Teuflische Schwester
Entsetzen.
Als hätte er sie hier gar nicht erwartet.
ALS HÄTTE ER SEINEN ELTERN NICHTS GESAGT.
Um sie herum fingen die Leute an zu murmeln. Hie und
da erscholl Gelächter. Sie konnte die Blicke nicht von
Joshua wenden. Mechanisch bewegte sie sich auf ihren
Verlobten zu.
Wie durch ein Wunder kam endlich Leben in ihn, und er
trat auf sie zu. Im nächsten Augenblick stand er vor ihr
und legte die Hand auf ihren Arm.
Und er fing an zu sprechen.
» Ich muß dir etwas erklären « , sagte er mit leiser
Stimme. » Gehen wir in die Küche. «
Wie ein Schraubstock schlossen sich seine Finger um
ihren Arm. So führte er sie durch den ganzen Raum. Die
Menge wich zurück und schloß sich hinter ihnen wieder.
Schließlich hatten sie die Küche erreicht. Die Köche und
Serviererinnen gafften sie mit offenem Mund an.
» Wa-was ist denn? « stammelte das Mädchen.
Joshua leckte sich nervös die Lippen. Seine Augen
wichen ihrem Blick beharrlich aus. » Ich kann dich nicht
heiraten « , sagte er.
» Ich habe mit meinem Vater gesprochen. Er will mich
verstoßen, wenn wir heiraten. «
Das Mädchen schnappte nach Luft. Das durfte nicht
sein. Das war doch nicht möglich.
» Ich brauche den Ring wieder « , erklärte Joshua. Er hielt
jetzt ihre Hand. Seine Finger zerrten am Ring.
Er ließ sich nicht abstreifen.
Mit einem Ruck befreite das Mädchen seine Hand. Sie
drehte und riß jetzt selbst am Ring. » Geht es dir nur ums
Geld? « fragte sie mit erstickter Stimme. » Du hast mir
doch gesagt, daß du mich liebst! Du hast mir doch … « Sie
kam nicht weiter. Tränen quollen aus ihren Augen. Sie riß
noch fester am Ring, doch der schien mit ihrem Finger
verwachsen zu sein.
Plötzlich nahmen Joshuas Augen einen kalten Ausdruck
an.
» Es ist nicht so schlimm « , meinte er und wandte sich
zum Gehen. » Mach dir jetzt nicht die Mühe. Ich hole ihn
morgen. «
Und dann war er weg. Hinter ihm fiel die Tür ins
Schloß. Er hatte sich kein einziges Mal nach ihr
umgedreht.
Benommen starrte sie auf die Tür. Für ihn war es so
leicht gewesen. Ihm hatte nie etwas an ihr gelegen. Nie.
Noch einmal zerrte sie mit aller Macht am Ring. Er ließ
sich keinen Millimeter drehen. Aber sie mußte den Finger
davon befreien – er fühlte sich an, als verbrenne er sie!
Sie mußte ihn abstreifen.
Ihre Augen schossen über die Küche. Und dann erblickte
sie es.
Gleich neben ihr lag ein Hackbeil auf dem Tisch.
Aus ihrer Kehle kam ein unterdrückter Schrei. Sie packte
das Beil mit der rechten Hand. Gleichzeitig legte sieden
linken Arm auf den Hackblock.
Das Beil hob sich über ihren Kopf, schwebte einen
Augenblick in der Luft, dann sauste es nieder.
Die scharfe Klinge durchtrennte das Handgelenk. Einen
kurzen Augenblick war sie wie erstarrt. Die Hand lag auf
dem Hackblock. An der Stelle, wo vor Sekunden noch die
Hand gewesen war, spritzte eine Fontäne von Blut.
Eins von den Küchenmädchen schrie auf. Da kam wieder
Leben in sie. Sie ließ das Beil zu Boden poltern und ergriff
die abgehackte Hand.
Im nächsten Augenblick rannte sie durch die Tür in den
Saal zurück. Längst hatte die Gesellschaft den
unterbrochenen Tanz wiederaufgenommen, aber sie
bahnte sich den Weg durch herumwirbelnde Paare und
ließ den Blick über die Menge schweifen, bis sie ihn
entdeckte.
Sie blieb stehen und wartete, bis er sich drehte.
Endlich sah er sie.
Seine Augen weiteten sich beim Anblick ihres
blutgetränkten Kleides. Und als sie ihm ihre linke Hand
mit dem verhaßten Ring am dritten Finger
entgegenschleuderte, sprang er zurück.
Die Hand traf ihn an der Brust, von wo sie zu Boden fiel.
Auf seinem Hemd hinterließ sie einen dunkelroten Fleck.
Als die ersten entsetzten Schreie durch den Saal gellten,
floh das Mädchen in die schwarze Nacht.
Der Ball war für sie vorüber …
Bretts Stimme verlor sich. Schweigen machte sich in der
Runde breit. Als erste fand Teri wieder zu ihrer Stimme.
»Aber was ist aus ihr geworden?«
Brett zuckte die Achseln. »Das weiß niemand. Seitdem
ist sie nie wieder gesehen worden. Die Hand ist auch
verschwunden. Nachdem sich die Panik im Saal gelegt
hatte, war die Hand unauffindbar. Aber es heißt, daß die
Frau noch immer hier herumspukt. Manchmal soll sie am
Strand oder im Wald umgehen, weil sie ihre Hand sucht.
Und man rechnet damit, daß sie dieses Jahr
zurückkommt.«
Teri mußte grinsen. »Warum sollte sie denn
zurückkommen, wenn sie nie aus der Gegend
verschwunden ist?«
»Dieses Jahr ist
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