Teuflische Schwester
Teri!«
Charles hatte das Baby in den Arm genommen, es fest an
seine Brust gedrückt und es auf die Stirn geküßt. »Aber sie
kann doch nicht wie Teri sein«, hatte er protestiert.
»Teri ist Pollys Tochter, und Missy ist die unsere.«
Darauf hatte Phyllis keine Antwort gegeben, zumindest
keine direkte. Aber im Laufe der Jahre hatte sie es ihre
Familie immer wieder spüren lassen: Melissa wurde den
Ansprüchen, die sie seit Teri stellte, nie gerecht.
Genausowenig genügte er anscheinend als Mann ihren
Ansprüchen.
Andererseits hatte Phyllis sich eigentlich schon fast von
der Stunde ihrer Hochzeit an verändert.
Ihr überschäumendes Temperament war fast schlagartig
verschwunden, so daß Charles sich bisweilen fragte, ob es
überhaupt je existiert hatte, oder ob der Wunsch der Vater
des Gedankens gewesen war und er es sich lediglich
eingebildet hatte.
Binnen eines Jahres hatte Phyllis sich vom hübschen,
wenn auch nicht wirklich schönen Kindermädchen aus
Philadelphia, zu ihrer eigenen Version der Dame von Welt
gewandelt.
Der Welt des Secret Cove Club.
Plötzlich kaufte sie in den richtigen Geschäften ein und
trug die richtigen Kleider.
In New York ging sie in die richtigen Restaurants und
saß im Vorstand der richtigen Vereine.
Den Grund für ihre Aufnahme in diese Gremien hatte er
ihr allerdings wohlweislich verschwiegen: Er hatte sich
vorher unter vier Augen mit den Ehemännern der
jeweiligen Vorstandsdamen unterhalten.
Aber obwohl sie das Richtige trug und in den richtigen
Kreisen verkehrte – irgendwie paßte sie nicht dazu.
Was die Clique von Secret Cove betraf, so kannte
Charles den Grund. Man konnte nicht einfach dazu passen.
Man wurde hineingeboren.
Und Phyllis war nicht hineingeboren worden.
Dennoch wurde sie es nie müde, sich in die Clique
hineinzuzwängen, den Platz zu beanspruchen, den
Charles’ erste Frau eingenommen hatte.
Und sie hatte nie verstanden, daß Charles sie unter
anderem deswegen geheiratet hatte, weil sie eben nicht
Polly war.
Dennoch hatte die Ehe gehalten, weil Charles sich vor
langem schon dazu durchgerungen hatte, jedes Ungemach
zu ertragen, solange Melissa ihm erhalten blieb.
Denn Melissa war sein ein und alles.
Wenn sie Unzulänglichkeiten hatte, so nahm er sie nicht
wahr oder sah großzügig darüber hinweg. Die fast
krankhafte Schüchternheit seiner Tochter machte sie für
ihn erst recht liebenswert. Und daß sie nicht zu den
anderen Kindern aus der Clique paßte, störte ihn nicht im
geringsten.
Seine Frau mochte denken, was sie wollte, er war
überzeugt davon, daß Melissa nicht viel entging. Aus ihren
Büchern lernte sie gewiß mehr als aus dem Gerede der
anderen Jugendlichen. Außer dem Stolz auf ihre Herkunft
hatten die ohnehin nichts im Kopf.
So nahm er lieber die Ehe mit Phyllis in Kauf, bevor er
nach Teri auch noch Melissa verlor. Bisweilen freilich fiel
es ihm sehr schwer.
»Wie kannst du nur so gedankenlos sein?« hörte er
Phyllis jammern. »Morgen sind wir bei den Stevens
eingeladen, und plötzlich willst du im letzten Augenblick
wegen deiner Reise nach Kalifornien absagen!«
»Du brauchst doch nicht abzusagen«, warf Charles ein.
»Es ist ohnehin keine förmliche Einladung, und du weißt
so gut wie ich, daß zu Eleanor immer ein paar Männer
ohne Begleitung kommen. Keine Ahnung, wo sie sie
auftreibt.«
Phyllis blitzte ihn wütend an. »Dir ist es also egal, mit
wem ich ausgehe?«
Etwas bewegte sich draußen und lenkte Charles ab. Teri
und Melissa kamen vollbepackt die Auffahrt herauf. »Hör
zu«, sagte er. »Können wir nicht ein andermal darüber
reden? Die Mädchen kommen jetzt, und …«
»Nein, das geht nicht!« schrie Phyllis. »Du
unverschämter Egoist! Weißt du überhaupt, wieviel
Anstrengung diese Einladung mich gekostet hat? Weißt du
überhaupt, wer alles kommt? Der Gouverneur! So! Und
ich habe nicht vor, allein hinzugehen oder am Arm von
irgendeinem Gigolo! Wenn ich gewußt hätte, was dir
meine Mühe …«
Plötzlich hatte Charles genug. Seine Faust schlug
krachend auf den Tisch. »Jetzt reicht’s aber!« brüllte er.
»Ich kann ja auch nichts dafür. Ich konnte genausowenig
wie du absehen, daß Teri hierherkommen würde. Aber
jetzt ist sie da, und wir müssen das Beste daraus machen.
Ich bin im übrigen nicht bloß ihr Vater, falls du es nicht
gewußt haben solltest. Ich bin auch der Treuhänder ihres
Vermögens.«
»Vermögen?« spuckte Phyllis. »Jeder weiß doch, daß
Polly jeden Cent
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