Teuflischer Sog
über, als dies so gut wie jedes andere schwimmfähige Boot fertiggebracht hätte.
Raul Jimenez ignorierte den Wind, der an ihm zerrte, während er in der offenen Tür des Helikopters stand. Er konnte einfach nicht glauben, dass der erste Boston Whaler eine Rolle gemacht hatte und versank. Das zweite Boot der Grenzwache fuhr hinter ihnen weiter flussaufwärts. Zuerst nahm er an, die Feiglinge würden fliehen, dann jedoch raste der Whaler geradewegs gegen die Flussböschung. Er wurde zusammengeknüllt wie eine Getränkedose aus Aluminium. Die Außenbordmotoren rissen vom Heckspiegel ab und segelten sich überschlagend ins Unterholz, während die drei Männer wie Puppen umhergeworfen wurden. Jimenez achtete weder darauf, noch interessierte es ihn, ob noch einer von ihnen am Leben war. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt dem fliehenden Boot unter ihm.
Er erkannte in dem schwarzen Boot ein RHIB, jenen Bootstyp, der von den United States Special Forces bevorzugt wird, obgleich es auch auf dem freien Markt angeboten wurde und leicht von einer Söldnergruppe benutzt werden konnte. Er brauchte nur einen von ihnen lebend. Er wollte zwar auch die anderen lebend, aber wenn er mit ihnen fertig war, wären sie nicht mehr in dem Zustand, vor einer Fernsehkamera vorgeführt zu werden.
Dieser Hubschrauber war nicht mit einer Türkanone ausgerüstet worden, aber sie hatten die Waffe aus der durch die Explosion beschädigten Maschine herausgeholt und eine behelfsmäßige Lafette gebastelt, indem man Gurte durch Ösen in der Kabinendecke führte und entsprechend miteinander verknüpfte. Jimenez stand jetzt hinter der Waffe und verfolgte, wie das RHIB im Visier immer größer und deutlicher wurde. Nur noch ein paar Sekunden, und er würde dem Boot das Heck wegschießen können. Während einer der Diebe das Steuer bediente, hatte der andere eine Maschinenpistole an der Schulter im Anschlag und beobachtete den anfliegenden Heli. Der dritte Mann lag flach auf dem Boden, entweder tot oder verwundet. Egal was, er schien sich jedenfalls nicht zu rühren.
Seit seiner Jugend liebte Raul Jimenez die Jagd. Seine erste Steinschleuder hatte er sich aus Gummischlauch und einem gegabelten Stück Holz gebastelt und damit in der Umgebung der Farm seiner Eltern hunderte von Vögeln getötet. Mit seinem ersten Gewehr, einem Geschenk zu seinem zehnten Geburtstag, hatte er es dann auf immer größere Tiere abgesehen gehabt, bis er einen Jaguar von einem Jagdschirm aus mit einem fast siebenhundert Meter weiten Schuss erlegte, von dem sein Begleiter meinte, dass er unmöglich zu schaffen sei.
Aber an dem Tag, an dem er seinen ersten Menschen getötet hatte, einen Deserteur, den er auf Befehl Captain Espinozas einfangen sollte, erkannte Jimenez, dass er nie mehr genug Befriedigung bei der Jagd auf Tiere empfinden würde. Er hatte den Deserteur fünf Tage lang durch einige der dichtesten Dschungelgebiete gejagt, die Argentinien zu bieten hatte. Der Deserteur war raffiniert gewesen und hatte die Jagd zu einer der besten in Jimenez’ Leben gemacht, aber am Ende konnte ihn nichts von seiner Beute abhalten, und der Mann starb trotz seiner großen Gerissenheit.
Die gleiche Befriedigung empfand Jimenez jetzt, während er das schwarze RHIB ins Visier nahm. Genau in dem Moment, als er den Abzug der Browning betätigte, änderte das wendige Boot seinen Kurs, und die schweren Kaliber-.30-Geschosse prasselten ins Wasser und verwandelten es in einen Teppich winziger weißer Fontänen.
Er fluchte, zielte und feuerte abermals. Es war, als ob der Fahrer zwanzig Meter unter ihm seine Gedanken lesen könnte, denn die Kugeln trafen ein Stück von der Backbordseite des Bootes entfernt in den Fluss. Er war sicher, dass das Boot diesmal nach links ausweichen würde, und schickte eine hämmernde Salve Leuchtspurgeschosse auf die Reise. Und wie schon zuvor überlistete ihn der Fahrer auch jetzt, indem er noch weiter nach rechts abschwenkte, unter dem Helikopter kreuzte und auf seiner schwachen Seite erschien.
»Umdrehen«, brüllte er in sein Headset. »Ich brauche einen anständigen Schusswinkel.«
Der Pilot ging hart auf das Seitenruder, drehte den Eurocopter um seine Achse und jagte weiter den Fluss hinauf. Er flog schon beinahe seitwärts, bewegte sich wie eine Krabbe über den Himmel, konnte aber mit dem Tempo des rasenden RHIB mit Leichtigkeit mithalten.
In den drei Sekunden, in denen Jimenez das Boot aus den Augen verlor, hatte sich der Mann, von dem er
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