Teuflische Versprechen
verbrecherische Aktivitäten verwickelt ist, darf polizeilich nicht gegen ihn ermittelt werden?«
»Das ist ein Gesetz von 1996. Genauso würde es mir ergehen, würde ich gegen den Generalstaatsanwalt ermitteln. Die Höhergestellten bestimmen nun mal die Regeln. Das ist das Spiel, und glaub mir, es gefällt mir überhaupt nicht.«
»Dann haben Bäumer und Vukovic gar nicht so unrecht, wenn sie behaupten, Politik und OK arbeiten Hand in Hand. Denn wenn solche Gesetze erlassen werden, stellen sich die da oben doch nur einen Freifahrschein aus, oder sehe ich das falsch?«
»Genauso ist es. Ganz gleich, ob es sich um einen korrupten Politiker handelt oder einen, der auf Kinder steht oder in irgendwelche anderen kriminellen Aktivitäten verwickelt ist, sie kommen meist unbeschadet aus der Sache raus. Kannst du meine Bedenken jetzt verstehen?«
Julia Durant schloss erneut für Sekunden die Augen und stellte sich die Situation vor, wie sie mit ihren Kollegen ein illegal betriebenes Bordell hochgehen ließ und unter den Gästen befände sich ein bekannter Politiker. Natürlich konnte sie Claudia Vermeer verstehen, und dennoch wollte sie sich nicht so einfach geschlagen geben.
»Und was ist mit andern, zum Beispiel Ärzten, Unternehmern, Anwälten? Haben die auch einen Freifahrschein?«, fragte sie leise und doch eindringlich.
Claudia Vermeer ließ sich mit der Antwort Zeit, trank einen Schluck von ihrem Wein und sah Durant fast traurig an. »Was glaubst du, warum es in den letzten Jahren kaum einen Prozess gab, in dem ein hohes Tier wegen Misshandlung, Missbrauch, Pädophilie oder anderer schwerer Delikte angeklagt war? Die Erfahrung lehrt, dass sich, wer Geld und die entsprechenden Verbindungen hat, alles erlauben darf. Ich habe Kollegen, die wollten zigmal gegen bestimmte Personen ermitteln, sind aber jedes Mal gestoppt worden. Ich habe bei mir Akten liegen, da stehen Sachen drin, dafür würde jeder Normalsterbliche für viele Jahre im Gefängnis schmoren, für manches sogar lebenslänglich, aber die Gesetze gelten immer mehr nur für die sogenannten Normalbürger.« Sie atmetetief durch. »Lass uns zahlen und rausgehen, ich brauch ein bisschen frische Luft.«
Julia Durant winkte den Kellner heran, bat um die Rechnung, dieser kehrte nach zwei Minuten zurück, sie zahlte mit ihrer Kreditkarte. Claudia Vermeer war in Gedanken versunken und bekam nicht mit, wie Durant die Rechnung beglich. Erst als diese sagte: »Gehen wir eine Runde spazieren«, blickte sie erschrocken auf und meinte: »Entschuldigung, ich war wohl ein bisschen weggetreten. Was ist mit der Rechnung?«
»Das nächste Mal bist du an der Reihe.«
Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis Durant sagte: »Wenn du nicht mitziehst, kann ich das verstehen. Wir würden dann aber trotzdem versuchen das allein …«
»Red nicht so einen Blödsinn. Mir steht dieses ganze System bis hier oben. Und wenn sie mich feuern, arbeite ich eben als ganz normale Anwältin. Wir sind ein derart korrupter Staat, aber das ist mir erst in den letzten Minuten mal wieder so richtig bewusst geworden. Irgendwann zeig ich dir ein paar von den Akten, du wirst nicht glauben, was du da liest.«
»Wieso haben sie dir die nicht weggenommen?«
»Haben sie, aber ich hab mir vorher Kopien gezogen. Allein damit könnte ich einige Leute erpressen, aber dann wäre ich keinen Deut besser als die. Deshalb lass ich’s auch sein. Außerdem möchte ich noch ein bisschen was vom Leben haben. Wann wollt ihr eure Aktion starten?«
»Heute.«
Vermeer sah Durant ungläubig an. »Was? Heute schon?«
»Das Wochenende steht vor der Tür, und ich halte den Freitagabend für einen ausgesprochen günstigen Zeitpunkt. Je länger wir warten, desto schwieriger dürfte es für uns werden. Also, bist du dabei?«
»Was hab ich schon zu verlieren außer meine Karriere, meine Pensionsansprüche, meinen geregelten Tagesablauf, mein recht gutes Gehalt … Ich bin dabei.«
Durant atmete erleichtert auf. »Aber nachher im Präsidium weißt du offiziell von nichts. Berger mag es nicht, wenn ich Alleingänge unternehme. Und du machst dir bitte nicht zu viele Sorgen, wir werden das Kind schon schaukeln.«
»Ich hoffe es inständig. Eine Frage noch. Wenn ihr genügend Informationen zusammenhabt und vielleicht sogar diesen Marco Martini hochgehen lasst, wie wollt ihr das anstellen?«
»SEK. Aber die Truppe wird erst eine Stunde vor der Razzia zusammengetrommelt, wir sagen, wo es hingeht, ändern
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