Teuflische Kuesse
dass es das kleinere Übel sei, Sie umzubringen.«
Sterling
strich sich übers Kinn und achtete streng darauf, dabei seinen Mund zu
verbergen. »Indem Sie mir einen Engel auf den Kopf fallen ließen.«
Laura
setzte ein gekünsteltes, hochmütiges Lächeln auf. »Es war der einzige Weg,
beides zu bekommen – das Haus und meine Freiheit. Abgesehen davon, aber das
weiß ja jeder, haben Witwen mehr Rechte als Ehefrauen.«
Sterling
stand wortlos auf und ging zur Tür. Er stieß die Tür auf und bellte hinaus:
»Carlotta!« Dann kehrte er ruhig zu seinem Stuhl hinterm Tisch zurück.
Laura
plapperte schon los, bevor Lottie noch unter der Tür erschien. »Ich hab Lottie
dazu gezwungen, mir zu helfen. Ich hab ihr gedroht ... gedroht ...« Sie mühte
sich ab, sich eine möglichst abscheuliche Drohung einfallen zu lassen, »all
ihre Kätzchen im Brunnen zu ersäufen, wenn sie mir nicht hilft. Sie hat mich
angefleht, Ihnen kein Leid anzutun. Aber ich hab ihr keine Wahl gelassen. Ich
...« Laura verlor den Faden, als sie ihre Schwester sah.
Lotties
weißes Schürzchen war sauber und gestärkt. Die Taschen beulten sich nicht wie
üblich von kleinen Katzen oder irgendwelcher süßen Schmuggelware aus, sogar die
rosarote Schleife, die den Scheitelknoten aus goldenen Locken hielt, saß
absolut ordentlich.
Sie
marschierte auf den Tisch zu, machte einen niedlichen Knicks und sagte: »Ja
bitte, Sir?«
Laura
schlug die Hand an den Mund. »Oh, mein Gott, was haben Sie Schreckliches mit
ihr gemacht?«
Sterling
beachtete Laura gar nicht und nahm stattdessen ihre Schwester ins Visier seines
umwerfenden Lächelns. »Lottie, Liebes, würdest du bitte für Laura genau das
wiederholen, was du mir heute Morgen gebeichtet hast?«
Lottie
drehte sich schlurfend zu Laura herum, die großen blauen Augen gesenkt. »Es war
meine Schuld, dass der Engel beinah euch beide umgebracht hat. Ich war die, die
ihn so ins Wackeln gebracht hat, dass er runtergefallen ist, als die Glocken
zu läuten angefangen haben und ich in ihn reingestolpert bin. Ich wollte ihn
auf Nicholas drauf fallen lassen ...« Sie schluckte schwer und schaute
unglücklich zu Sterling hinüber.
»Schon
gut«, sagte er ruhig. »Erzähle weiter.«
»Auf den
Kopf Seiner Gnaden, wollte ich sagen. Aber dann konnte ich es nicht. Vor allem,
nachdem George mir gesagt hat, wie lieb du ihn –«
»Danke,
Lottie«, sagte Sterling knapp. »Ich weiß deine Aufrichtigkeit außerordentlich
zu schätzen. Du kannst gehen.«
Laura
wartete, bis ihre Schwester aus dem Salon geschlichen war, bevor sie ihre
brennenden Augen hob und Sterling fixierte. »Sie haben mich hereingelegt!«
»Kein
besonders angenehmes Gefühl, nicht wahr?« Er erhob sich und ging ans Fenster.
Er drehte ihr, das lohfarbene Haar vom Sonnenlicht durchflutet, den Rücken zu.
»Die Liebe zur Wahrheit ist Ihnen nicht gegeben, Laura. Was das angeht, sind
Sie nicht anders als alle anderen Frauen. Nicht anders als ...«
»Ihre Mutter?«,
fragte sie leise. »Meiner Meinung nach hat Ihr Vater Lady Eleanor ebenso wenig
eine andere Wahl gelassen wie Sie mir.«
Sterling
sah sie mit einem spöttischen Zug um den Mund an. »Sie haben völlig Recht. Man sollte Ihnen eine Wahl lassen. Also ... wollen Sie meine Frau werden oder meine
Mätresse? Als meiner Mätresse stünde Ihnen ein Haus zu, eine großzügige
Apanage – mehr als genug, um für Lottie und George zu sorgen – schöne
Garderobe, Juwelen und ein gewisser, wenn auch zweifelhafter gesellschaftlicher
Status. Im Gegenzug erwarte ich von Ihnen, dass Sie mich in Ihrem Bett
willkommen heißen, wann immer mir danach ist. Sollte ich mich verheiraten,
wäre ich natürlich auf Ihre Diskretion angewiesen. Aber wir wissen ja bereits,
dass Sie in der Lage sind, ein Geheimnis für sich zu behalten, nicht wahr? Sie
haben die Wahl, Laura. Allerdings würde ich es begrüßen, wenn Sie sich
möglichst rasch entscheiden.« Er schaute sich mit angewidertem Blick im Zimmer
um. »Ich habe in dieser provinzlerischen Hölle von einem Haus schon mehr als
genug Zeit verschwendet.«
Laura blieb
vor Wut die Spucke weg. Sie stand auf und ging zur Tür.
Sie hatte schon den Türknauf in der Hand, da sagte er: »Bevor Sie mein
Heiratsangebot zurückweisen, sollten Sie bedenken, dass Sie möglicherweise
bereits mein Kind tragen.«
Laura
stockte der Atem. Sie legte sich die Hand auf den Bauch. Ein seltsames Gefühl
überkam sie – halb Zorn und halb Sehnsucht.
Sie drehte
sich langsam zu ihm um und
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