Teuflische Versprechen
Guthaben von fünfzig Euro drin, kleine Spende von Nadine. Die Nummer klebt hinten drauf.«
»Klasse. Tja, dann verschwinde ich mal. Bevor ich’s vergesse, wir sollten, damit alles auch nach außen hin seine Ordnung hat, eine Soko bilden. Die Beamten, die dafür eingeteilt werden, beschäftigen sich ausschließlich mit den Mordfällen Zaubel und Hendriks, ohne dass diese Fälle offiziell in irgendeinem Zusammenhang stehen. Sie sind der Leiter dieser Soko,das heißt, Sie müssen gleich zwei Sachen auf einmal koordinieren.«
»Danke, dass Sie für mich mitdenken, Frau Durant, aber ich habe dafür schon alles in die Wege geleitet«, sagte Berger. »Ich bin jederzeit ansprechbar und stehe Ihnen auch gerne mit Rat und Tat zur Seite, doch die Ermittlungen selbst führen Sie zusammen mit Ihren Kollegen. Allerdings warten wir erst die Entscheidung von Frau Dr. Vermeer ab. So, und jetzt verschwinden Sie endlich alle aus meinem Büro, ich will wenigstens für ein paar Minuten meine Ruhe haben.«
»Ist das ein Rausschmiss?«, fragte Durant grinsend.
»Erraten. Ach ja, noch was – sollte Dr. Vermeer ihr Einverständnis geben, wovon ich einfach mal ausgehe, verhänge ich eine Urlaubssperre auf unbefristete Zeit. Auch die Wochenenden werden gestrichen, es wird Nachtschichten geben, und es kann sein, dass Sie Überstunden bis zum Umfallen schieben müssen, aber letztlich war das alles Ihre einhellige Entscheidung. Ich werde das übrigens auch Müller und Vukovic mitteilen. Aber um Sie zu beruhigen, was für Sie gilt, gilt auch für mich, auch wenn meine Frau das gar nicht gerne hören wird. Wir ziehen das jetzt durch, ohne Wenn und Aber.«
Kullmer rollte mit den Augen und sah Seidel beinahe entschuldigend an. »Scheißjob! Lausige Bezahlung, und dann auch noch Kürzung der Freizeit. Ich hätte doch Finanzbeamter werden sollen«, sagte er grinsend, um sofort ernst fortzufahren: »Wir kriegen die Schweine, und wenn ich dafür ein halbes Jahr fünfundzwanzig Stunden am Tag schuften muss. Komm, Doris, wir schmieden schon mal einen Schlachtplan.«
»Nachdem ich bei meinem Vater war, mach ich noch einen Abstecher in die Kanzlei Knoblauch. Ich bin um Punkt drei wieder hier. Und was machst du in der Zwischenzeit?«, fragte sie Hellmer.
»Ich arbeite am Schlachtplan mit, sofern es Peter und Doris nichts ausmacht. Bis später.«
Julia Durant zog ihre Jacke über, verließ das Büro und begab sich zu ihrem Wagen. Die vergangenen Stunden hatten an ihren Nerven gezerrt, das merkte sie erst jetzt. Sie hatte Dinge gehört, die sie zwar schon kannte, doch irgendwie war es in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten, dafür nun umso stärker wieder in ihr Bewusstsein gerückt worden. Nein, das war auch nicht ihre Welt.
Freitag, 10.15 Uhr
Hans Simoneit hatte sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und nahm den Hörer vom Telefon. Er tippte eine Handynummer ein, und als sich am andern Ende jemand mit »Hallo« meldete, sagte er: »Ich bin’s. Ich wollte nur schnell Bescheid geben, dass heute Abend alles klargeht. Binder kommt.«
»Ich habe nichts anderes erwartet«, erwiderte Thorsten. »Hast du die Unterlagen genau studiert?«
»Hab ich. Binder wird unterschreiben, auch wenn er noch nicht weiß, was auf ihn zukommt. Wir sehen uns. Bist du noch in Belgrad?«
»Auf dem Weg zum Flughafen. Bis nachher.«
Er legte auf, lächelte sinnierend vor sich hin, stellte sich ans Fenster und sah hinaus auf den herbstlichen Garten. Der Rasen war bedeckt von gelbem und braunem Laub, das der Gärtner, der zweimal die Woche kam, am Nachmittag zusammenkehren und entsorgen würde. Nach fünf Minuten drehte er sich um, warf einen Blick auf den Schreibtisch, der aufgeräumt wie immer war – nur selten erledigte Hans hier seine Arbeit –,nahm seinen Aktenkoffer, ging ins Erdgeschoss, wo seine Frau Kirsten war, und sagte: »Ich muss weg, Liebling, ein wichtiger Termin. Es kann sehr spät werden. Aber möglicherweise komm ich auch zwischendurch noch mal kurz nach Hause.«
»Viel Spaß.« Sie sah ihm in die Augen, den Mund leicht spöttisch verzogen. Sie war eine Idee größer als er, sehr schlank und gepflegt, trug eine helle Jeans, einen flauschigen Norwegerpullover und braune, elegante Hausschuhe. Sie hatte das halblange, leicht naturgewellte braune Haar hinten zusammengebunden, was sie noch etwas jugendlicher wirken ließ, als sie ohnehin schon aussah. Sie war sechsundvierzig – die meisten, die sie sahen, schätzten sie jedoch nicht älter als
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