Teuflische Schwester
hören.«
»Melissa?« rief Phyllis. »Aber sie war doch in ihrem
Zimmer und schlief wie ein Stein!«
Teri zuckte nur mit den Schultern. »Na ja, ich hab’ ihn ja
nicht gesehen. Vielleicht hab’ ich mich auch getäuscht.
Aber ich hätte schwören können, daß er ihren Namen
gerufen hat. Ich dachte mir, daß sie sich durch das Fenster
unterhalten würden.«
Cora Peterson, die schweigend zugehört hatte, musterte
Teri mißtrauisch. »Eigentlich hättest du doch nachschauen
müssen. Ich meine, du wußtest ja, daß Melissa die
Schlafspritze bekommen hatte.«
»Wo ist Melissa überhaupt?« fiel es Mallory ein. Er gab
Cora mit einem warnenden Blick zu verstehen, daß das
Befragen immer noch seine Sache war.
»Sie schläft«, erwiderte Phyllis eine Spur zu hastig, so
daß der Polizist den Eindruck bekam, sie wollte Melissa
vor ihm verbergen. Sie bemerkte ihren Fehler sofort und
versuchte ihn auszubügeln. »Gestern war ein sehr
schlimmer Tag für sie. Ich fürchte, sie hat bei Jeffs
Beerdigung ein bißchen hysterisch reagiert. Darum haben
wir sie auf den Rat des Arztes hin zu Bett gebracht.«
»Aber sie ist nicht krank?« drängte Mallory.
»N-nein, nicht direkt«, stotterte Phyllis.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mrs. Holloway, würde
ich Sie bitten, Ihre Tochter zu wecken. Es dauert garantiert
nur ein, zwei Minuten. Aber wenn sie tatsächlich mit Todd
gesprochen hat, würde ich gerne wissen, worüber.«
Nach kurzem Nachdenken ging Phyllis schließlich aus
dem Zimmer. Kaum war sie weg, änderte sich Teris
Benehmen schlagartig. »Was soll das Ganze überhaupt?«
jammerte sie. »Was ist schon dabei, wenn Todd mal
verschwindet. Das machen doch tausend Jungs, oder? Es
ist ja nicht so, als ob er keine Freunde in der Gegend hätte.
Was hat er hier denn schon Besonderes gemacht? Er hat
gerade mal den Rasen gemäht und die Hecken beschnitten,
und das auch nicht gerade sauber. Wahrscheinlich hatte er
nur die Nase voll.«
»Jetzt hör mal gut zu, Fräulein …« wollte Cora sie
tadeln, doch Mallory schnitt ihr das Wort ab.
»Wir wollen doch alle ruhig bleiben, ja?«
An dieser Stelle hatte Teri ihn böse angeschaut und zu
wissen verlangt, wie lange die Befragung noch dauern
solle. »Ich hab’ nämlich nicht ewig Zeit. Ein paar Freunde
wollten heute noch kommen.«
»Heute?« rief Cora empört. »Du hättest durchaus auch
mal Rücksicht auf den Zustand deiner Schwester nehmen
können.«
Teri lächelte sie honigsüß an. »Vielleicht habe ich das«,
entgegnete sie. »Vielleicht habe ich mir gedacht, etwas
Gesellschaft könnte sie auf andere Gedanken bringen.«
»Vielleicht hast du dir auch überhaupt nichts gedacht«,
blaffte Cora. Sie setzte zu einer Gardinenpredigt an, aber
in diesem Augenblick erschien Phyllis in der Tür.
»Sie ist nicht in ihrem Zimmer.«
»Aber das ist unmöglich!« rief Teri. Eine tief besorgte
Miene war an die Stelle des frechen Grinsens getreten.
»Ich war doch vorhin oben, und da hat sie tief gesch …«
Sie verstummte jäh. Ihre Hand fuhr zum Mund, doch sie
ließ sie sogleich lässig herunterhängen.
»Was?« schrie Phyllis. »Sie war vorhin da?«
»J-ja«, erklärte Teri. Zögernd, als formulierte sie einen
Gedanken, der ihr gerade in den Sinn geschossen war, fuhr
sie fort: »Aber … na ja, sie ist gestern nacht zu mir ins
Zimmer gekommen und hat mir gesagt, daß sie wieder
schlafgewandelt ist.« Sie wandte sich an Cora. »Sie hat
mir auch erzählt, du hättest sie gestern gefunden, als sie
zum Speicher hinaufwollte.«
Cora leckte sich nervös die Lippen. »Ja, schon«, gab sie
zu. »Aber was …«
»Na ja, vielleicht hat sie es wieder getan«, deutete Teri
an. Ihr Blick wanderte zu Phyllis hinüber. »Ich meine, es
wäre ja nicht das erstemal, oder?«
Phyllis kochte innerlich. Hier wurden die Probleme ihrer
Tochter in aller Öffentlichkeit breitgetreten. Cora hatte
wenigstens Fremden gegenüber den Mund gehalten. Aber
jetzt schwindelte ihr bei der Vorstellung, der Polizist
würde es seinen Stammtischbrüdern brühwarm
weitererzählen:
»Die Kleine ist total plemplem. Rennt mitten in der
Nacht im Haus rum. Halluziniert. Jenseits von Gut und
Böse, sag’ ich euch! Sie hätte schon längst in die
Klapsmühle gehört!«
Recht hätte er ja, sinnierte Phyllis düster. Es erboste sie,
daß Burt Andrews ihren Vorschlag, man solle Melissa in
ein Heim geben, einfach beiseite gewischt hatte. Ja, hätte
er nur auf sie gehört, und hätte auch Charles auf sie
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