Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Nurit war über einsachtzig groß und dünn wie ein Klapperstorch. Sie trug ihre unverkennbare Farbe – Knallpink –, diesmal als Jacke zu einer schwarzen Hose. Ihre Accessoires waren auffällig und klobig. Sie hatte flammend rotes Haar, dunkle Augen, und sie trug immer feuerroten Lippenstift.
»Wo haben Sie den her?«, fragte Nurit mit Blick auf Marges Salat.
»Ich glaube, es sind noch ein paar übrig, aber ich bin eh fertig, falls Sie den hier wollen.«
»Sind Sie sicher?«
»Ganz und gar.« Marge reichte der Staatsanwältin den Plastikbehälter. »Bedienen Sie sich. Ich hole mir Kaffee. Möchten Sie auch einen?«
»Danke, das wäre toll.«
Als Marge zurückkam, spießte Nurit gerade die letzten Salatblätter auf. »Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen.«
»Möchten Sie, dass ich Ihnen noch etwas hole?«
»Nein, danke, das war perfekt.« Sie nahm den Kaffeebecher entgegen. »Danke für das Angebot.«
Marge setzte sich und nippte an ihrem Becher. Der Kaffee schmeckte verbrannt.
»Wollen wir die Anklagen durchgehen, damit wir auf derselben Wellenlänge sind?«
»Klingt wie ein guter Plan.«
»Die drei Siebzehnjährigen … einen Augenblick.« Nurit begann in ihrer Aktentasche zu kramen. » JJ Little, Darla Holbein und Nate Asaroff … Ihnen ist klar, dass wir die auch als Erwachsene vor Gericht stellen können.«
»Sie sollten alle eine Gefängnisstrafe bekommen, aber wir haben noch einen größeren Fisch am Haken.«
»Verstehe. Ich meine ja nur …« Nurit sah ihre Notizen durch. »Ich habe gerade mit Jack Leandro gesprochen. Sie sind zu ihren Eltern entlassen worden, mit der Zusage, vor Gericht zu erscheinen. Das Mädchen, Darla Holbein, kommt mit dreitausend Stunden Gemeindearbeit in ihrer Kirche in Afrika plus zusätzlich tausend Stunden in den USA nach Teilnahme an einem Entzug davon. Dafür sagt sie gegen Cameron Cole aus. Darla kann bezeugen, dass die Entführung Camerons Idee war. Wenn sie ihre Stunden abgeleistet hat, wird ihre Akte versiegelt, und sie ist frei.«
Marge nickte.
»Für die beiden minderjährigen Jungs bemühe ich mich um eine Gefängnisstrafe in einer Jugendeinrichtung, danach drei Jahre auf Bewährung.«
»Wie viele Tage Gefängnis?«
»Sechzig. Sie müssen ja sowieso die Schule beenden.«
»Bietet die Bell and Wakefield ihnen die Möglichkeit eines Abschlusses?«
»Das ist Teil des Deals: Man erlaubt den dreien, ihre Diplome gleich nach Ablegung der Prüfungen entgegenzunehmen. Im Gegenzug gilt ein Maulkorberlass. Keiner von ihnen darf über irgendetwas ein Wort verlieren. Die Schule will sie mit möglichst wenig Störmanövern vor die Tür setzen.«
»Und die Anwälte haben der Gefängnisstrafe zugestimmt?«
»Nein, den sechzig Tagen nicht. Ich bin bereit, das Strafmaß zu halbieren. Da werden sie mitmachen. Aber ich bestehe auf die Bewährungsauflagen plus fünftausend Stunden gemeinnütziger Arbeit. Nachdem sie als Kronzeugen in den Prozessen der drei anderen – sollten diese nötig sein – aufgetreten sind und nachdem sie ihre Strafen verbüßt haben, werden ihre Akten versiegelt. Dann können sie losmarschieren und so tun, als sei das Ganze hier nie passiert.«
Marge nickte.
»Viel zu einfach, wenn Sie mich fragen. Vor allem, was Darla angeht. Vielleicht war die Entführung nicht ihre Idee, aber sie hat auch nicht versucht, Cameron davon abzubringen.«
»Ich weiß. Andererseits ist sie gegen Cameron eine glaubwürdige Zeugin.«
»Der Meinung bin ich auch, wir brauchen sie. Gegen Lashay oder Kerkin haben wir nicht annähernd so viele Aussagen nötig. Bei der Menge an Waffen und Drogen sind die beiden eh geliefert.«
»Welche Anklagepunkte erheben Sie gegen die beiden?«
»Alles von schweren Straftaten wie Drogen- und Waffenbesitz bis zu Entführung und versuchtem Mord.«
»Hey, Margie!« Oliver, dessen Gesicht vor Anspannung verzerrt war, hielt einen Beweisbeutel in der Hand. Er schnappte sich einen Stuhl und setzte sich neben die beiden Frauen. »Gut, dass ich euch beide erwische.«
»Wie läuft’s?«
Oliver atmete tief durch. »Als Polizist würde ich sagen, ganz okay. Als Mensch sage ich, ich bin total kaputt. Wir haben Cameron Coles Schlafzimmer durchsucht. In der unteren Schublade ihrer Kommode haben wir einen Haufen Schmuck gefunden, und mittendrin war ein Aquamarin-Ring mit der Inschrift Sidney.«
Marge richtete sich auf. »Oh mein Gott! Ihr habt Sidney Hollys Ring entdeckt!«
»Was?«, fragte Nurit.
»Myra Gelb hat sich mit einer
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