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Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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stand nicht ein winziges Wölkchen. Wo war der Schnee abgeblieben?
    »Den kläglichen Rest haben wir schon vor vierhundert Kilometern hinter uns gelassen. In vielleicht einer Stunde erreichen wir Neapel.«
    Neapel? Das lag ziemlich im Süden Italiens. Sie musste mehrere Stunden tief und fest geschlafen haben. Aber sie war und blieb eben nur ein Mensch. Ihr Hirn fühlte sich zermürbt an. Offensichtlich hatten ihre Gedanken nicht geruht. Aber wie sollten sie das auch? Was sie vorhatte, war schlimmer als der Mord an Waltraud. Josh hatte ihr auf zauberhaft charmante Art ein Ja entlockt. Aber hätte er ein Nein geduldet? Bloß weil er es nicht darauf anlegte, sich mit Gewalt das zu nehmen, was er wollte, hieß das nicht, dass er es notfalls nicht tun würde. Sie hatten Sebastian und Josh las jeden ihrer Gedanken. Egal, wie sehr sie sich anstrengen würde, ihm glaubhaft zu verkaufen, dass sie Kira wecken würde und dann doch den Engel rief, ihre Gedanken würden die Lüge unverblümt entlarven.
    »Du denkst zu viel nach.«
    Sie strich die Haare hinters Ohr. Für eine Dusche hätte sie in diesem Augenblick ihre Seele verkauft.
    »Nicht schon wieder. Deine Seele ist das Teuerste, was du besitzt.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das tun kann.« Sie konnte es nicht länger zurückhalten. »Ich kann Kira del Rossi nicht ins Leben zurückholen.«
    »Ich werde dir keine Wahl lassen, Anna.« Sein freundlicher Gesichtsausdruck starb. Er presste die Kiefer zusammen und schob die Unterlippe vor.
    Warum musste er sie ständig daran erinnern, dass kein Freund neben ihr saß? Hatte sie ihren Verstand in Salims miefiger Bude vergessen? Josh Fingerless hatte mittlerweile mindestens dreihundert Menschen auf dem Gewissen und er schrak sicher nicht davor zurück, die Anzahl in kürzester Zeit zu verdoppeln. Er war freundlich zu ihr, weil er etwas von ihr wollte, und er nutzte seinen Bruder als Druckmittel. Sie schüttelte sich innerlich. Eigentlich sollte ihr seine Anwesenheit einen Herpes bescheren, doch sie schaffte es nicht, ihre Gefühle abzugrenzen.
    Anna spähte zu ihm hinüber. Sebastian war ihm so ähnlich. Die Nase, die Augen und in gewisser Weise sogar von seiner Art her. Doch sie durfte nicht länger Sebastian in ihm sehen. Josh war ein individuelles und brandgefährliches Wesen. Er stand seinem Vater in nichts nach. Er war ihr Feind.
    »Wie stellst du dir das eigentlich vor? Ich hole dir Kira zurück und dann? Ihr lasst Sebastian laufen und zieht mir das Fell über die Ohren?« Bisher hatte er ihr nicht gesagt, ob ihr Vorhaben ihr überhaupt einen Nutzen bringen würde. Würden die Fingerless Sebastian laufen lassen, wenn sie tat, was Josh verlangte?
    »Du wirst es drauf ankommen lassen müssen, oder?«
    »Ich werde gar nichts. Solange er nicht in Sicherheit ist, werde ich Kira da belassen, wo sie hingehört. Im Tod.«
    Er hatte sie in der Hand? Schön, sie ihn mindestens genauso. Möglicherweise konnte sie den Engel nicht beschwören, weil er dem Gedanken einen Strich durch die Rechnung machte, bevor sie ihn zu Ende gedacht hatte. Aber das bedeutete noch lang nicht, dass sie nach seiner Pfeife tanzte, wenn sie nicht sicher wusste, dass zumindest Sebastian mit dem Leben davon kam.
    Josh verzog seine Mundwinkel, doch sie konnte nicht deuten, ob er sich ein Lächeln abrang oder es abwertend wirken sollte. Ihre Blicke trafen sich. Er spuckte in seine Hand und hielt sie ihr hin. »Ich gebe dir mein Wort, dass wir ihn nicht anrühren werden. Es steht Sebastian frei zu entscheiden, ob er sich von uns entfernen oder bleiben möchte, wenn du sie erweckst. Außerdem bin ich gewillt, meinen Vater zu überzeugen, dass er dich laufen lässt.«
    »Und du bist autorisiert, derartige Entscheidungen zu fällen?« Fast hätte sie laut aufgelacht. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Jonathan Fingerless das Ruder aus der Hand gab. Sie bezweifelte, dass er auf die Meinung seines ältesten Sohnes Rücksicht nehmen und seine Bitte befolgen würde.
    »Sebastian und meine Eltern befinden sich auf dem Anwesen der del Rossis. Glaubst du, er wäre so dämlich, sich ihren Zorn zuzuziehen? Wenn deine Bedingung ist, dass sich Sebastian entfernt, werden sie ihn laufen lassen. Ich kann dir nicht versprechen, dass Gleiches danach für dich gilt. Ich kann nur versuchen, es durchzusetzen. Die del Rossis werden auf unserer Seite stehen, wenn du ihre Tochter zurückbringst.«
    Das änderte alles. Die Fingerless hielten sich bei den del Rossis auf?

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