Teuflische Versprechen
nicht mehr. Gib mir eine halbe Stunde, hör einfach nur, was ich dir zu sagen habe. Bitte.«
Müller machte ein missmutiges Gesicht, was Bernd nicht sehen konnte, und sagte: »Also gut, wenn es wirklich so dringend ist, dann komm zu mir. Am besten gleich.«
»Danke. Ich bin in etwa zwanzig Minuten bei dir.«
Müller legte auf, schüttelte den Kopf und dachte: Der hat sich aber komisch angehört. Er ging zu seiner Frau, die ihm in der Zwischenzeit etwas zu essen gemacht hatte, setzte sich aufs Sofa, schenkte sich ein Glas Bier ein und aß das Schnitzel und den Kartoffelbrei. »Schmeckt sehr gut«, murmelte er, auch wenn er mit den Gedanken weit weg war. Als er mit dem Essen fertig war und sich das zweite Glas einschenkte, klingelte es. Bernd Wessling.
Sie umarmten sich wie immer, wenn sie sich sahen, und gingen in das Zimmer, das ehemals Müllers Tochter, die seit mehr als zehn Jahren in den USA lebte, bewohnt hatte und jetzt als Gästezimmer diente. Er machte die Tür hinter sich zu und deutete auf einen Sessel.
»Erst mal danke, dass du …«
»Schon gut«, winkte Müller ab und nahm ebenfalls Platz. »Schieß los, was hast du auf dem Herzen?«
In den folgenden Minuten berichtete Bernd von Kirsten Simoneits Besuch bei ihm, ohne jedoch ihren Namen zu nennen. Müller war schon nach den ersten Worten wie elektrisiert, sagte aber nichts, sondern ließ Bernd erzählen. Alles in ihm war angespannt, er meinte seinen Ohren nicht trauen zu können.
»So, das war’s. Und jetzt sag mir, was man da tun kann, ohne dass zu viele Leute davon Wind bekommen.«
Müller war mitten in Bernds Ausführungen aufgestanden und hatte sich ans Fenster gestellt, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
»Von wem hast du diese Informationen?«, fragte er, nachdem Bernd geendet hatte.
»Das kann ich dir nicht sagen, ich habe der Person versprochen, ihren Namen nicht zu erwähnen.«
Müller fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen, drehte sich um und sah Bernd an. »Ich muss unbedingt mit dem- oder derjenigen sprechen …«
»Das geht nicht, das …«
Müller unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Mir ist völlig wurscht, was du wem versprochen hast. Ich verrate dir jetzt ein Dienstgeheimnis und verlass mich drauf, dass du es nicht weiterträgst …«
»Wie lange kennen wir uns schon?«, fragte Bernd mit durchdringendem Blick.
»Ich hoffe, lange genug. Pass auf, wenn das, was du mir eben gesagt hast, auch nur ansatzweise stimmt, dann hat es direkt mit unseren derzeitigen Ermittlungen zu tun. Wir haben seit heute Abend einen Mann vom K 11 undercover losgeschickt, um Kontakt zu einem Menschenhändlerring aufzunehmen.Ob ihm das gelingt«, Müller zuckte mit den Schultern, »die Chancen stehen fifty-fifty. Aber vieles von dem, was du weißt, wissen wir inzwischen auch, nur haben uns bisher Namen gefehlt. Hast du welche für mich?«
Bernd holte tief Luft und nickte. »Sie hat einen Namen genannt, aber dieser Mann ist nicht zu unterschätzen, nicht nur aufgrund seiner exponierten Position in der Öffentlichkeit, sondern vor allem, weil er über Kontakte nach ganz oben verfügt, von denen unsereins nur träumen kann.«
»Warum spuckst du’s nicht endlich aus? Wir kennen bislang nur seinen Decknamen, Marco Martini. Oder täusche ich mich da?«
Bernd schüttelte den Kopf.
»Wir sprechen also von ein und derselben Person. Aber du kennst doch sicherlich auch seinen richtigen Namen.«
»Was wirst du tun, wenn ich ihn dir nenne?«
»Vorläufig überhaupt nichts, mein Wort drauf.«
»Ulrich Leonhardt.«
Müllers Gesicht verdüsterte sich, er kniff die Augen zusammen.
»Ist das wahr?«
»Leider. Ulrich Leonhardt ist Marco Martini.«
»Ausgerechnet dieser Schleimbeutel. Hast du sonst noch irgendwelche Namen für mich?«
»Nein, Ehrenwort. Aber er hat das Sagen, und wenn ich das richtig sehe, nicht nur in Frankfurt, sondern in Deutschland. Meine Vermutung ist, dass er die Szene fast komplett kontrolliert und die andern Organisationen wie die Russen, die Albaner, die Chinesen und so weiter auch nach seiner Pfeife tanzen. Ich gehe davon aus, dass innerhalb der OK eine Art Globalisierungsprozess stattgefunden hat, von dem die wenigsten etwas mitbekommen haben. Oder weißt du da mehr?«
»Ich weiß zwar nicht mehr als du, aber es stimmt schon, dieser Globalisierungsprozess hat stattgefunden und findet immer noch statt, weshalb wir kaum größere Erfolge vorweisen können. Wir kriegen eventuell die auf der unteren Ebene, aber
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