Teuflische Schwester
die Shorts da auch mit. Während du dich umziehst, suche
ich dir noch eine passende Jacke für den Jogginganzug
aus.«
Kurze Zeit später kam Melissa aus der Kabine und stellte
sich vor den Spiegel. Die Bluse hing wie ein Sack an ihr
herunter, während die Hose sich um ihre Hüften spannte.
Sie sah noch dicklicher aus, als sie tatsächlich war.
»Haben Sie nicht etwas mit Falten?« fragte Teri die
Verkäuferin, als hätte sie Melissas Gedanken gelesen.
Zwanzig Minuten später legte Teri gegen Melissas
Proteste eine weiße Tennishose, zwei Poloshirts, einen
leuchtend roten Badeanzug und den Jogginganzug auf den
Stapel mit den Sportmoden.
»Können Sie es aufschreiben?« bat sie die Verkäuferin.
»Ich bin Teri MacIver, die Tochter von Charles
Holloway.«
Die Verkäuferin lächelte. »Aber gewiß. Mrs. Holloway
hat heute morgen angerufen und mir gesagt, daß du alles,
was dir gefällt, mitnehmen kannst.«
Teri betrachtete versonnen den riesigen Stapel. Ihr Blick
wanderte noch einmal zu einer Tenniskombination, die sie
vorher schon einmal bewundert hatte. Dann aber bemerkte
sie, wie Melissas Augen hervorquollen, als die
Gesamtsumme auf dem Kassenzettel erschien. »Das wäre
dann alles«, meinte sie.
Die Verkäuferin stellte die Rechnung aus und reichte sie
ihr mit einem Stift für die Unterschrift.
Teri gingen die Augen über. Zusammen mit dem
Einkauf bei Corky hatte sie über dreitausend Dollar
ausgegeben. Einen kurzen Moment lang mußte sie an die
zweihundert Dollar denken, die letztes Jahr bei der
Einkleidung für die Schule gereicht hatten.
Aber dazwischen lag ja eine Ewigkeit, und damit war
der Gedanke schon wieder verscheucht.
Genüßlich setzte sie ihre Unterschrift unter die
Rechnung.
Phyllis Holloways Augen funkelten vor Zorn. »Aber wozu
haben wir überhaupt Rechtsanwälte?« herrschte sie ihren
Mann an.
Charles nahm seine Lesebrille ab und drückte den
Zeigefinger gegen die Nasenwurzel. Vielleicht half ihm
das gegen die rasenden Kopfschmerzen, die er bei jedem
Ehekrach bekam. Zumindest verschaffte es ihm für einen
Moment Ruhe. Seufzend setzte er schließlich die Brille
wieder auf und nahm seine Zeitung in die Hand. »Ich habe
es dir doch schon erklärt. Der Fall ist so eindeutig, daß ich
ihn an einem Tag regeln kann. Natürlich könnte ich auch
eine Kanzlei in Los Angeles damit beauftragen, aber ich
bin ja selbst Rechtsanwalt …«
»Jetzt tu nur nicht so!« höhnte Phyllis. »Du weißt selbst,
daß du nie praktiziert hast.«
Charles verzog das Gesicht. Nicht zum erstenmal fragte
er sich, warum er noch bei Phyllis blieb. Wann hatte sie
eigentlich das letzte zärtliche Wort zu ihm gesagt? Soweit
er zurückdenken konnte, hatte sie allenfalls in der
Öffentlichkeit das Bild der liebenden Gattin abgegeben.
Ja, wenn sie gemeinsam ausgingen, hielt sie sich immer an
seiner Seite und versäumte es nie, den anderen von ihrem
tollen Mann vorzuschwärmen.
Das war aber nur gespielt. Waren sie allein zu Hause,
richtete sie kaum ein Wort an ihn, es sei denn, sie
jammerte über irgendwelche Unzulänglichkeiten von
Cora, von Melissa oder – wie meistens – von ihm selbst.
War sie eigentlich immer so gewesen?
Er konnte es schlecht beurteilen. Sie hatten sich näher
kennengelernt, als seine Ehe mit Polly in die Brüche
gegangen war. Und damals war sie ihm vollkommen
erschienen.
Sie war aufmerksam und lebhaft gewesen und hatte sich
so angenehm von seinen Jugendfreundinnen
unterschieden. Vor allem mit Polly hatte sie keinerlei
Gemeinsamkeiten gehabt. Wo Polly Zurückhaltung an den
Tag gelegt hatte, hatte Phyllis vor Lebensfreude gesprüht.
In seine Tochter war sie von Anfang an vernarrt gewesen,
aber für einen Schwatz mit ihm hatte sie auch immer Zeit
gehabt. Nach Pollys Auszug war es nur allzu natürlich
gewesen, daß sie zusammenfanden, zumal sie beide um
den Verlust von Teri trauerten.
Dann war Phyllis schwanger geworden und er hatte sie
mit Freuden geheiratet. In den ersten sechs Monaten, bis
zu Melissas Geburt, hatten sie sich auch prächtig
verstanden. Danach war alles ganz anders geworden,
genauer gesagt, von dem Augenblick an, in dem Phyllis
ihre Tochter zum erstenmal gesehen hatte. Sie hatte nur
auf Melissas winziges Gesichtchen und die dünnen
braunen Haarbüschel hinabgesehen, und schon waren ihr
Tränen in die Augen getreten.
»Warum ist sie nicht blond?« hatte sie gerufen und zu
Charles aufgeschaut. »Ich wollte doch, daß sie genauso
wird wie
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