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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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und schloss hinter sich die Tür ab.

42.
    »Prioritäten«, sagte Jules zu sich selbst und dem Dackel, als sie wieder in der Normalität ihres eigenen Wohnzimmers in Highgate waren.
    Doch nichts sah normal aus; nichts fühlte sich normal an.
    Draußen war es Ende November, doch in ihrem Herzen war es noch viel kälter und trister.
    »Prioritäten«, sagte sie erneut, ließ sich in den Sessel sinken, richtete sich dann jedoch rasch wieder auf und rutschte auf die Kante vor, wohl wissend, dass jetzt nicht die Zeit für Gemütlichkeit war.
    Priorität Nummer eins: Olli in Sicherheit bringen. Irgendwohin, wo es sicherer war als hier oder in der Spielgruppe.
    Sie schaute zu ihm hinunter. Er saß noch immer in seinem Buggy und schlief tief und fest.
    Hier ist es nicht mehr sicher.
    Als Nächstes musste sie einen Weg finden, Abigail irgendwie zu helfen.
    Eine andere Frau mit einer anderen, normalen Familiengeschichte stünde in dieser Situation vermutlich mehr auf der Seite ihres Bruders als auf der ihrer Schwägerin. Sie wäre ob Abigails Vorwürfen außer sich und würde sie für verrückt halten. Aber Jules hatte zu viele Jahre damit verbracht und zu viel Mühe aufgewendet, ihre eigene dunkle Zeit mit Silas zu vergessen.
    Nun wanderten ihre Gedanken wieder zurück zum Tod des Vaters.
    Zu Silas’ Weigerung, jemanden zu informieren.
    Zu der widerwärtigen, gruseligen Beerdigung, die sie gebilligt hatte.
    Du warst erst fünfzehn Jahre alt, Jules.
    Seltsame, auf bizarre Weise behütete fünfzehn – behütet von ihrem Bruder.
    Bis Ralph gekommen war.
    Silas war so kalt gewesen, als sie sich verliebt hatte.
    Jules erinnerte sich plötzlich an das Gespräch nicht lange vor Ralphs Tod, als sie Silas gesagt hatte, sie habe ihrem Mann von dem Grab im Garten erzählt. Ein paar Augenblicke lang war Silas geradezu eisig gewesen, doch dann hatte er sie überrascht, als er gesagt hatte, seine eigene Ehe hätte ihm geholfen, Jules Bedürfnis zu verstehen, sich ihrem Mann mitzuteilen.
    Er hatte gesagt, es mache ihm nichts aus, solange Ralph niemandem etwas davon erzählte.
    Jules erinnerte sich daran, mit Silas über Ralphs Reise nach Südafrika gesprochen zu haben.
    Und dann, kurz darauf, war er mit Abigail nach Deauville gefahren, von wo er von irgendeinem Glamourmagazin für einen Auftrag zurückgerufen worden war – für Sleek, glaubte Jules sich zu erinnern. Silas hatte sie angerufen und sie gebeten, seinen Platz einzunehmen, um Abigail Gesellschaft zu leisten.
    Deshalb war Jules auch noch in Frankreich gewesen, als Ralph nach Hause gekommen war, und Silas war in London, um Fotos zu machen.
    Jules lief ein Schauder über den Rücken.
    Als Ralph gestorben war, war Silas in London gewesen.
    Aus Jules’ Sicht hatte nie jemand eine wirklichzufrieden stellende Erklärung dafür gefunden, warum Ralph ein tödliches Essen bestellt hatte.
    Müdigkeit nach der langen Reise, hatte es geheißen.
    Der Pathologe mochte das ja akzeptiert haben, doch Jules, die Ralph besser gekannt hatte als sonst jemand, hatte nie daran geglaubt.
    Silas hatte nicht gewollt, dass Ralph vom Grab ihres Vaters wusste.
    Und als es zu spät gewesen war – nachdem Jules es ihm erzählt hatte –, hatte Silas nicht gewollt, dass Ralph es jemandem erzählte.
    Silas war in London gewesen und hatte Fotos gemacht.
    Doch wenn Jules nun an diesen eher kurzfristigen Auftrag dachte, konnte sie sich nicht erinnern, je eine Arbeit von Silas in Sleek gesehen zu haben.
    Du hast aber auch keine Zeitschriften gelesen, sondern um Ralph getrauert.
    Ralph, der gestorben war, weil er etwas gegessen hatte, von dem er gewusst hatte, wie gefährlich es für ihn war. Ralph hätte es niemals gekauft. Er hätte ein Essen nicht einmal angerührt, wäre er sich der Zutaten nicht vollkommen sicher gewesen … es sei denn, jemand anders hatte das Essen gekauft.
    Und es in die Wohnung gebracht.
    Zu Ralph.
    Ein Bekannter vielleicht.
    Und Ralph, der wirklich müde gewesen war und wohl auch hungrig, hatte dieser Person vielleicht geglaubt.
    Silas war in London gewesen.
    »Gütiger Gott«, sagte Jules und stand auf.
    Ein Mann, der ihr Baby bedrohte, seinen eigenen Neffen, war zu allem fähig.
    Zu allem.
    Jules wurde übel. Sie schüttelte den Kopf.
    Mir läuft die Zeit davon.
    »Ein Mensch, der mich für immer lieben wird«, hatte Silas über das Baby in Abigails Leib gesagt.
    Das hieß vielleicht, dass Abigail sicher war, solange die Schwangerschaft andauerte – solange sie sich so verhielt,

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