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Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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hinter einer hellgrauen Wolkendecke. Obwohl nur an wenigen Tagen in London die Temperaturen unter null sanken, hatte er einen dieser Tage erwischt. Aber die klare Kälte tat seinem erhitzten Gemüt gut, denn es brannte ihm wie Feuer unter den Nägeln, die Hexe endlich in den Schwitzkasten zu nehmen. Sein Mobiltelefon vibrierte in der Manteltasche. Er konnte das Teil nicht ausstehen, denn es besaß die Angewohnheit, sich in den ungünstigsten Momenten zu Wort zu melden. Umständlich fischte er es heraus und klappte es auf. »Ja?«, blaffte er in die Sprechmuschel.
    »Hier ist David. Ich dachte, du wolltest wissen, wohin Anna Graf unterwegs ist.«
    Sein Sohn machte seinen Job wirklich gut. Leider kannte er ihn zu wenig, um etwas wie Stolz zu empfinden. »Natürlich. Hast du es herausgefunden? Sind die Späher am Ziel?«
    »Nein, aber sie sind in Italien, fahren Richtung Neapel. Ich denke, sie besuchen die del Rossis.«
    »Gute Arbeit, David. Die Späher sollen am Ball bleiben. Schick die Leute vom Team los, die Walter ausgewählt hat. Und tu uns allen einen Gefallen. Walter kann sie und Kevin begleiten. Je früher wir ihn los sind, desto besser.«
    David lachte. »Ich wollte schon dasselbe vorschlagen, war mir aber nicht sicher, ob ich das sagen kann.«
    »Ich meine es ernst, David.«
    Einen Augenblick blies es stumm am anderen Ende der Leitung, doch dann räusperte er sich. »Ich werde deine Anweisung weitergeben.«
    Aldwyn legte auf. Das lief ja wie am Schnürchen. Nun hatten sie auch Miss Graf so gut wie sicher. Er fuhr sich durch seinen Bart. Glückshormone tanzten durch seinen Körper. Er verstaute das Handy zurück in die Tasche und versprach sich, es zukünftig nicht mehr zu hassen.
    Eine Gruppe Männer stach ihm ins Auge und er erkannte Rob, den Hexenmeister, der ihm schon seit dreißig Jahren diente. Er schob einen Rollstuhl, in dem eine regungslose Frau saß. Aldwyn musste zweimal hinsehen, um Marla Cole zu erkennen. Sie war blass, hatte an Gewicht verloren und ihre sonst gepflegten Locken wirkten talgig. Sein Herz machte einen Satz. Endlich.
    »Mr. Eltringham.« Ein kleiner, hagerer Kerl trat auf ihn zu und schüttelte seine Hand.
    Er konnte das Gesicht nicht zuordnen. »Und Sie sind?«
    »Tom, Sir. Ich bin für Michael mitgeflogen. Er war verhindert.«
    Aldwyn musterte ihn abschätzend und schluckte die spitze Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, hinunter. Warum widersetzten sie sich seinen Anordnungen und tauschten die Arbeit, wie es ihnen passte? Sein Magen rumorte, aber das war gut. Er gab ja jemanden, an dem er seine aufgestaute Wut später abladen konnte. »Mrs. Cole, wie schön, Sie zu sehen.« Er lächelte Marla an, doch sie konnte wegen des Fluches keine Miene verziehen. Er kniff ihr in die Wange, als wäre sie ein Kleinkind.
    »Rob, Sie begleiten mich zum Wagen. Der Rest kann schon zurück ins Flugzeug steigen.« Er nickte den restlichen Männern zu, schenkte ihnen keine weitere Beachtung und wandte sich ab.
    Rob heftete sich mit dem Rollstuhl an seine Fersen. Es gestaltete sich schwierig, zu dritt die Wand der hastenden Menschenmassen zu durchbrechen. Langsam bahnten sie sich einen Weg durch die Mitte. Er durfte die Hexe unter keinen Umständen aus den Augen lassen, denn sie war bekannt für ihre gerissenen Spielchen. Sie wichen ein paar rücksichtslosen Grobianen aus und traten ins Freie.
    Aldwyn zog den Kragen seines Mantels höher und deutete auf den Wagen. Rob schob Marla wortlos weiter.
    »Setzen Sie Mrs. Cole auf die Rückbank und fliegen Sie nach Hause.«
    Rob gehorchte. Er war schon immer ein guter Mitarbeiter gewesen, viel problemloser als die anderen Menschen. Er stellte keine Fragen, tat, was er von ihm verlangte, und freute sich vermutlich über sein dickes Gehalt am Ende des Monats. Die schwache Rasse war manchmal leicht zu ködern. »Vielen Dank, Rob. Das ist für Sie.« Er zog einen Umschlag aus der Tasche und überreichte ihn dem Späher. »Sagen Sie den anderen nichts davon. Ich wünsche einen guten Heimflug.«
    »Danke, Sir. Bis bald.« Er verschwand schnellen Schrittes ins Gebäude zurück.
    Aldwyn klopfte auf das Wagendach und schob seine schweren Knochen neben Marla auf die Rückbank. Die Gelenke knackten. Noch bevor er seinen Gehstock in den Wagen gehoben und die Tür geschlossen hatte, gab er das Kommando zur Abfahrt. Eine ganze Weile fuhren sie schweigend, doch er hielt es nicht aus, mit seinen Fragen bis zum Jagdschloss zu warten. Die innere Unruhe fraß ihn nahezu auf.

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