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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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steckte, fühlte er Ekel und Abscheu in sich aufsteigen. Schon allein von dem Gedanken,
Lee Tourneau könnte sich in Glennas Nähe aufhalten, wurde ihm schlecht, und er hatte Angst um sie. Aber dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Das Telefon schaltete zur letzten Nachricht weiter, und nach einer kurzen Pause ertönte wieder Terrys Stimme.
    »Bin noch immer im Krankenhaus«, sagte er. »Ich mach mir ehrlich gesagt mehr Sorgen um dich als um Vera. Niemand weiß, wo du steckst, und du gehst nicht an dein Scheißtelefon. Ich hab bei Glenna vorbeigeschaut, aber sie hat gesagt, dass sie dich seit gestern Abend nicht mehr gesehen hat. Habt ihr euch gestritten? Sie sah nicht gut aus.« Terry hielt inne, und als er weitersprach, klangen seine Worte wohlüberlegt, so als hätte er sie besonders sorgfältig ausgewählt. »Ich weiß, dass ich mit dir geredet habe, seit ich hier eingetroffen bin, aber ich kann mich nicht erinnern, ob wir irgendwelche Pläne gemacht haben. Ich weiß es einfach nicht. Mein Kopf funktioniert nicht richtig. Wenn du das hier hörst, dann ruf mich an. Lass mich wissen, wo du bist.« Ig dachte, das wäre alles gewesen und Terry würde jetzt auflegen. Stattdessen hörte er ein leises Keuchen, und dann sagte sein Bruder mit ängstlicher heiserer Stimme: »Warum kann ich mich nicht erinnern, über was wir geredet haben?«
     
    Jede Kerze warf ihren eigenen Schatten auf die gewölbte Backsteindecke, so dass sich sechs gesichtslose Teufel über Ig beugten, Trauernde in Schwarz, die sich um einen Sarg versammelt hatten. Sie wiegten sich im Rhythmus eines Klagelieds hin und her, das nur sie hören konnten.
    Ig kaute auf seinem Bart und machte sich Sorgen um Glenna. Würde Lee Tourneau ihr heute Abend einen Besuch abstatten, um nach ihm zu suchen? Aber als er sie anrief,
schaltete sich sofort die Mailbox an, ohne dass es überhaupt geklingelt hätte. Er hinterließ keine Nachricht. Was hätte er auch sagen sollen? Hallo, Schatz, ich komme heute Abend nicht nach Hause … Ich möchte erst mal rausfinden, was es mit den Hörnern auf sich hat, die mir aus dem Kopf gewachsen sind. Ach, und übrigens, du solltest Lee Tourneau nicht noch mal den Schwanz lutschen. Das ist ein ziemlich übler Kerl. Wenn sie nicht ans Telefon ging, dann schlief sie wahrscheinlich. Sie hatte gesagt, es gehe ihr nicht gut. Dabei sollte er es belassen. Lee würde nicht um Mitternacht mit einer Axt bei ihr auftauchen und die Tür einschlagen. Er wollte nur dafür sorgen, dass Ig keine Bedrohung mehr für ihn darstellt, und das mit möglichst geringem Risiko für sich selbst.
    Ig hob die Flasche an die Lippen, aber es kam nichts heraus. Er hatte sie schon vor einer ganzen Weile ausgetrunken, und sie war immer noch leer. So eine verdammte Scheiße! Es war schon schlimm genug, von der Menschheit ausgestoßen zu werden, aber musste er auch noch nüchtern bleiben? Er wandte sich um und wollte die Flasche wegschleudern, hielt jedoch im letzten Moment inne und starrte durch die offene Ofenklappe.
    Die Schlangen hatten einen Weg in die Gießerei gefunden, und zwar so viele, dass ihm der Atem stockte. Vielleicht Hunderte. Vor der Klappe wogte ein wirres Knäuel, und ihre gierigen Augen funkelten im Kerzenschein. Nach kurzem Zögern führte er seine Bewegung zu Ende und warf die Flasche. Sie krachte auf den Boden, und Splitter stoben in alle Richtungen. Die meisten Schlangen glitten davon und verschwanden unter Ziegelhaufen oder durch eine der zahlreichen Fensteröffnungen. Einige zogen sich jedoch nur ein paar Meter zurück und musterten ihn fast vorwurfsvoll.

    Ig knallte die Luke zu, warf sich auf das schmutzige Bett und zog sich die Decke über den Kopf. In seinem Kopf tobte ein Tumult zorniger Stimmen - Menschen schrien ihn an, gestanden ihm ihre Sünden und baten ihn um Erlaubnis, noch mehr zu begehen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er in den Schlaf finden würde. Aber der Schlaf fand ihn und zog ihm einen schwarzen Sack über den Kopf, bis er das Bewusstsein verlor. Während der nächsten sechs Stunden hätte er ebenso gut tot sein können.

KAPITEL 25
    Ig wachte auf und fand sich im Hochofen wieder, wo er sich in die alte Decke mit den Pisseflecken gehüllt hatte. Am Boden des Kamins war es erfrischend kühl, und er fühlte sich ausgeschlafen und bei Kräften. Als sein Kopf allmählich klarer wurde, schoss ihm ein Gedanke durchs Hirn, der glücklichste Gedanke seines Lebens. Er hatte alles nur geträumt - von Anfang bis

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