Teuflische Versprechen
zerquetsche, mir wird keiner was nachweisen können. Stimmt doch, oder?«
»Herr Kullmer, das können wir nicht machen …«
»Ich sprech nicht von uns, sondern von mir. Ich sag Ihnen was, ich bin einfach nur geladen von dem, was ich eben gehört habe. Aber ich kann noch klar denken, auch wenn ich kurz vorm Explodieren bin, wenn ich mir vorstelle, dass da draußen Typen rumlaufen, die die große Kohle scheffeln, einen auf Biedermann machen und Kinder und Frauen missbrauchen und misshandeln und sogar umbringen. Wir haben es in den letzten Jahren auch schon mit Serienmördern zu tun gehabt, aber so einer wie dieser Marco Martini oder wie immer diese Sau heißen mag ist für mich keinen Deut besser, im Gegenteil. Das Einzige ist, dass er es eleganter anstellt, sonst wäre er längst aufgeflogen. Und er muss eine unglaubliche Rückendeckung haben, und den Schilderungen von Bäumer und Vukovic zufolge bin ich überzeugt, dass diese Rückendeckung von ganz, ganz oben kommt. Ich würde am liebsten gleich loslegen und mal so richtig aufräumen.«
Hellmer legte einen Arm um die Schulter seines Kollegen und sagte: »Ich kann dich verstehen, mir geht’s genauso, in mir ist auch nur noch Wut. Ich stell mir nur vor, irgendeiner von diesen Hurensöhnen würde meinen Töchtern oder meinem Sohn so was antun. Weißt du jetzt, was ich meine?«
Kullmer schaute Hellmer grimmig an, schnaubte wie einwütender Stier, es fehlte nur noch, dass er mit den Füßen scharrte, löste sich aus der Umarmung und sagte mit deutlich gedämpfterer Stimme: »In was für einer Scheißwelt leben wir eigentlich? Wir haben alles, was wir zum Leben brauchen, und die, die nichts haben, denen nimmt man auch noch den letzten Rest, nämlich ihre Würde. Das ist irgendwie nicht mehr meine Welt. Ich bin heilfroh, dass ich nicht jeden Tag mit diesem verfluchten Dreck zu tun habe, sonst wäre ich vermutlich längst durchgedreht.«
»Wärst du nicht. Aber es ist schon ganz gut, dass du beim K 11 bist«, sagte Durant, die Kullmer nur sehr selten so emotional erlebt hatte. Er hatte sich insgesamt stark verändert, seit er mit Doris Seidel zusammen war, er war ruhiger und ausgeglichener geworden, auch wenn wie eben das Temperament doch mal mit ihm durchging, vor allem aber hatte diese Liebe mehr Ordnung in sein Leben gebracht, er war im Gegensatz zu früher zuverlässiger, kollegialer und zu einem echten Freund geworden, auf den jederzeit Verlass war.
»Dieser Vukovic ist übrigens gar nicht so übel, wie er aussieht«, meinte Kullmer, der sich allmählich beruhigte. »Als der mit Müller zur Tür reinkam, hab ich zuerst gedacht …«
»Ich auch«, sagte Hellmer. »Mein erster Gedanke war: Dem möchte ich nachts nicht allein im Wald begegnen. Aber er ist in Ordnung, sonst hätte er nicht so frei von der Leber weg geplaudert.«
»Ich glaube, der hat erst mal die Lage sondiert, bevor er gesprächig wurde. Ich meine, nach den Erfahrungen, die er gemacht hat, kann ich ihm diese Vorsicht nicht verdenken«, warf Seidel ein.
»Er ist der richtige Mann für uns«, sagte Durant und zündete sich noch eine Zigarette an, die wievielte an diesem noch jungen Tag wusste sie nicht, »er kennt die Strukturen, er kannmeiner Meinung nach auch das Risiko einigermaßen abschätzen, und er hat Erfahrung.«
»Aber wenn er an bestimmte Personen nur rankommen will, um Rache zu üben«, meldete sich Berger zu Wort, »kann er uns eher schaden als nützen. Wir sollten zumindest nicht ganz ausschließen, dass er so etwas vorhat.«
»Glaub ich nicht. Er hat uns praktisch sein Wort gegeben, dass er keinen Rachefeldzug starten wird. Und er macht auf mich nicht den Eindruck, als würde er sein Wort brechen«, versuchte Durant die Bedenken ihres Chefs zu zerstreuen.
»Er hat seine Bekannte verloren«, entgegnete Berger und lehnte sich zurück, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, »und wir haben keine Ahnung, wie eng die Beziehung zwischen den beiden war, weil er mit der Sprache nicht rausrücken wollte.«
»Es war eine enge Beziehung«, sagte Durant trocken, »ich nehme an, die beiden waren liiert, sonst hätte er nicht so reserviert reagiert. Ihr Tod muss ihn sehr hart getroffen haben.«
»Spricht da wieder Ihre Intuition?«
»Vielleicht. Ich muss mich auf den Weg machen und meinem Vater und Maria noch ein paar Sachen vorbeibringen. Frank, hast du an das Handy gedacht?«
»Klar doch«, antwortete er und zog es aus seiner Jackentasche. »Da ist ’ne Prepaid-Karte mit ’nem
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