Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
beruhigt.
»Er war gut.«
»Es hat dir gefallen?«
»Ja.« Er sah sie an. »Was meinst du?«
»Das Stück hat mir sehr gefallen. Ich glaub, ich mag Saint-Saëns. Er komponiert mit einem geläufigen Thema oder Stimme oder wie auch immer ihr das nennt. Er geht nicht so querbeet wie viele andere Komponisten.«
»Gute Einschätzung.« Gabe sah ihr verstohlen ins Gesicht und kam fast um vor Verlangen, sie zu küssen, aber er wollte nicht schon wieder eine Erektion provozieren. Es wäre ein großer Fauxpas, Paul mit einer Latte zu begrüßen. »Ich muss mich da jetzt mal blicken lassen. Macht es dir was aus?«
»Nein, überhaupt nicht.«
Er führte sie hinter die Bühne, wo Paul sich mit ein paar seiner Kommilitonen unterhielt und einer jungen Frau namens Anna Benton, die Gabe von mehreren Klavierwettbewerben her kannte. Anna war achtzehn; sie hatte langes blondes Haar, leuchtend blaue Augen und endlos lange Beine. Wie immer quasselte sie auf jeden ein, der bereit war zuzuhören. Paul und Gabe umarmten sich kurz.
» Excellent! «
»Ja, hat geklappt.«
»Super Auftritt.«
Paul nickte. »Nicht schlecht. Danke, dass du gekommen bist.«
»Jederzeit gerne.« Yasmine versteckte sich hinter seinem Rücken. Gabe schubste sie nach vorn. »Das ist meine Freundin Yasmine.«
»Hallo«, sagte Paul.
»Du warst grandios«, flüsterte sie.
Anna mischte sich ein und umarmte Gabe innig, inklusive Kuss auf den Mund. »Ja, wen haben wir denn da? Whitman, wo hast du so lange gesteckt?«
»So lange war’s nun auch wieder nicht –«
»Du warst nicht in Atlanta, du warst nicht in Paris, du warst nicht in Brüssel … warst du in Chicago? Nein, du warst auch nicht in Chicago.«
»Letztes Jahr war viel los«, sagte Gabe. »Ich komme nach Budapest.«
»Für Liszt, im Junioren-Wettbewerb?«
»Liszt ja, Junior nein. Ich bin jetzt bei den Erwachsenen dabei.«
»Du bist fünfzehn? Scheiße!« Sie starrte ihn wütend an. »Wann verdammte Scheiße bist du fünfzehn geworden?«
»Ungefähr vor sieben Monaten –«
»Verdammt!«, sagte Anna. »Musstest du dir Budapest aussuchen, um fünfzehn zu sein? Scheiße!«
»Erst meckerst du mich an, dass ich nicht komme, und wenn ich sage, ich komme –«
»Weil du dann gegen mich antrittst. Scheiße!«
»Vielleicht versagen mir ja die Nerven.«
»Warum solltest du versagen? Du versagst nie. Du bist der Anti-Versager. Und seit du mit Nicholas Mark arbeitest, musst du richtig gut sein.«
»Er ist richtig gut«, sagte Paul.
»Na, großartig! Einfach großartig! Scheiße!«
»Danke, Anna.« Yasmine tauchte hinter seinem Rücken ab. Gabe zog sie nach vorn, bis sie neben ihm stand. »Das ist meine Freundin Yasmine.«
»Hi.« Sie musterte Yasmine einmal von Kopf bis Fuß und widmete sich gleich wieder Gabe. »Es ist nicht so, dass ich dich nicht mag, Gabriel. Natürlich tu ich das. Aber ich hasse dich. Scheiße!«
»Hast du Zeit, noch essen zu gehen, Whitman?«, fragte Paul.
Gabe sah Yasmine an, die furchtbar fehl am Platz wirkte. Dieses Gefühl kannte er gut. »Nö, muss noch was für Nick machen.«
»Nick der Scheißkerl.«
»Kein so großer Scheißkerl wie du«, sagte Anna zu Gabe.
»Nick ist in Ordnung, außer, wenn er’s nicht ist.« Zu Paul sagte Gabe: »Dienstag bin ich an der Uni. Hast du dann Zeit zum Mittagessen?«
»Das müsste klappen.«
»Ich schreib dir eine SMS .« Er sah Anna an. »Tschüss, Schätzchen.«
»Halt einfach die Klappe!«
»Ich dich auch.«
Sie umarmten sich, und Gabe brachte Yasmine wieder ans Tageslicht. Ein paar Minuten lang gingen sie schweigend nebeneinander her. Dann sagte Yasmine: »Ich glaub, sie mag mich nicht.«
»Wer?«
»Deine Freundin Anna.«
»Anna ist immer am Fluchen.«
»Sie hat mich total zickig angeglotzt.«
»Nein, hat sie nicht. Sie hat dich vermutlich nur gründlich abgecheckt. Sie ist lesbisch.«
»Sie ist lesbisch ?«
»Jupp.«
»Wie geht das denn? Sie ist doch bildschön!«
»Warum kann eine Lesbe nicht schön sein?«
»Klar, kann sie … was für eine Verschwendung!«
»Du klingst wie ein Kerl. Ich mag Anna, aber sie kann schwierig sein. Ich fand sie noch nie besonders anziehend, auch nicht, bevor ich überhaupt wusste, dass sie lesbisch ist.«
Aber Yasmine war in Gedanken ganz woanders. »Wenn ich so schön wäre, würde ich …«
Gabe wartete darauf, dass sie weiterredete.
Wie konnte sie ihm das erklären? Sie liebte ihre Kultur. Es gefiel ihr ganz, ganz ehrlich, persisch zu sein. Doch manchmal war es schwer,
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