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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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seit Tagen nicht gewaschen und stank nach Soldatenschweiß.
    Schwer schnaufend suchte der Abt Halt in den Gesichtern der Versammelten, doch die Menschen verweigerten sich ihm, er glitt an ihnen ab. Sie blickten hart, verdammten ihn und teilten ihm wortlos mit, dass er ein Abtrünniger und Häretiker war und sie ihn in wenigen Sekunden gemessen, gewogen und der Ketzerei und des Hochverrats an Gottes Majestät für schuldig befunden hatten.
    «Gott vergib mir!»
    Er biss die Zähne zusammen, ließ sich von der Bühne zerren und entschied, nicht dagegen anzukämpfen.
    Er musste seine Kräfte schonen!
    Diese Demütigung war lediglich ein Vorgeschmack. Die wirkliche Tortur würde erst beginnen, irgend in einer gruftigen Kammer der Hexenjäger, fern von jeglichem Tageslicht.
    Was er jetzt tun musste, war, etwas von seiner Würde retten – er musste einfach etwas Rückgrat zeigen und noch ein bisschen aufrecht stehen bleiben.
     

Kapitel 6
Arno
    Juli anno domini 1587
    Einen Tag später
     
     
    Die Kehle trocken, staubig, wischte sich Arno über die Stirn und starrte auf trutzige Türme, die vor seinen Augen leicht wankten und doch furchtbar standfest wirkten.
    Er hatte es geschafft!
    Vor ihm, das musste Kummerlingen sein, das Städtchen, das Pater Clemens beschrieben hatte und in das Mirjam und Lena verschleppt worden waren!
    Er holte Atem und ging schwankenden Schrittes vorwärts.
    Er würde nichts unversucht lassen. Er würde die Wärter überlisten, wenn es sein müsste, grübe er wie eine Maus einen Tunnel oder sprengte mit Pulver ein Loch in den Turm. Auch die dicksten Wälle, die schwersten Schlösser würden ihm nicht standhalten!
    Plötzlich war ihm, als hörte er aus der Ferne Gelächter und als lösten sich die Türme im Flimmerlicht auf.
    Verwirrt blieb er stehen, presste die aufgesprungenen, brennenden Lippen zusammen und blickte sich um.
    Doch da war niemand.
    Das Gelächter war bloß Einbildung, er hatte wenig geschlafen, er träumte bei Tag, hörte Stimmen, die es gar nicht gab.
    Die Einsicht jagte ihm heiße, fiebrige Schauer durch die Knochen, und er glaubte, an Ort und Stelle niederzusacken.
    Warum nicht einfach die Augen schließen?
    Sich hinlegen, wegtauchen und vergessen?
    Verbissen hielt er sich auf den Beinen und entschied sich gegen die Verlockungen des Schlummers. Er würde jetzt nicht schwach werden. Denn noch heute musste er das Gefängnis finden und Mirjam und Lena wiedersehen. Für sie war er hierhergekommen und für sie würde er bis ans Ende der Welt gehen, auch mit Füssen, von denen sich die Haut schälte! Weiter, nur weiter!
    Wenige Schritte nur hatte er getan, da fuhr der Wind in sein Hemd und blies es wie ein Segel auf. Er stopfte den überflüssigen Stoff in die Hose, schnallte den Gürtel enger und nahm sich vor, das nächste Mal überlegter vorzugehen. Vor allem die Gänse würde er besser im Auge behalten und die Fluchtwege vorher abklären, um in der Hektik nicht wieder das Hemd eines Riesen von der Leine zu klauben und beinahe von einem mistgabelbewehrten Bauern aufgespießt zu werden.
    Er stapfte weiter und verbot es sich, noch länger über den Fehlgriff nachzudenken und sich ein Gewissen zu machen, denn man würde den Diebstahl verkraften, Haus und Stall gehörten keinem Schuldenbauern.
    Vorwärts.
    Er ging, seine Füße schmerzten, und er spürte sie nicht.
    Endlos zog sich das letzte Wegstück hin, und mit jedem Schritt, mit dem er sich auf der Straße vorkämpfte, schien die Stadt zehn Schritte von ihm wegzurücken.
    Als er endlich auf ein Tor zuschritt, war ihm leicht schwindlig, und je näher er dem geharnischten Mann kam, der davor Wache schob, desto heftiger pochte seine Wunde am Kopf.
    «Halt, wohin, du Milchgesicht?», rief ihm der Mann zu.
    Arno blieb stehen und stellte fest, dass der Mann nicht allein war und im Hintergrund, in einem Holzverschlag, drei Wächter Karten spielten.
    «Zum Rathaus», würgte er heraus, «ich bin vom Kloster Sponhausen. Dieser Brief ist für den Bürgermeister!»
    Er war sich nicht sicher, ob er überzeugend gelogen hatte, und äugte vorsichtig zu den spielenden Wächtern, die, so glaubte er zu erkennen, ihre Nasen lieber in die Karten streckten als zu den Menschen, die sie kontrollieren sollten.
    «Ein Brief?»
    Der Wächter rückte dicht an ihn heran und scharfer Schweiß, vermutlich der Schweiß von Wochen, gemischt mit fauligem Atem aus gelbschwarzen Zahnreihen, stach ihm in die Nase.
    «Nun gib ihn schon, den Brief!»
    Arno reichte

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