Teuflische Versprechen
eine wunderbare Frau, und eines Tages werden wir uns wiedersehen, und dann werde ich erfahren, was sie bedrückt hat.«
»Mutter hat getrunken?«, fragte Julia Durant zweifelnd. »Davon hast du mir bisher nie etwas gesagt. Warum nicht?«
»Sie hat damit angefangen, kurz nachdem du das Haus verlassen und nach München zur Polizei gegangen bist. Das Haus war mit einem Mal leer, ich habe zu viel gearbeitet und dabei übersehen, wie einsam sie war. Aber ich weiß auch, dass es nicht allein meine Schuld ist oder deine, sie hat einfach nicht über ihre Probleme reden wollen oder können. Und ich habe es nicht gewagt, sie darauf anzusprechen. Ich konnte mit jedem sprechen, nur mit deiner Mutter nicht. Was immer es auch war, da war eine Blockade, die weder sie noch ich überwinden konnte.«
»Das habe ich alles nicht gewusst.«
»Nein, warum auch, es hätte dich nur unnötig belastet. Außerdem war das eine Sache zwischen deiner Mutter und mir.Ich wollte ihr helfen, ich wollte immer für sie da sein, aber zwischen wollen und tun liegt bisweilen eine unüberbrückbare Schlucht. Nun weißt du es. Aber so wahr ich hier sitze, ich habe sie geliebt und tue es noch immer. Manchmal, wenn ich mir unsere alten Fotos anschaue, meine ich ihre Hand auf meiner Schulter zu spüren, ihr Haar zu riechen, und alles ist voller Wärme. Wir waren füreinander bestimmt, und nur Gott allein weiß, warum es so enden musste. Sie war gutmütig bis zur Selbstaufgabe, sie wollte nie etwas für sich, sondern hat immer nur gegeben. Das ist ein Zug, den du von ihr hast. Behalt ihn bei, aber lerne auch zu nehmen. Wenn du das tust, wirst du auch einen Mann finden, der dich so akzeptiert, wie du bist.«
»Aber wenn ich früher übers Wochenende zu Hause war oder ein paar Tage frei hatte, war sie doch nie betrunken.«
»Dann war ja auch alles in Ordnung, dann brauchte sie keinen Alkohol. Wenn ich ihr gesagt habe, dass sie bitte nicht so viel trinken soll, hat sie immer nur gemeint, dass ich mir da etwas einbilde. Also habe ich irgendwann meinen Mund gehalten. Sie war ja nie so betrunken, dass sie nicht mehr den Haushalt führen konnte oder … Trotzdem hat sie sich damit kaputtgemacht. Manchmal habe ich Angst, dass auch du …«
»Nein, bitte vergiss das ganz schnell wieder. Ich geb’s ja zu, ich trinke gerne das eine oder andere Bier, aber mehr als zwei nach der Arbeit fast nie. Und die harten Sachen rühre ich sowieso nicht an. Ich habe zu oft gesehen, was der Alkohol aus Menschen machen kann. Ich schwöre dir, es kann mir noch so dreckig gehen, ich würde nie meine Sorgen ertränken.«
»Du brauchst nicht zu schwören, ich glaub’s auch so. Und jetzt habe ich dummer alter Mann dir die Ohren voll gequatscht und …«
»Nein, nein, Papa, du hast mir überhaupt nicht die Ohren voll gequatscht, im Gegenteil. Ich bin froh, dass du so offenmit mir geredet hast. Ehrlich. Du bist und bleibst für mich der beste Vater. Das ist vielleicht deine Aufgabe, auch wenn ich schon vierzig bin«, sagte sie lächelnd.
»Vater ist man bis zum Ende. Und was hab ich denn noch außer meiner einzigen und liebsten Tochter. Entschuldige das, was ich gleich sagen werde, aber reiß diesen verdammten Kerlen den Arsch auf, denn wenn das einer kann, dann du. Deshalb und nur deshalb bist du in Frankfurt.«
»Jetzt lass aber mal die Kirche im Dorf. Wenn ich nicht hier wäre, würde es auch keiner merken. Und jetzt hören wir auf, es ist spät, und ich will nur noch ins Bett. Möchtest du mit drüben bei mir schlafen oder auf der Couch?«
»Wenn es dir nichts ausmacht, deinen Vater schnarchend neben dir zu haben.«
»Du schnarchst doch gar nicht, das wüsste ich. Wer geht zuerst ins Bad?«
»Du, schließlich musst du früh raus. Ich denke auch, dass es besser wäre, wenn ich heute wieder fahren würde, ich wäre dir doch nur im Weg.«
»Ach nee, komm. Ich hab mich so gefreut, als ich dich gesehen hab. Bleib doch bis zum Sonntag. Bitte, bitte, bitte! Ich versuch auch alles, damit ich spätestens um sechs zu Hause bin und wir die Abende für uns haben.«
»Wie kann ich nein sagen, wenn du mich so bittest. Also gut, ich werd die Tage schon rumkriegen. Und jetzt ab ins Bad.«
Donnerstag, 1.10 Uhr
Pietro alias Hans verließ den Club, setzte sich in seinen Wagen und startete den Motor. Er wollte nur noch nach Hause und schlafen, auch wenn er wusste, dass es eine unruhigeNacht werden würde. In den vergangenen drei Jahren war immer alles glatt gelaufen, doch an diesem Abend
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