Teuflische Schwester
hatte keiner darüber gelästert. Und zum neuen Haarschnitt
hatte ihr Jeff Barnstable sogar ein Kompliment gemacht.
»Das hättest du schon viel früher machen müssen«, hatte
er gesagt. »Jetzt siehst du nicht mehr aus, als hättest du
was zu verbergen.«
Im Laufe des Abends hatte sie allmählich ihre
Befangenheit abgelegt und sogar an einem Volleyballspiel
teilgenommen. Als die Mannschaften zusammengestellt
werden sollten, hatte sie sich schon wieder darauf gefaßt
gemacht, als letzte aufgerufen zu werden, aber plötzlich
hatte Teri vorgeschlagen, daß jeder sich schnell in ein Feld
stellen solle. Diesmal solle es darum gehen, keine Punkte
zu machen. Der Spieler, der trotzdem einen mache,
scheide aus.
Bei der Erinnerung an das Spiel brach Melissa wieder in
Kichern aus. All die guten Spieler hatten ihr Bestes
gegeben, den Ball nicht zu treffen. Am Ende waren nur sie
und Jerry Chalmers übriggeblieben. Die anderen hatten
sich um das Spielfeld gelagert und ihren letzten
Mannschaftskameraden angefeuert. Geschlagene zehn
Minuten hatten sie und Jerry keinen einzigen Aufschlag
übers Netz gebracht. Schließlich hatte sie es doch noch
geschafft, und Jerry, der noch ungeschickter war als sie,
hatte ein Riesenloch in die Luft gedroschen. Alle – auch
sie und Jerry – hatten Tränen gelacht.
Später hatte sie Teri gefragt, woher sie die Regeln kenne.
»Ich hab’ sie einfach erfunden«, hatte Teri
augenzwinkernd erklärt. »Es hat doch Spaß gemacht, sich
zur Abwechslung mal zu verrenken, damit man den Ball
nicht trifft, oder?«
Es war jetzt vollkommen dunkel. Während Jeff
Barnstable ein Holzscheit ins Feuer warf, ließ sich Teri
neben Melissa auf den Sand sinken. »Ist das nicht toll?«
rief sie.
»Wir haben den ganzen Strand für uns allein. In
Kalifornien würde es von Menschen nur so wimmeln.«
Brett Von Arsdale grinste Teri über das Feuer hinweg
an. »Wie kommst du darauf, daß wir den Strand für uns
allein haben?«
Teri sah ihn verdutzt an. »Außer uns ist doch niemand
da!«
Im flackernden Licht des Lagerfeuers weiteten sich
Bretts Augen sonderbar. »Ach wirklich?« Er senkte die
Stimme und fuhr gedehnt fort: »Vielleicht doch. Vielleicht
ist gerade jemand da und beobachtet uns.«
Teri fuhr unwillkürlich zusammen und schaute nervös in
die Dunkelheit. »Ach was!« rief sie. »Du willst mir nur
einen Schrecken einjagen. Aber wenn du mir die
Geschichte vom alten Mann mit dem Netz erzählen willst,
kannst du dir die Mühe sparen. Ich habe sie schon
zehntausendmal gehört.«
»Klar«, meinte Brett. »Aber jede Wette, daß du noch
nicht die Geschichte vom Gespenst von Secret Cove
kennst.«
Mißtrauisch verdrehte Teri den Kopf. »Ach was …«
»Erzähl sie ihr doch!« rjef Ellen Stevens. Sie wandte
sich an Teri. »Sie ist wirklich gruselig. Und keiner erzählt
sie so gut wie Brett. Los, Brett, erzähl sie doch noch mal!«
Alle verstummten. Mit fast unhörbar leiser Stimme fing
Brett an. »Es war die Nacht des Vollmondballs. Alle
hatten sich im Clubhaus versammelt. Alle außer den
Bediensteten. Und eine von ihnen wollte sich
hineinschleichen …«
Die Jugendlichen rückten näher heran. Brett erzählte mit
salbungsvoll gedämpfter Stimme weiter …
Es
war kurz vor acht. Im flackernden Schein der Öllampe
auf dem kleinen Tisch neben seiner Pritsche betrachtete
das Mädchen sein Spiegelbild. Sie sah heute nacht
bezaubernd schön aus. Zwei Monate hatte sie an dem
weißen Kleid gearbeitet, jetzt wurden die Seide und sie zu
einer Einheit. Die langen Ärmel endeten in
Seidenmanschetten, und mit seinen fünfzehn Reihen
winziger Rüschen am Mieder sah es wie ein
Hochzeitskleid aus.
Es hätte vielleicht sogar ihr Hochzeitskleid sein können,
doch es hieß, es bringe Unglück, dasselbe Kleid bei der
Eheschließung wieder zu tragen, nachdem man es schon
zum ersten großen Ball angezogen hatte.
Aber ein zweites Kleid dieser Art würde sie sich nie
leisten können …
Sie verscheuchte den Gedanken. Natürlich konnte sie es
sich leisten. Nach ihrer Hochzeit mit Joshua konnte sie all
das kaufen, was ihr Herz begehrte. Gewiß schenkte er ihr
sogar den Stoff für ein noch schöneres Hochzeitskleid.
Ihr Blick fiel auf den dritten Finger der linken Hand. Ein
goldener Ring mit einem winzigen Diamanten prangte
daran. Er hatte ihn ihr vor drei Monaten heimlich
geschenkt.
» Keiner soll davon erfahren « , hatte er ihr eingeschärft. » Bis zum Ball muß es unser
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