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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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der Hohn war wie aus den Gesichtern der Schaulustigen gewischt.
    In der Absicht, Möeden keine Zeit zum Nachdenken zu geben, bückte er sich und hielt den Menschen in der vordersten Reihe den Ring zur Begutachtung hin.
    «Halt! Zurück!»
    Es war kein schneidiger Befehl, der Hexenkommissar hatte nicht schärfer geredet als zuvor, aber er wurde befolgt – die Menschen in der vorderen Reihe erstarrten, und keiner wagte es, nach dem Ring zu greifen.
    «Ihr ehrfürchtigen Christen, Ihr wisst, dass Luzifer zum Endkampf rüstet. Ihr wisst, dass wir gestern Abend Hexengeschmeiß in den Turm geworfen haben, und Ihr wisst, dass dies den Höllenfürsten nicht recht sein kann. Die rächen sich, die lassen nicht auf sich warten. Aber wir sind auch nicht auf den Kopf gefallen, wir durchschauen ihre Angriffe, wir erkennen, wenn etwas zum Himmel stinkt, wir sehen den Pferdefuß, wenn ein Geistlicher auf Brettern der Spiel-und Vergnügungslust steht und Ringe verteilt. Oder habt Ihr je einen Geistlichen von Rang auf einer Theaterbühne gesehen?»
    Der Abt presste Luft zwischen den Zähnen hindurch und hielt die Hand auf die Lippen.
    Nur nicht schreien!
    Auf keinen Fall die Haltung verlieren!
    Um Herrgotts willen, einmal, nur einmal in seinem Leben musste er stärker sein als sein unseliger Jähzorn!
    «Habt Ihr ihn schon einmal gesehen?», höhnte vor ihm die Stimme des Hexenkommissars. «Seid Ihr dem ehrwürdigen Abt von Sponhausen schon einmal begegnet? Wer von euch kennt ihn? Oder ist der Mann, der vor uns steht, am Ende gar kein Geistlicher?»
    Die ausgeworfenen Haken verfingen sich, die Menschen bissen an, schluckten sie.
    Aus finsteren Augen guckten sie ihn an, einige buhten ihn aus und streckten winkend die Hände in die Höhe. Richtig laut wurden sie trotzdem nicht, Möedens Unterstellungen wirkten, man hielt sich zurück und erlaubte sich gerade so viel Gezeter und Gehässigkeit wie vor einer ausgehungerten Wildkatze, die in einem hölzernen Raubtierkäfig herumtigerte und mit der Pranke nach den Gitterstäben schlug.
    Er griff sich an die Brust und glaubte, dass die Welt ruckelnd ins Stocken geriet.
    Alles war aus den Fugen und kleine Blitze zuckten in seinem Sichtfeld.
    Die Bretter der Bühne wankten, ebenso der Hexenkommissar, die Menschen und die Häuser ringsherum.
    «Du verlogener Hund!», brüllte er, «du windschiefe Satanspisse! Du Scheißhaus aller Drecksteufel!»
    Auf dem Platz wurde es totenstill.
    Wie gelähmt sah der Abt zu Möeden.
    Was hatte er getan?
    Der Hexenkommissar schüttelte den Kopf nicht, er verriet auch sonst keine Gedanken.
    «Redet ein Mann Gottes so?»
    Er wölbte die Lippe, wandte sich um und schrie zu den Menschen:
    «Eine solche Sprache lernt man wohl kaum in der Kirche. Das ist die Sprache des Gegenreichs, der Hölle, das ist die Sprache Luzifers!»
    Die heftige, bebende Stimme wirkte, nach dem professoralen Drohgesäusel war sie der jähe Trompetenstoß, der aufschreckte und mit dem man zum offenen Angriff blies.
    «Das ist bloß ein Mönch, das ist kein Abt, ich habe ihn bei der Hexe im Wald gesehen!»
    Es war ein hochgeschossener Irgendjemand, der sekundierte, und ein kleiner rötlicher Feistkopf ereiferte sich: «Das stimmt, ich habe ihn auch gesehen, im Wald, mit der Hexe!»
    «Hütet euch», schrie es aus einem anderen Hals, «der Mann spricht gut, flucht gut, der Mann trägt einen kostbaren Talar. Wenn das kein Teufelsbündler ist!»
    Würgend und mit trockener Kehle schaute der Abt zu Möeden.
    Er hatte mit seiner Verhaftung gerechnet. Aber diese Häscher waren nun keine Ahnung mehr, sie waren Wirklichkeit, sie würden ihn ergreifen, schonungslos, sie würden keine Rücksicht auf seine Gebresten nehmen.
    Sie würden ihn misshandeln, plagen, foltern.
    «Führt ihn ab!»
    Ein Fingerzeig und, wie dem Abt schien, der Ansatz eines süffisanten Grinsens begleiteten den Befehl.
    Mit dröhnendem Schädel blickte er zu, wie drei Waffenknechte mit Schwung auf das Podest sprangen. Noch bevor er sich auf die harten Griffe einstellen konnte, packten sie ihn, drehten ihm die Arme auf den Rücken und schienen ihn auseinanderzureißen. Gespenstische Bilder schossen ihm durch den Kopf, Bilder vom Sensenmann, wie ihn die Künstler in Kapellen und Kirchen gestalteten.
    Er senkte das Kinn und versuchte, sich nicht zu verspannen.
    Diese Bilder waren falsch.
    Der Tod war kein Gerippe, er trug Lederhandschuhe, war sogar in eine weite Hose gekleidet und war voller jugendlicher Kraft. Und er hatte sich

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