug oder Streichhölzer herum? Er griff in die Hosentasche, um sein
Handy herauszuholen und mit dem Licht des Displays den Boden abzusuchen. Aber das Erste, was er ertastete, war nicht das Telefon, sondern eine schmale Pappschachtel, die sich anfühlte wie … aber das war doch nicht möglich!
    Eine Streichholzschachtel. Er zog sie aus der Tasche und starrte sie an. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken, und das nicht nur, weil er kein Raucher war und deshalb nicht wusste, woher diese Schachtel stammte.
    Auf dem Deckel stand in schwarzer Schnörkelschrift: Lucifer Matches . Daneben war die Silhouette eines spitzbärtigen Teufels abgebildet, der den Kopf in den Nacken warf und die Hörner himmelwärts reckte.
    Für einen kurzen Augenblick war es wieder da - das, was in der vergangenen Nacht geschehen war, was er getan hatte. Aber als er versuchte, es zu fassen zu bekommen, entglitt es ihm wieder. Es war so glitschig wie eine Schlange im Gras.
    Ig öffnete das kleine Schubfach der Schachtel. Es lagen ein paar Dutzend irgendwie gefährlich aussehender Streichhölzer mit schwarzviolettem Kopf darin. Sie rochen sonderbar, wie faule Eier, und er dachte, dass sie alt sein mussten, so alt, dass es ein Wunder wäre, wenn sie noch angingen. Er zog ein Streichholz über die Reibefläche, und es flammte beim ersten Versuch auf.
    Ig zündete die Kerzen an, eine nach der anderen. Insgesamt waren es sechs, und sie waren in einem lockeren Halbkreis angeordnet. Alsbald tauchten sie die Ziegelsteine in rötliches Licht, und Ig sah seinen Schatten an der gewölbten Decke tanzen. Die Hörner waren nicht zu übersehen. Als er den Blick senkte, bemerkte er, dass das Streichholz abgebrannt war. Er hatte es nicht bemerkt, hatte keinen Schmerz verspürt, als die Flamme an seiner Haut erlosch.
Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander und schaute zu, wie die verkohlten Überreste des Streichholzes zerbröselten. Der Daumen, in den die Rattennatter gebissen hatte, tat nicht mehr weh. In dem trüben Lichtschein konnte er nicht einmal mehr die Wunde entdecken.
    Ig fragte sich, wie spät es wohl war. Er besaß keine Armbanduhr, aber er hatte ein Handy, also schaltete er es wieder an: beinahe neun. Der Akku war fast leer. Und er hatte fünf Nachrichten erhalten. Er nahm das Telefon ans Ohr und spielte sie ab.
    Die erste: »Ig, hier ist Terry. Vera liegt im Krankenhaus. Die Bremsen an ihrem Rollstuhl haben versagt, und sie ist den Hügel runtergerollt und in den Zaun gekracht. Sie kann von Glück reden, dass sie noch lebt. Aber sie hat sich

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