Teuflische Lust
betrat das Schlafzimmer seiner Auserwählten. Es war Mitternacht, und sie lag in ihrem Bett, unschuldig vor sich hinschlummernd, nicht ahnend, welch finsterer Besuch sie heimsuchte. Nur ihr Kopf und ein Arm ragten unter der Sommerdecke hervor. Das Gesicht war halb in ihrem Kissen versunken. Sie sah aus wie ein Engel. Es fehlten nur noch die güldenen Locken.
Kendrael hielt einen Moment lang andächtig inne. Oh, bei allen Höllenkratern, sie war atemberaubend. Ihr Körper steckte voller Leben, selbst in diesem Moment, in dem sie schlief, schien sie von innen heraus vor Energie zu strotzen. Langsam schlich er um ihr Bett herum und kniete sich an ihr Kopfende. Sie war so zerbrechlich, so schön. Er hatte es kaum zu hoffen gewagt, einen solchen Anblick jemals wieder genießen zu dürfen. Und jetzt, da dieser Moment gekommen war, war er schlicht überwältigt.
Menschen hatten ihn immer fasziniert, aber von dieser Frau ging etwas ganz Besonderes aus. Etwas, das seine Erregung steigerte. Er wusste nicht, was es war, doch es hatte ihn vom ersten Moment an gefangen und er spürte, dass er nicht viel länger warten konnte. So viel Kontrollgewalt war selbst ihm nicht inne. Er musste sie berühren. Er konnte nicht anders, er wollte wissen, wie sie sich anfühlte, wie warm ihre Haut war, wie weich oder fest, und ob sie leicht erzittern würde, wenn er mit der Hand über ihren Oberarm strich. Durch seine Berührung würde er nicht nur ihre Reaktionen erfahren, sondern auch ihre geheimsten Wünsche lesen.
Seine Hand zitterte leicht vor Erregung, als seine Finger sich ihrer Wange näherten. Aber noch ehe er sie berühren konnte, durchfuhr ihn ein schrecklicher Schmerz, der wie ein Blitz in seinen Körper einschlug, ihn von den Beinen warfund quer durch den Raum schleuderte. Er prallte mit dem Rücken gegen die Wand und riss fast eine Vase von einem kleinen Tisch. Seine Hand brannte wie Feuer. Es fühlte sich an, als hätte er auf glühendes Eisen gefasst. Seine Handinnenfläche war gerötet, und Blasen hatten sich um den wunden Punkt gebildet. Er konzentrierte sich und schloss die Hand zur Faust. Als er sie einen kurzen Augenblick später wieder öffnete, war die Wunde verblasst.
Sein Blick schweifte zu dem Mädchen. Eine Jungfrau! Die Erkenntnis glich einem weiteren Aufprall gegen die Wand. Das war also der Grund, warum er sich so stark zu ihr hingezogen fühlte und warum sie diese außergewöhnliche Präsenz umgab. Er merkte, dass er aus der Übung war. Darauf hätte er wirklich kommen können. Ein Dämon spürte so etwas. Sie war rein, unschuldig, strahlend. Es gab wohl nichts, das für einen Dämon wie ihn verlockender war als ebendiese Reinheit. Die Sehnsucht, ihren Körper unter seinen Händen zu fühlen, war jetzt noch größer und wurde fast unerträglich. Aber er durfte sie nicht berühren. Verflucht, wer hatte nur diese Regeln gemacht?
Er würde einen Weg finden, sie zu umgehen. Er wollte diese Frau besitzen. Sie aus ihrem reinen Schlaf wachküssen und ihre Lebensenergie in sich aufnehmen. Welch ein Hochgenuss das sein würde. Ein köstliches Mahl, eine Delikatesse. Aber vorher brauchte er ihr Einverständnis. Explizit.
»Ist da jemand?«, hörte er plötzlich ihre leise Stimme. Sie jagte ihm einen heißkalten Schauer über den Rücken, denn sie klang so lieblich und warm, wie nur die Stimme einer Jungfrau klingen konnte.
Die junge Frau knipste das Licht ihrer Nachttischlampe an. Rasch verschmolz er mit dem Schatten des Kleiderschrankes,während ihre Blicke den Raum nach einem Eindringling absuchten. Vielleicht spürte sie seine Anwesenheit, aber sie konnte ihn nicht sehen.
Ihre Bettdecke lag über ihren nackten Beinen. Sie trug einen Schlafanzug mit kurzer Hose. Es sah neckisch aus. Das Gelb passte zu ihren goldenen Augen, die ihn an die Farbe der Sommersonne denken ließen.
»Hallo? Karli, bist du das?«
Sie stieg aus dem Bett, schlüpfte in ihre Pantoffeln und griff nach der leeren Blumenvase auf dem Tischchen. Auf leisen Sohlen schlich sie in den Flur und knipste das Licht an. Kendrael hörte, wie sich ihre Schritte entfernten. Doch schon nach kurzer Zeit kehrte sie wieder in ihr Schlafzimmer zurück. Natürlich hatte sie nichts finden können. Kendrael würde sich ihr erst zum richtigen Zeitpunkt zu erkennen geben. Wenn er jetzt aus dem Schatten trat, würde sie ihn fürchten und ihm niemals gewähren, sie zu berühren.
Kendrael wartete, bis sie sich ins Bett legte und er sicher war, dass sie wieder
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