Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
sie zusammen. »Eigentlich bin ich jetzt hier, um mit Gregorys bestem Freund zu reden. Er ist ein bisschen seltsam. Oder aber ich habe ihn verschreckt, als ich ihn angehalten habe.«
Decker zog eine Grimasse.
»Ach, wirklich? Was kam dir an ihm seltsam vor?«
»Er verheimlicht etwas.«
»Das ist nicht seltsam, sondern vorsichtig.«
»Seit wann spielst du die Verteidigerin?« Die Sprechanlage piepte, und die Empfangsdame informierte Decker, dass Joey Reinhart auf Leitung zwei sei. »Hi, Joey, hier spricht Lieutenant Decker.«
»Äh, ich könnte etwas früher da sein.«
»Klar, um welche Uhrzeit denn?«
»Eigentlich steh ich direkt vor dem Revier.«
»Geh ins Gebäude, ich hole dich unten ab.« Decker legte auf und erhob sich. »Mein Gesprächspartner ist schon da.«
»Ich muss sowieso los.« Rina stand auf und gab ihm ein Küsschen auf die Wange. »Heute diskutieren wir, ob wir einen Snackautomaten aufstellen oder eine Snackbar eröffnen und unser eigenes Essen an die Kinder verkaufen.«
»Was ist der Streitpunkt?«
»Na ja, wenn wir die Automatenfirma das Essen anliefern lassen, könnte es latent Probleme mit der Kaschrut geben. Dafür spricht, dass sie sich um alles kümmern und uns bloß eine Rechnung schicken. Außerdem müssen wir kein Personal abstellen. Wenn wir unsere eigenen Snacks verkaufen, verdienen wir mehr daran, und die Kaschrut ist kein Problem. Nur haben wir dann Verpflichtungen und Auflagen des Gesundheitsamtes, und wir müssen jemanden finden, der die Snackbar betreibt. Ja, es scheint banal zu sein, aber diese Feinheiten sind immer sehr weitreichend, wenn es um die Kinder geht.«
»Verstehe. Seit wir eine professionelle Maschine für Kaffee und Cappuccino haben, passend zu unserem Süßigkeitenautomaten, sind alle viel besser gelaunt.«
»Daher weht der Wind.« Rina lächelte. »Sieh mal an. Unterschätze nie die Macht von Koffein und Zucker.«
Auch in einem voluminösen Kapuzenpulli und schlabberigen Jeans war der Teenager nur Haut und Knochen. Decker ging mit dem Jungen in einen Vernehmungsraum und versorgte ihn mit einem Glas Wasser und einem Schokoriegel. »Das Rücklicht hab ich reparieren lassen«, sagte der Junge.
»Super.«
»Danke, dass Sie mir keinen Strafzettel verpasst haben.«
»Keine Ursache. Bin froh, dass du dich darum gekümmert hast.« Decker stellte einen tragbaren Kassettenrekorder auf. »Hast du etwas dagegen, wenn wir das Gespräch mitschnei den? Reine Routine. Niemand hat ein perfektes Gedächtnis.«
»Klar, machen Sie nur.«
Decker sprach wie immer den Namen der Person auf und fügte Uhrzeit und Datum hinzu. »Danke fürs Kommen.«
»Klar.« Joey verschränkte die Finger und zuckte mit den Achseln. »Was gibt’s also?«
»Gregorys Mom tappt völlig im Dunkeln, was da passiert ist. Es hat sie total unvorbereitet getroffen.«
»Wem sagen Sie das.«
»Du hast auch nichts geahnt?«
Der Junge sah tieftraurig aus. »Nein.«
»Erzähl mir von Gregory Hesse«, sagte Decker. »Wie war er?«
Joeys Augen verdunkelten sich. »Ist schwer, jemanden zu beschreiben, den du ewig kennst. Greg war Greg.«
»Was habt ihr zwei so unternommen?«
Noch mal Achselzucken. »Rumgehangen … wir sind ins Kino gegangen, haben Videospiele gespielt. Wir sind immer miteinander klargekommen. Wir sind beide irgendwie Nerds … was man nicht gleich sieht. Ich bin eher so der Mathe-Physik-Typ. Greg war auch super in Mathe, aber er mochte Englisch. Lesen und Schreiben fielen ihm total leicht. Er hat mir immer bei meinen Essays geholfen.« Joey biss sich auf die Lippe. »Er war echt clever.«
»Hattet ihr andere gemeinsame Freunde?«
»Ja, wir waren ’ne Gruppe – Mikey, Brandon, Josh, Beezel. Wenn du an der B and W überleben willst, brauchst du Kumpel.«
»Was passiert, wenn man keine Kumpel hat?«
»Dann bist du am Arsch. B and W ist kein netter Ort. Aber solange man nicht als hoffnungsloser Fall gilt, kommt man zurecht und kriegt ’ne gute Ausbildung.«
»Was ist Kevin Stanger passiert?«
»Oh Mann, der arme Kevin.« Er schüttelte den Kopf. »Der Stärkere überlebt, wissen Sie. Kev hat’s nicht gepackt.«
»Warum nicht?«
»Weil nicht alle Nerds clever sind. Das war Kevins Problem. Er hatte echt nicht das Hirn, das ihm den Rücken gestärkt hätte. Dadurch wurde er zur Zielscheibe.«
»Die Jungs haben auf ihn eingeprügelt?«
»Nä, das läuft raffinierter. Sie umzingeln dich, Mann. Das nennt man Crowding. Du bist zum Beispiel alleine unterwegs, und plötzlich
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