Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
tauchen da ein Dutzend von ihnen auf, bedrängen dich, hauen dir auf den Hinterkopf oder befummeln dich und fragen nach Geld, was du ihnen dann auch gibst. Aber selbst danach lassen sie nicht locker. Bei Kevin lief das jeden Tag so ab, jeden Tag.«
»Ist er denn mit seinen Problemen nicht zur Schulverwaltung gegangen?«
»Wenn du das machst, wird’s nur noch schlimmer. Besser, man lässt es über sich ergehen und hofft, dass sie sich irgendwann ein anderes Ziel suchen. Umzingeln löst besonders starke Angstzustände aus, weil man immer denkt, dass es gleich in Gewalt umschlägt.«
»So nennt man das? Crowding?«
»Ja, eine Gruppe aus Jungs und Mädchen kommen dir in die Quere und kreisen dich ein.«
»Wie viele?«, fragte Decker.
»Alles von vier oder fünf aufwärts. Und weil sie einen ja nicht wirklich verletzen, wem willst du da was vorheulen? Es geht allein um Kontrolle – wer der Boss ist und so.«
»Wer sind diejenigen?«
»Einfach nur Arschlöcher«, sagte Joey. »Ich bin nicht so blöd und nenne Ihnen Namen, denn wenn man erst mal zur Zielscheibe wird, dann spricht sich das rum, und man ist Freiwild für alle. Ich komm klar. Nehmen Sie’s nicht persönlich, aber ich werd mir nicht selbst in den Arsch ficken.«
»Sie würden die Quelle nicht erfahren, Joey. Wir könnten das geheim halten.«
»Suchen Sie sich jemand anderen. Es würde Sie sowieso nicht weiterbringen, denn Greg hatte damit kein Problem. Er kriegte das gut hin.« Joey wirkte gedankenverloren. »Wir geben beide Nachhilfe – auch deshalb sage ich Ihnen keine Namen. Ich muss mein Auto finanzieren, und Sprit ist teuer. Die Nachhilfe bringt Geld.«
»Das verstehe ich. Erzähl mir von Greg und seiner Nachhilfe.«
»Ich würd’s ja nicht beschwören, aber ich schätze, Greg gab Mega-Nachhilfe.«
»Mega wie in … schrieb er die Arbeiten von Schülern der Abschlussklassen?«
»Nä, damit wäre er nicht durchgekommen. Es war mehr so eine Art … Lücken auffüllen. Die Abschlussarbeiten müssen mindestens dreißig Seiten umfassen. Für die meisten ist das ganz schön viel Text.«
Decker nickte.
»Es wär ja nichts dabei. Die meisten Schüler an der B and W nehmen seit Jahren Nachhilfe: von Lehrern, von SAT -Tutoren, von College-Schülern. Es ist bekannt, dass eine Semesterarbeit von circa vierzig Millionen Menschen durchgesehen wurde, bevor man sie abgibt. Die B and W verfolgt eine knallharte Notenregelung für die Abschlussarbeiten. Man erwartet von dir, dass sie auf College-Niveau liegen – was mir noch nie eingeleuchtet hat. Wozu braucht man dann die Highschool, wenn man bereits College-Niveau hat? Aber Sie wissen ja, wie das ist. Gnadenloser Konkurrenzkampf.«
Decker kratzte sich am Kopf. Seine eigenen Kinder hatten diesen ständigen Druck hinter sich gebracht, aber er erinnerte sich noch sehr genau an den Stress, der damit verbunden war, sie auf die Top-Universitäten zu bringen. Gabe war der einzige Teenager, den Decker kannte, der wegen des Colleges nicht nervös war. Im Grunde genommen musste man ein musikalisches Genie sein, um diesen Prozess frei von Angst zu durchlaufen.
»Wenn Greg gut klarkam, Joey, warum hat er sich dann deiner Meinung nach die Waffe an den Kopf gehalten?«
Joey schossen Tränen in die Augen. »Es ist ein totales Rätsel.«
»Du hast gesagt, er hätte sich in letzter Zeit anders verhalten.«
Der Junge machte eine Pause. »Nur weil er so besessen von seiner Videokamera war. Erst fand ich’s ja okay, aber dann hat es genervt, wenn man ständig eine Kamera vor der Nase hat, während man bloß ein Hotdog isst.«
»Was hat Greg gefilmt?«
»Er behauptete, er würde einfach das Leben ganz normaler Teenager filmen.«
Decker dachte kurz nach. »Hat Greg, als er mit dem Filmen begann, sich von dir und eurer Gruppe distanziert? Hat er angefangen, mit anderen Freunden abzuhängen?«
»Könnte ich so nicht sagen. Jedenfalls hat er nicht mit den Bobos rumgemacht.«
»Wer sind die Bobos?«
»Ach, die Typen kennen Sie auch – Bohemians. Kunst- Affen, schräge Klamotten und sooooo intellektuell. Sie erzählen dir den Scheiß von wegen, wie wertlos eine Ausbildung ist, und dass die echte Ausbildung auf der Straße stattfindet. Weil sie dämlich sind. Mann, mal ehrlich! Alle, die die B and W durchlaufen, sind verwöhnte Kotzbrocken. Echt, die ganzen sogenannten harten Jungs würden auf der Straße keinen einzigen Tag überleben.«
»Wer sind die harten Jungs?« Als Joey müde abwinkte, sagte Decker: »Hast
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